Standesgemäße Einsatzorterkundung der freiwilligen Feuerwehr in Böblingen (Abteilung Dagersheim) bedeutet unter anderem die Fahrt in einem nach Werksvorgaben eigenständig und in stundenlanger, detailverliebter Arbeit nach Feierabend von der Truppe ausgebauten 250D S124 aus dem Baujahr 1991.
Kurz nachdem der Wagen als Junger-Stern in arcticweiß den Werkswagenbetrieb verlassen hatte und zum Verkauf stand, kam er zur freiwilligen Feuerwehr Böblingen in die Abteilung Dagersheim – er wurde als junger Gebrauchter, anders als heute, von der Abteilung selber angeschafft.
Ursprünglich als rein weißes Fahrzeug ausgeliefert sind die Fahrzeugteile, die auch bei einer Bestellung als Feuerwehr-Spezialfahrzeug ab Werk in Feuerwehrrot lackiert worden wären, umgespritzt worden. Dabei wurde nicht nur oberflächlich gearbeitet, sondern tatsächlich darauf geachtet, dass zum Beispiel auch Türverkleidungen demontiert wurden, so dass die gesamte Tür im richtigen Farbton lackiert werden kann.
Als die farbliche Feuerwehr-Optik stand, begann der Individualausbau zum Kommandowagen. Neben einer Schubladenkonstruktion im Kofferraum zur Aufnahme aller für die Erkundung, erste Absicherung des Einsatzortes und erste Hilfe sowie für die Koordination des Einsatzes nötigen Utensilien sind viele und gleichermaßen für die Authentizität wichtige Details verbaut, die nur über Werkskontakte zu Ansprechpartnern des Sonderkarosserieaufbaus realisierbar waren.
So ist grundsätzlich für Fahrzeuge mit Balken-Rundumleuchte ein Schiebedach nötig, weil diese darauf montiert wird. Durch die technisch aber auch formal nötige Breite dieser Rundumleuchten ist bei einem T-Modell mit serienmäßiger Dachreling bei Sonderkarossen von Werk aus der Entfall letzterer vorgesehen. Konstruktionsbedingt würden sich nun Löcher in der Wasserablaufrinne auf
dem Dach befinden. Diese müssen durch seltene und durchgehende Zierleisten abgedeckt werden – bei diesem Umbau so geschehen.
Die eben bereits angesprochene Montage der Balken-Rundumleuchte auf einem Schiebedach ist aus Fertigungs- und Montagesicht, aber auch aus Kostensicht naheliegend und geschickt, da das Bauteil als Modul in das Fahrzeug eingebaut werden kann. Auf die Funktion als Hubdach muss jedoch aufgrund des Gewichts der Leuchte und auf die Funktion als Schiebedach aufgrund der Befestigungsart verzichtet werden. Dieser Umstand bietet ein weiteres Kosteneinsparpotential in Form des wesentlich günstigeren durchgehenden Form-Spann-Himmels, der auf die Aussparung für die Schiebedachöffnung verzichtet. Ein weiteres wesentliches Detail ist die Steuerung der Signalanlage sowie die zusätzlichen Blaulichter im Kofferraumdeckel, die den rückwertigen Verkehr bei geöffneter Heckklappe warnen sollen.
Auch die Funkanlage, ein zweiter Innenrückspiegel sowie eine Taxileseleuchte für den Beifahrer sind wesentliche Bestandteile eines originalen Kommandowagens ab Werk. Auf diese Details durfte beim Eigenausbau natürlich nicht verzichtet werden. Auf die jeweiligen Einsatzgebiete angepasste Ablagesysteme für Utensilien im schnellen Zugriff wurde werksseitig großer Wert gelegt, so dass die in diesem Fahrzeug zu sehenden vorderen Sitztaschen nur eine mögliche Art der Individualisierung darstellen.
Eine kabelgebundene Standheizung, wie sie für Feuerwehrfahrzeuge üblich ist, damit technikschonend bzw. verschleißarm sofort mit der nötigen Eile und warmem Motor zum Einsatz ausgerückt werden kann, ist selbstverständlich auch verbaut.
Nachdem der Wagen nun annähernd eine Sonderkarosse im Werksauslieferungs-Ausbau ist, kann ihm auch ein Funkrufname gegeben werden. Er lautet „Florian Böblingen 2/10“ (Kurzform FL BB 2/10). Seit Umbau ist „Florian“ (aus dem Lateinischen: „der Prächtige“) regelmäßig in der Wartung, im Service und selten in der Reparatur gewesen – dafür jedoch umso häufiger auf Hochglanz gewienert.
Da er nur vom Kommandant gefahren wird, hat er die sonst bei 124er T-Modellen – gerade bei Dieselmodellen – oft üblichen Kilometerorgien nicht mitmachen müssen. Seit der Erstzulassung am 11.07.1991 hat er mit den zwei Besitzern erst 90.713km absolviert, davon ungefähr 65.000km in Feuerwehr-Hand. Ein Traumzustand mit technischer sowie lückenloser Historie.
Text & Fotos: Jan Phillip Strunk
37 Bilder
Fotostrecke | Mercedes-Benz Klassiker im Einsatz: Florian, der Star-Firefighter: Mercedes 250 D Feuerwehr-Kommandowagen
1 Kommentar
Thomas Frohmader
27. Juni 2017 16:17 (vor über 7 Jahren)
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