So langsam schwant dem deutschen Autofahrer, dass sich hinter der Auseinandersetzung um das neue Kältmittel 1234yf mehr als nur ein Gelehrtenstreit verbirgt. Spätestens seitdem mehrere Medien - darunter auch Mercedes-Fans.de - aufgedeckt und erläutert haben, dass das neue Kältemittel nicht nur feuergefährlich ist, sondern auch das gefährliche Kontaktgift Flusssäure bilden kann, wächst die Sorge um die eigene Gesundheit.
Mercedes-Benz-Kunden sind von dieser Gefahr unmittelbar nicht betroffen, aber nur weil sich ihre Automarke gegen das von der EU präferierten Kältemittel 1234yf wehrt. Mit der bitteren Konsequenz, dass Frankreich für einige Mercedes-Benz Modelle einen Zulassungsstopp verfügt hat. Mercedes-Fans.de sprach mit Dr. Stefan Geyer, Leiter Entwicklung Interieur Mercedes-Benz Cars über die aktuelle Situation im Kältemittel-Streit.
Interview mit Dr. Stefan Geyer, Leiter Entwicklung Interieur Mercedes-Benz Cars
Herr Dr. Geyer, Frankreich will derzeit keine neuen A-, B- und SL-Klassen mehr zulassen. Was ist aus Ihrer Sicht der Streitpunkt?
Dazu gibt es von den französischen Behörden bis heute keine offizielle Aussage. Fakt ist, dass wir für die betroffenen Fahrzeuge eine gültige Typzulassung vom
Kraftfahrt-Bundesamt bekommen haben. Diese ist europaweit gültig und wird auch in allen EU-Ländern umgesetzt - außer Frankreich.
Droht der S-Klasse das gleiche Schicksal?
Nein, weil deren Typgenehmigung auch in Frankreich bereits registriert ist. Damit können S-Klasse Fahrzeuge dort problemlos zugelassen werden.
Warum beharrt die Daimler AG auf ihrer Vorgehensweise beim Verzicht auf das Kältemittel R1234yf, das als umweltfreundlicher gilt?
Wir haben uns für die Entwicklung von CO2-Klimaanalagen, der aus unserer Sicht sichersten und gleichzeitig klimafreundlichsten Lösung, entschieden. R1234yf trägt zwar mit umgerechnet 1-2g CO2/km weniger zur Klimaerwärmung bei als R134a. Wir möchten das neue Kältemittel aber im Sinne der Sicherheit unserer Kunden nicht in unseren Fahrzeugen einsetzen. Denn unsere reproduzierbaren Tests haben ergeben, dass sich R1234yf in Folge eines Auffahrunfalls im heißen Motorraum entzünden und damit Fahrzeugbrände auslösen kann. Und bei der Verbrennung entsteht Fluorwasserstoff, der in Verbindung mit Wasser zu hochgiftiger Flusssäure reagiert.
Wäre es überzogen zu sagen, dass die EU zugunsten der CO2-Reduktion bewusst Verletzungen durch Brandgefahr und Verätzungen möglicher Unfallopfer in Kauf nimmt?
Wir sind davon überzeugt, dass Sicherheit auch für die zuständigen Behörden höchste Priorität hat und wir im Gespräch miteinander zu einer Lösung der Situation kommen werden.
Arbeitet Daimler an einer CO2-neutralen Alternative zum jetzigen Kältemittel? Und wenn ja, wann wäre diese serienreif?
Wir haben mit der Entwicklung begonnen. Bis zur Serienreife werden noch ein paar Jahre Entwicklungsarbeit notwendig sein. Bis dahin möchten wir - wie andere
Automobilhersteller auch, den von der EU vorgesehenen Übergangszeitraum bis Ende 2016 nutzen. Bis dahin ist der Einsatz des bewährten und sichern R134a prinzipiell
möglich.
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