Den C111 kenne ich noch aus Kinderzeiten. Er fristete ein Schattendasein im Fuhrpark meiner Rennfahrzeuge. Da ich das orangene Flügeltür-Coupé auf keiner Rennstrecke bis dato gesehen hatte, musste immer einer meiner Freunde mit dem Auto vorlieb nehmen, wenn wir auf der heimischen Carrera-Bahn um Punkte und Pokale kämpften.Woher sollte der jugendliche Rennbahn-Freak auch wissen, dass der Mercedes C111 als Technologie-Träger viel fortschrittlicher war als der favorisierte Ford Capri?
Debut auf der IAA 1969
Bevor der leuchtend orangefarbene C111 im Spielzeugladen debütierte, stand er natürlich auf der IAA! 1969 hatte Mercedes-Benz das aufregende Flügeltürer-Coupe dort den Zuschauern präsentiert. Und das muss ja fast ein Kulturschock gewesen sein! 1969? Wie sahen denn damals die Brot-und Butter aus? Der Strich-8 löste gerade die Heckflosse ab! Ähnlich mutig waren damals wohl nur der Lamborghini Miura oder die ebenfalls brandneue Coke-Bottle Corvette. Und selbst die verzichtete nicht ganz im Gegensatz zum C111 - auf Chromstossstangen.
Der Mercedes-Benz C 111 feierte seine Premiere auf der IAA 1969 - schlagartig sah vieles wirklich alt aus!
Schecks flattern nach Stuttgart
Die brauchte er auch nicht, denn obwohl kräftig spekuliert wurde, ob mit dem C111 der würdige Nachfolger des berühmten 300 SL Flügeltürers auf der IAA gezeigt wurde, war eine Serienfertigung des neuen Gullwing ist nicht geplant. Daran änderte sich auch nichts als im Frühjahr 1970 mit dem C 111-II eine noch deutlich elegantere Variante auf dem Genfer Salon auftauchte. Angeblich sollen Dutzende von Blankoschecks in die Stuttgarter Zentrale von begeisterten Mercedes-Fans geschickt worden sein!
Der Wankel-Motor auf jeden Fall innovativ - aber auch zukunftstauglich?
Die anfängliche Begeisterung des Publikums ist mehr als verständlich. Denn der C 111 faszinierte in allen Belangen. Denn neben den aufregenden Flügeltüren und dem grandiosen Design hatte er mit einem Vierscheibenwankelmotor das Heißeste unter der Haube, was sich ein Technik-Begeisterter in diesen Tagen nur wünschen konnte: Nämlich ein Agregat, das damals in aller Munde war der Wankel-Motor. Der Motor des im Jahr 1969 gezeigten C 111 holte aus 600 Kubikzentimetern Kammervolumen je Kreiskolben insgesamt 280 PS und beschleunigte das Coupé auf eine Vmax von 260 km/h, der Sprint von 0 auf 100 km/h ist nach 5 Sekunden beendet. Noch besser kann es der C 111-II von 1970: der große Vierscheiben-Wankel leistete 350 PS und katapultierte den Mercedes C 111 bis auf 300 km/h! Die 100 km/h-Marke fiel nach 4,8 Sekunden. Logisch, dass die Sportwagenwelt aufmerkte.
Spätestens seitdem wankelgetriebene NSU Spider im Rennsport locker die Hubkolben-Konkurrenz verbliesen, war wohl jeder Entwicklungsabteilung klar, das man an diesem merkwürdigen Drehkolbenmotor nicht einfach so vorbeikam. Wie andere Hersteller auch experimentierte Mercedes-Benz mittlerweile seit 1962 an dem von Felix Wankel erfundenen Wankel-Motor.
Doch das System sollte erst noch ausführliche Tests in Versuchsfahrzeugen durchlaufen, bevor der Wankel in ein Serienfahrzeug eingebaut wird.
Überzeugende Fahrleistungen, aber....
