"Mercedes-Benz ist uncool!“

Die Financial Times Deutschland findet Mercedes-Benz uncool und stürzt Mercedes-Fans.de-Autor Timo Beil in eine tiefe Sinnkrise

 "Mercedes-Benz ist uncool!“: Die Financial Times Deutschland findet Mercedes-Benz uncool und stürzt  Mercedes-Fans.de-Autor Timo Beil in eine tiefe Sinnkrise
Erstellt am 8. Juli 2011

Zählen Sie sich auch zu den Schattenparkern? Den Rundum-Glücklich-Paket-Buchern? Gehen Sie auch beim Restaurant-Besuch immer auf Nummer sicher? Haben Sie Ihren Wackeldackel immer dabei? Geben Sie es doch zu, so locker und entspannt wie einst sind Sie doch gar nicht mehr! Und wenn der Nachbar über ihren schief eingeparkten Mercedes-Benz den Kopf schüttelt, ist ihnen zunehmend unbehaglich zumute. Was sollen bloß die Nachbarn sagen? "Typisch Mercedes-Fahrer…..!“ Muß sich Mitarbeiter Timo Beil Sorgen um seinen Coolness-Faktor machen?

Typisch Mercedes: Wackeldackel & Co...

Typisch Mercedes! Ja, was ist denn nun eigentlich typisch Mercedes? Die eingebaute Vorfahrt? Das Kennzeichen-Kissen oder die Klorolle mit Häkeldeckchenüberzug? Relikte einer fernen Vergangenheit, die heute dem Wissenden bestenfalls ein müdes Grinsen ins Gesicht zaubern? Weit gefehlt, die Redaktion der Financial Times Deutschland hat schonungslos aufgedeckt, dass Mercedes uncool ist! Zumindest im Vergleich zu Audi und BMW sehen die Finanzjournalisten da echte Defizite! Man könnte ja fast darüber hinweg sehen, weil es mir ohnehin fast wurscht ist, was die FTD absondert. Immerhin hat dieses Blatt in seiner Geschichte fast mehr grandiose Enten als interessante Exklusiv-Stories produziert. Auch die Einschätzung „Mercedes ist uncool!“ scheint eher ins Reich der Fabeln als der Fakten zu zählen. Unsereins und uncool? Das wäre ein harter Schlag. Bis dato hatte ich meine Vorliebe für den guten Stern eher als ein Zeichen guten Stils verstanden. Aber deswegen uncool? Schnell noch mal auf den eigenen iPod geschaut. Sollte ich die Red Hot Chilli Peppers tatsächlich gegen Ernst Mosch und 30 Seconds to Mars gegen Michael Wendler getauscht haben…Mal ganz am Rande: Wie oft wurden eigentlich Audi und BMW im Rock und Rap besungen?

Fehlt es an Kult?

Zugegeben, dem "Daimler" fehlt es vielleicht an der publikumswirksamen Magie eines Wörthersee-Treffens, welches fraglos für sich in Anspruch nehmen darf, gelebten Marken-Kult deutlich zu repräsentieren. Und zwar seit mehreren Jahrzehnten: Wer einst mit einem aufgebrezelten Golf 2 nach Reifnitz hoppelte, kommt heute samt Familie und RS6 immer noch zurück. Zugegeben, das ist nicht gerade uncool! Wird aber bei Außenstehenden kaum so verstanden. Dennoch, was die Privatsender mit viel Lärm von diesem ehemaligen GTI-Treffen auf die Mattscheibe projizieren, ist nur eine Facette dessen, was sich dort abspielt. Ungefähr so, als würde man beim DFB-Pokalfinale die Kameras 90 Minuten ausschließlich auf einen fortwährend vor sich hinpöbelnden Fanblock richten. Jeder meint zu wissen, was los gewesen sei, weiß aber unterm Strich nix!

