Ist Elektromobilität ein Jobkiller?

Neue Studie: Reine E-Autoproduktion kostet EU-weit 500.000 Arbeitsplätze

Ist Elektromobilität ein Jobkiller?: Neue Studie: Reine E-Autoproduktion kostet EU-weit 500.000 Arbeitsplätze
Erstellt am 9. Dezember 2021

Das Ende des Verbrenners und die zeitnahe 100prozentige Elektrifizierung des Pkw ist zwischen Politik und Autoindustrie offenbar beschlossene Sache. Was auf der einen Seite segensreich wirken soll zur Erreichung der EU-Klimaziele, birgt auf der Kehrseite erhebliche Beschäftigungsrisiken. Immerhin sorgt die Automobilindustrie in 13 EU-Mitgliedstaaten für mehr als 5 Prozent der Gesamtbeschäftigung im verarbeitenden Gewerbe. 60 Prozent dieser Arbeitnehmer sind in der Automobilzulieferindustrie tätig. Die Resultat der Studie sind insbesondere für Deutschland relevant, weil es in der EU zu den ganz großen Produktionsländern für Automobilkomponenten zählt.
CLEPA, der 3.000 Unternehmen vertretende europäische Verband der Automobilzulieferer, beauftragte die Beratungsgesellschaft PwC Strategy&, die Auswirkungen von drei verschiedenen Green Deal-Politikszenarien auf Beschäftigung und Wertschöpfung bei Automobilzulieferern in ganz Europa im Zeitraum 2020-2040 zu bewerten. Da wäre erstens ein gemischter Technologieansatz, zweitens der aktuell reine EV-Ansatz, wie er Fit-for-55-Paket der Europäischen Kommission vorgeschlagen wird, und drittens ein radikales EV-Intensivierungsszenario. Alle drei Szenarien liegt die Annahme einer beschleunigten Elektrifizierung zugrunde - mit einem hohen Marktanteil für E-Automobile bis 2030 von jeweils mehr als 50 Prozent, nahezu 80 Prozent bzw. 100 Prozent.

Technologiewandel oder Umbruch

Die Studie sagt vorher, dass im reinen Elektrofahrzeug-Szenario 70 Prozent der Auswirkungen auf die Arbeitsplätze schon in den Jahren zwischen 2030 und 2035 spürbar sein werde.
501.000 Arbeitsplätze werden bis Ende 2025 bei den Automobilzulieferern in der Produktion von Antriebskomponenten für Verbrennungsmotoren voraussichtlich wegfallen. Einerseits. Andererseits: 226.000 neue Arbeitsplätze werden in der Produktion von EV-Antriebssträngen (unter der Annahme einer EU-Batterie-Produktion in nennenswertem Umfange) entstehen. Unterm Strich verbleibt ein Nettoverlust von 275.000 Arbeitsplätzen bis 2040 - so prognostiziert die Studie.
Die Transformation stellt zweifellos eine große Herausforderung allein für die derzeit 130.000 Beschäftigten im Bereich Antriebsstrang der deutschen Automobilzulieferer dar. Dass 100 % Elektromobilität so viele Jobs kostet wird, bereitet Sigrid de Vries, CLEPA-Generalsekretärin, große Sorgen: „Die Studie hebt die Risiken eines reinen Elektrofahrzeug-Ansatzes für den Lebensunterhalt von hunderttausenden Menschen hervor, die hart daran arbeiten, technologische Lösungen für nachhaltige Mobilität bereitzustellen. Da in der Automobilindustrie die Automobilzulieferer für den größten Teil der Arbeitsplätze sorgen, ist es entscheidend, dass wir diese bei der Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Transformation in den Mittelpunkt stellen.“
Eingedenk dessen plädiert der europäische Verband der Automobilzulieferer CLEPA für einen technologieoffenen Ansatz, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Sigrid de Vries: „Ein regulatorischer Rahmen, der für alle verfügbaren Lösungen offen ist, wie den Einsatz von Hybridtechnologien, grünem Wasserstoff und erneuerbaren nachhaltigen Kraftstoffen, wird Innovationen ermöglichen, während wir Mobilität in den kommenden Jahrzehnten neu definieren. Ein technologieoffener Ansatz sollte eine schnelle Elektrifizierung mit sauberer und erneuerbarer Energie umfassen, ergänzt durch saubere Verbrennungstechnologie mit nachhaltigen erneuerbaren Kraftstoffen. Es gibt mehr Optionen als Null-Emissions-Auspuffanlagen, und wir müssen die Rolle anerkennen, die klimaneutrale Kraftstoffe bei der Reduktion von Emissionen, der Wahrung der Wahlmöglichkeiten der Verbraucher, der Erschwinglichkeit und der Erhaltung der globalen Wettbewerbsfähigkeit Europas spielen können. Nicht Technologie ist hier der Feind, sondern es sind eher die fossilen Kraftstoffe. Technologieoffenheit wird entscheidend sein, um einen gerechten Übergang zu ermöglichen.“

Plädoyer für Technologieoffenheit

Unterstützung kommt vom Verband der Deutschen Automobilbauer. So kommentiert
VDA-Präsidentin Hildegard Müller die Resultate der PWC-Studie wie folgt: „Die Automobilindustrie wird bis spätestens 2050 klimaneutrale Mobilität liefern. Die deutschen Unternehmen investieren in den nächsten Jahren rund 150 Milliarden Euro in Zukunftstechnologien. Dennoch müssen Technologie- und Innovationsoffenheit die Grundlage jedes unterstützenden politischen Rahmens in den nächsten Jahrzehnten sein.
Nur eine sozial gestaltete Transformation kann langfristig erfolgreich sein – damit Deutschland dann das Autoland Europas bleibt.“ Ein sozial gestalteter Transformationsprozess im Sinne der Erhaltung möglichst vieler Arbeitsplätze geht für den VDA nur mit einem mehrdimensionalen Transformationsprozess, der eben nicht ein Electric-Only-Leitbild wie eine Monstranz vor sich herträgt. Die VDA-Präsidention sagt weiter: „Es muss sichergestellt werden, dass der europäische Green Deal keine Technologien verbietet und nicht nur die Einführung der E-Mobilität unterstützt, sondern auch Anreize für Investitionen in Wasserstoff und E-Kraftstoffe schafft.“

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