Die Fahrleistungen der C 111 überzeugen schon mit dem Dreischeiben-Motor vom Start weg.
Im C 111-I laufen einige Aggregate mit der kompliziert einzustellenden Doppelzündung, der Vierscheibenmotor wird dann ausschließlich mit Einfachzündung gebaut. Beide Motoren sind mit Direkteinspritzung ausgerüstet. Ein weiterer Vorteil ist die kompakte Bauweise und der turbinenartige Drehzahlverlauf gepaart mit einer Laufruhe, die einen Premiumhersteller nur begeistern konnte.
Zuviel Durst...
Konstruktive Probleme des Drehkolbenprinzips, vor allem in der Motormechanik, bekommt die Entwicklungsabteilung von Mercedes-Benz in den Griff. Doch der schlechte Wirkungsgrad des Wankelmotors durch die lang gestreckten, veränderlichen Brennräume des Drehkolbenprinzips lässt sich nicht mit technischen Modifikationen ausräumen: Dieses Problem ist schlicht durch die Konstruktion bedingt, weil der Kraftstoff im Wankelmotor im Raum zwischen einer konvexen Seite des sich drehenden Kolbens und der konkaven Wand des Kolbengehäuses verbrennt statt in der zylindrischen Brennkammer eines Hubkolbenmotors.
...zuviele Emissionen!
Die veränderlichen, nicht kompakten Brennräume des Wankels sorgen für eine schlechtere thermodynamische Ausnutzung des gezündeten Treibstoffs im Vergleich zum Hubkolbenmotor.Das Ergebnis ist ein deutlich höherer Verbrauch bei gleicher Leistung. Den großen Durst des Wankelprinzips haben auch die Motoren der beiden ersten C 111. Weil außerdem die Schadstoffbelastung im Abgas der Wankelmaschinen zu hoch ist, verabschiedet sich Mercedes vom Wankelprojekt. Eine Entscheidung, die vor dem Hintergrund der 1973 aufziehenden Ölkrise durchweg richtig erscheint!
Der C 111 geht auf Rekordfahrt!
Der infernalisch kreischende Wankel C 111 war damit zwar Geschichte, Mercedes-Benz aber entschied sich 1976 einen C 111 mit Dieselantrieb zu bauen, um deutlich zu machen, wie weit die Stuttgarter mittlerweile in der Diesel-Entwicklung gekommen waren.
Für die ersten Testfahrten bauen die Ingenieure einen selbstzündenden Drei-Liter-Saugmotor mit fünf Zylindern in einen C111-II ein. Das Fahrzeug, das jetzt C 111-IID heißt, holt aus dem Serientriebwerk Typ OM 617 LA, das sonst im Mercedes-Benz Modell 240 D 3.0 (Typ W 115, Strich-Acht) und später auch in anderen Fahrzeugen arbeitet, dank Turboaufladung und Ladeluftkühler beeindruckende 190 PS, Standard in der Serie sind 80 PS. Auf der italienischen Teststrecke von Nardo bei Lecce, überzeugt der C 111-IID im Juni 1976 mit spektakulären Geschwindigkeiten. Insgesamt 16 Weltrekorde stellen vier Fahrer in 60 Stunden auf. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der rasanten Versuchsfahrt liegt bei 252 km/h, und Mercedes-Benz beweist, dass auch der Diesel sprinten kann.
Von da an tritt der C 111 bis 1979 immer wieder zu neuen Rekordfahrten an. Zuletzt 1979 mit einem V8. Aber auch optisch hat der Bolide nur noch wenig mit dem knallorangefarbenen C 111 zu tun! Ein kleiner Trost bleibt. Mit dem Mercedes Benz SLS AMG kündigt sich bereits ein neuer Flügeltürer an. Und die für 2012 erwartete Variante mit dem Elektro-Antrieb dürfte dürfte in seinem revolutionären Ansatz ganz in der Tradition des ursprünglichen C 111 stehen.
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