Aber der Wörthersee-Kult ist bei Audi auch nur adaptiert und den BMWlern fehlt gelebter Kult mittlerweile fast vollständig. Dem FTD-Leser den Mini als Beweis eines real existenten Kultfaktors im Hause BMW anzuführen, ist ebenso untauglich wie naiv. Der Mini ist ein Lifestyleprodukt, ein erfolgreiches. Kommt also beim "Wechselwähler“ prima an. Auto-Enthusiasten mit Gespür fürs Echte können dem neuen Mini fast nichts abgewinnen. Der Verweis auf das Verhältnis der Original-Mini-Fans zum Nachfolgeprodukt sei erlaubt. Das ist ungefähr so herzlich wie das der Käfer-Treter und der New Beetle-Fans. Nahezu null Übereinstimmung. Aber das sieht man nicht, wenn man sein Autowissen nur aus Heftchen bezieht und nicht von der Straße. Drehen wir den Spieß also einmal um, und schauen mal, was bei den "Großen Drei“ in der Premiumklasse gerade so geht in Sachen Coolness!

Coolness Faktor Motorsport

Motorsport und cool? Das ist spätestens seit Steve McQueens "LeMans“ weltweit in den Marketing-Etagen angekommen. Und eigentlich ist es egal, ob viel beachtete Formel 1 oder Insider-Bergrennen. Der Unterschied liegt lediglich in der Reichweite. Für den, der vor Ort ist, ist entscheidend, ob und wie seine Marke präsent ist! Werfen wir einen Blick auf den großen Sport: die Formel 1! Audi nicht dabei, BMW nicht dabei – Mercedes mit dem Werksteam nur mittelprächtig, aber immerhin! Hier gilt die Losung: „Das Beste oder nichts!“ nur eingeschränkt. Wer sich in den Sport begibt, sollte gewinnen wollen, aber auch akzeptieren, wenn andere besser sind! Fällt nicht jedem leicht. Vielleicht ein Grund, warum sich in der DTM nur noch Audi und Mercedes AMG tummeln. Jeder neue Teilnehmer minimiert die Chancen aller, einmal auf dem Treppchen ganz oben zu stehen. Das ist Bedenkenträger-Strategie – und wirklich völlig uncool!

Bei Langstrecken-Rennen sind alle drei deutschen Premium-Marken vertreten, wenn auch mit unterschiedlichen Konzepten. Audi hat die 24 Stunden von LeMans mit ihren Dieselmotoren revolutioniert. BMW setzt mit dem M3 GT3 mehr auf ein Breitensport-Konzept. Das verfolgt Mercedes-Benz seit kurzem auch. Und zwar auf eine Art und Weise, wie sie spektakulärer kaum sein kann. Der SLS AMG GT3 hat den guten Stern wieder an die Spitze der Starterfelder gebracht. Der SLS AMG sieht sensationell gut aus, ist fürchterlich schnell und klingt einfach nur grandios. Von uncool, sollte man da besser nicht reden! Auch wenn es jetzt beim 24 Stunden-Rennen nur zum einem Achtungserfolg gelangt hat.

Uncool oder Unsinn? Weltrekord im Dauerdriften

Zugegeben, eine Randsportart und sicherlich auch nicht auf dem Parkhaus-Oberdeck zur Nachahmung empfohlen. Aber Driften finden junge Leute cool. Deutschlands Driftqueen Bianca Lankes fährt beispielsweise Mercedes AMG. Und wissen Sie, wer den Weltrekord im Dauerdriften hält? AMG-Testfahrer Mauro Calo. Gefahren in den USA mit einem AMG C63. Das Video können Sie sich hier anschauen!

Uncool? Die Entdeckung neuer Styles

Innovation ist cool! Zumindest wenn sie gut gemacht ist und berührt. Ein Beispiel ist der Mercedes CLS. Dieser Mercedes hat das Segment der viertürigen Coupés wiederentdeckt und perfektioniert, das in den 50er Jahren von GM begründet worden ist. Der CLS ist ein Meilenstein in der Mercedes-Benz Geschichte und motivierte andere deutsche Hersteller, sich auch einmal an dieser Vorgabe zu versuchen.

