Rund 70 km mit dem smart ED durchs Ruhrgebiet. Vom Weltkulturerbe Zollverein zur Henrichshütte, wo im September das Mercedes- und smart-Treffen "Schöne Sterne 2010" stattfindet. 70 km ein Klacks für ein normales Auto, aber ein spannendes Unterfangen in einem kleinen Elektro-smart. Zumindest habe ich gedacht, dass es spannend wird.
Unsere persönliche Pionierfahrt: über 70 km voll-elektrisch!
Im Heck des smart fortwo electric drive steckt ein 30 kW starker Permanentmagnetmotor. Bereits aus dem Stand stellt er sofort ein kraftvolles Drehmoment von 120 Newtonmetern zur Verfügung. So beschleunigt der smart fortwo electric drive in 6,5 Sekunden von 0 auf 60 km/h.
Denn die ausgesuchte Streckenführung war nicht ganz ohne. Von Zollverein (A) ging es in die Stadtmitte von Essen (B) und von da auf die A40 . Eine der Hauptverkehrsschlagadern des Ruhrgebiets, wenn nicht gerade mal wieder Stillstand herrscht. Dann runter von der Bahn über die vierspurige Ausfahrtstraße hoch nach Bochum, um dann zügig bergab mit dem Strom Richtung Hattingen zu fahren. Jene direkt an der Ruhr gelegene Kleinstadt, mit einer pittoresken Fachwerk-Altstadt und der besagten Henrichshütte (C) am Stadtrand.
Die Tour auf einen Blick!
Von dort sollte es erst ein Stück entlang der Ruhr gehen, dann mit schon belasteten Batterien steil bergauf nach Burgaltendorf und anschließend wieder zurück über Byfang, Bochum und die A40 zum Ausgangspunkt Zollverein gehen. Alles in allem rund 75 km mit vielen Steigungen und Gefällen. Tempo 30-Zonen, Schnellstraßen und Autobahnen. Genau das Richtige für eine Pionierfahrt.
Pionierfahrt? Okay, wir sind mit dem smart bereits eine Testroute durch Brooklyn gebrummt. Aber die ausgewählte Strecke so dachten wir würde dem smart ED deutlich mehr abverlangen. Daher eine gewissere innere Anspannung. Wie war das mit Bertha Benz im August 1888? Von Mannheim nach Pforzheim. Zwischen 90 und 100 km Fahrstrecke werden es wohl gewesen sein. Und das ohne gelbe Engel und ohne Tankstelle. Tatsächlich muss Bertha Benz in Wiesloch in einer Apotheke Sprit nachfassen. Und in der Tat ist diese Reise als Pioniertat zu bewerten. Um die 130 km reicht der Radius des smart ED bevor wieder aufgeladen werden muss. Und eine Klimaanlage hat er auch an Board. Da sollte man einen solchen Trip nicht dramatisieren, Herr Redakteur. Also Auto starten und los. Das wird schon.
Energie: mit voll geladener Batterie sind bis zu 135 km Reichweite drin!
Liegts nun an der inneren Anspannung oder Neugierde oder hab ich was falsch gemacht? Das Auto läuft nicht. Doch es läuft, nur hör ich nichts. Der smart ED wird wie jedes andere Automatik-Auto auch in Stellung P gestartet und ist umgehend aktiviert. Man sieht es am linken der beidem auf dem Armaturenbrett positionierten Rundarmaturen. Rund 90 % Ladekapazität zeigt es an. Also sind 75 km ein absoluter Klacks. Aber ein Startgeräusch würde ich mir dennoch wünschen. So wie bei einer Digitalkamera das Geräusch des mechanisches Verschlusses zu hören ist, würde ich hier gern ein Startgeräusch hören. Und als Ergänzung fände ich auch nicht schlecht, wenn mir ein grünes LED signalisiert: Ich bin jetzt scharf geschaltet und ready for action! Mit leisem Sirren gehts nun voran.
Zugegeben, die ersten Kilometer schau ich eigentlich mehr auf die Kapazitätsanzeige als auf die Straße, aber es geht trotzdem alles gut. Auf Tempo 60 beschleunigt der bis zu 30 kw starke smart ED in 6.5 Sekunden und schwimmt dabei locker im Stadtverkehr mit. Die 120 Nm maximales Drehmoment machen sich spürbar bemerkbar.
Beim Bremsen wird die gewonnene Bremsenergie in der von Tesla entwickelten Lithium-Batterie gespeichert. Gleich haben der smart ED und ich die A40 erreicht und die Kapazitätsanzeige zeigt immer noch deutlich über 80 %. Das beruhigt ein bisschen. und zur Not: der Motor kann an jeder entsprechend abgesicherten 220-Volt-Steckdose aufgeladen werden.
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Richtung Bochum ist die A40 frei und in Teilabschnitten sogar für 100 km/h freigegeben. Tempo 80 erreicht der smart auf der Beschleunigungsspur ziemlich flott, ein Einfädeln in den Verkehr gelingt ohne Probleme. Der Anlauf auf die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h braucht ein bisschen Zeit. Und kostet Energie. Das rechte Rundinstrument wandert mal schnell in den dunkelorangefarbenen Bereich, die Kapazitätsanzeige sinkt deutlich unter die 80%. Es hilft nichts, da müssen wir jetzt durch. Autobahnfahren mit Höchstgeschwindigkeit ist auch für einen Elektromotor energieraubend. Und während wir so mit 100 km/h dahin-rasen stelle ich mir die Frage, kann man einen Elektromotor zum Beispiel bergab eigentlich überdrehen?
Komisch ist auch, dass keiner kuckt. Obwohl electric drive mit großen Kleinbuchstaben vom kleinen Auto prangt. Es schaut keiner rüber zum smart. Weder auf der Bahn, noch an der Ampel. Noch nicht mal die entgegen kommenden smarts schauen besonders interessiert. Der smart ist eben schon zu sehr in unser Straßenbild integriert, als dass er noch besonders auffiele. Wer achtet da schon auf ein paar Buchstaben?
Ohne Probleme erreicht der smart Henrichshütte! Hier in diesem stillgelegten aber immer noch sehr beeindruckendem Stahlwerk treffen sich am 11.& 12. September zu der Veranstaltung Schöne Sterne 2010 die Mercedes- und smart-Fans. Und smart selbst wird auch ausstellen und den smart ED mitbringen. Probefahrten für Besucher möglich? Das wollen wir doch hoffen. Und wir schmunzeln über das aktuelle Ausstellungs-Motto: Helden von der Sehnsucht nach dem Besonderen!
Helden braucht der smart ED nicht. Eher Menschen mit Freude an der Innovation. Aber auch daran mangelt es wohl nicht. Das ursprüngliche Produktionsziel von 1000 smart ED ist aufgrund der großen Nachfrage auf 1500 angehoben worden. Und die wird der Elektro-smart wohl nicht enttäuschen.
Fazit: nach über knapp 70 km keine besonderen Vorkommnisse. Noch über 60 % in der Speicheranzeige und in punkto Fahrspaß schneidet der smart fortwo ED kaum schlechter ab als seine mit Brennstoff betriebenen Kollegen.
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