Die Schwaben sind mittlerweile schon einen Trend weiter und werden dem neuen CLS einen Shooting Break zur Seite stellen. Einen Sport-Kombi also. Zugegeben, Kombis sind nun aber definitiv nicht cool oder sexy. Oder?

Mercedes-Benz war der erste deutsche Großserien-Hersteller, der matte Farben zur Auswahl anbot. Im Zusammenspiel mit den meist optionalen Chrompaketen, sieht so etwas meist sehr hübsch aus. Hübsch? Das klingt aber nun wirklich eher uncool.

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Coolness zeigt sich in den Randgruppen

Der Strich-Acht war schon in den Siebzigern und Achtzigern neben Ente und Käfer das beliebteste Gefährt der Studentenbewegung. Vorzugsweise als 200 D wurde der Mercedes-Bonz auch von jenen Leuten geschätzt, die sich dem Establishment solange nicht zugerechnet hatten, bis der Kauf einer neuen S-Klasse einen anderen Schluss gar nicht mehr zuließ.

Aber ihre Enkel und Söhne sind da nicht viel anders. In der Youngtimer-Bewegung gilt der gute Stern als beliebteste Wahl. Dass klare Mehrheitsbekenntnisse kein Indiz für Coolness sind, lassen wir gelten. Aber auch die Youngtimer-Bewegung definiert sich selbst. Und ein durch-und-durch bürgerliches W123-Coupé gilt heute durchaus als cool! Doch schauen wir noch etwas weiter an den Rand. Dort wo die Trends der Zukunft definiert werden. Lowrider mit Nieren oder Audi-Ringen sind quasi gar nicht existent. Der gute Stern strahlt allerdings auch hier. Beispiele wie Christian Müllers Lowrider-Benz sind da kein Einzelfall. Und auf dem europäischen Dragstrip gibt es derzeit kaum ein cooleres Geschoß als den 300 SL des Schweizers Stephan Winter!

Wie cool ist Technologie-Leadership?

Immerhin: selbst die FTD-Redaktion räumte ein, dass Daimler bei der Brennstoffzelle die Nase vorn hat. Aber wie cool ist denn die Beschäftigung mit der Mobilität von Morgen? Rauben uns e-mobilisierte Kleinwagen tatsächlich den Schlaf? Das ist ja wohl die falsche Grundannahme, oder? Faszination ist nicht abhängig von fossilen Brennstoffen.

Wenn beispielsweise bei den SCHÖNEN STERNEN ein AMG auf der Bühne ordentlich Gas gegeben hat und der Motorsound die weite Runde erfüllte, dann reckten sich allenthalben die Hälse. Die Rundtour in der A-Klasse E-Cell stieß auch auf ein gewisses Echo. Aber im Verhältnis 1:10. Ist Technologie-Leadership am Ende doch uncool? Oder schlimmer noch einfach uninteressant? Nein, eine A-Klasse kann einfach nicht mithalten mit den Hochkarätern wie den CLK DTM AMG oder SLS AMG. Wäre ein SLS AMG E-Cell in Hattingen vor Ort gewesen, er hätte genauso viel Interesse auf sich gezogen, wie die V8-Sterne.

AMG uncooler als S & M-Modelle?

Schnelle AUDIs tragen ein „S“ und flotte BMWs ein „M“ im Namen. Bei Mercedes müssen es gleich drei Großbuchstaben sein: AMG! Ohne den Anspruch zu erheben, deshalb gleich dreifach besser zu sein. Einfach besser genügt da vollkommen.

Aber das ist natürlich nicht nur eine Frage des Geschmacks sondern auch eine Frage der Sekunden und Zehntelsekunden. Und da schauen die Vergleiche doch ganz ordentlich aus! Emotional kann AMG den anderen beiden Haustunern ganz locker das Wasser reichen: die Affalterbacher haben den besten Sound und eine schöne Geschichte in ihrer Geschichte. Mit einer übermotorisierten S-Klasse beim Langstrecken-Klassiker in Spa anzutreten und gewinnen zu wollen (Es reichte dann nur zum Gesamtzweiten und Klassensieg), war nicht nur 1971 cool, das wäre es auch heute noch!

"Cool" ist fast schon wieder uncool...

Bleibt vielleicht noch der Hinweis auf die weltweit führenden Auto-Tuner, die wir im Coolness-Streit nicht vergessen dürfen. Wer fällt uns dabei ein? Alpina? Das war einmal! Hartge? Und bei Audi drängt sich aktuell niemand wirklich auf, oder? Bei Mercedes-Benz ist das freilich anders. Das fängt bei B wie BRABUS an und hört bei V wie Väth noch lange nicht auf. Wer es sich in der Oberklasse leisten kann, das Angebot von der Stange mit sechsstelligen Etats noch einmal zu individualisieren, greift mehrheitlich zum Mercedes. Bestimmt nicht, weil die Marke so schrecklich uncool ist!

Doch was soll's!? Die Jugend sieht das ganze Thema ohnehin deutlich unverkrampfter als der FTD-Redakteur. Zwar vergeht bei manchem noch ein bisschen Zeit, bis man sich einen neuen Mercedes-Benz wird leisten können, aber SLS AMG oder Strich-Acht Lowrider faszinieren schon jetzt. Nur heißt das heute nicht mehr cool. Sondern: "Mercedes ist echt porno, Alter!“



Text: Timo Beil

Fotos: Mercedes-Fans.de, Archiv Daimler, Werner Burgstaller/ www.werneraut.at

3 Kommentare

  • MERCEDESFREAK

    MERCEDESFREAK

    Hallo, mir ist es egal was andere von mir als Fan von Mercedes Benz oder über Mercedes Benz denken Ich stehe immer hinter Daimler. Das einzige was mich aufhalten würde mein ganzes Leben Mercedes zu fahren ist das Daimler aufgekauft wird. Es tut mir leid aber welche Leute fahren denn BMW? Ganz ehrlich! Die meisten sind Prolls und keine richtigen Fans. Wenn Mercedes die neue A-Klasse rausbringt kaufen Sie Mercedes. Wer den Einser kauft muss blind sein. So ein hässliches Auto! Ich bin davon überzeugt das Daimler mit den neuen kompakten Modellen in Zukunft irgendwann wieder mehr als die Bayern absetzt. Allerdings muss Mercedes nicht die meisten Fahrzeuge absetzen. Es muss auch in Zukunft was besonderes sein einen Mercedes fahren zu dürfen. Das langweilige Einheitsdesign des VW und BMW Konzern langweilt mich persönlich so das ich mir die Autobild nicht mehr holen kann. Dort wird dauernd das Design von Audi und Bmw gelobt Aber das zeigt nur wie begrenzt die Denkweise der Gesellschaft in großen Teilen ist, wie sich Leute von Medien blenden lassen. Wer hat den die zufriedensten Kunden? Fazit: Für mich sind Audi, BMW, VW und auch Opel so reizvoll wie Fusspilz, Mund- und, Schweissgeruch.
  • HanSchopp

    HanSchopp

    Dieser Bericht ist echt Porno. ;) Ich kann es selber auch nicht verstehen, warum die Leute Mercedes immernoch als "uncool" abstemplen. Die Masse will anscheind nur auffallen und legt auf alle anderen Kriterien keinen Wert. Da sind Audi & BMW ganz gut für geeignet. Autos mit Stern sind nunmal Autos, die mehr Stil & Eleganz besitzen als viele andere Hersteller. Aber das intersiert die Masse anscheind nicht.
  • Veteranenclub

    Veteranenclub

    Ist mir relativ egal ob jemand die Marke "Mercedes" cool oder unool findet. Für mich geht es um QUALITÄT, Langlebigkeit, ZEITLOSES DESIGN und Fahrgefühl. ... und von der Jugend höre ich oft das Wort "cool", wenn es um meine alten Fahrzeuge geht!

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