Wie Mercedes-Benz kürzlich bekannt gab, hat der Konzern im Jahr 2022 über alle Geschäftsbereiche hinweg ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Höhe von 20,5 Milliarden Euro erzielt. Das ist eine Menge Geld, die auf der Habenseite verbleiben wird. Nun aber schickt der Stern Anfang März 700 Mitarbeiter des Werkes Bremen für elf Arbeitstage in Kurzarbeit, meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ). Passt das zusammen? Geht das so in Ordnung? Mega-Gewinne hier - Kurzarbeitergeld aus der Solidarkasse der Bundesagentur für Arbeit dort: Einige Kritiker melden sich zu Wort und schimpfen auf eine Abgreifermentalität des Sterns. Zu Recht?
Im Mercedes-Benz Werk Bremen sind derzeit 12.500 Beschäftigte in Lohn und Brot Wegen Lieferproblemen, muss das Werk die Produktion drosseln und hat für Anfang März für 700 Mitarbeiter elf Tage Kurzarbeit beantragt. Weil Mercedes-Benz erst wenige Tage zuvor den 20-Milliarden-Euro-Megagewinn vor Steuern meldete, ist mancherorts die Entrüstung groß.
"Kurzarbeit und Milliardengewinne passen nicht zusammen", zitiert die FAZ zum Beispiel Dennis Radtke, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender des CDU-Sozialflügels. „Öffentliche Gelder für die Gewinnmaximierung zu verwenden, ist unanständig", stellt Radtke den Stern an den moralischen Pranger.
Richtig ist: Für Mitarbeiter, die vorübergehend weniger zu tun haben, spart sich Mercedes-Benz einen Teil der Entlohnung. Unterm Strich wirkt sich das positiv auf die Ertragslage des Unternehmens aus. Logisch: Geld, dass der Unternehmer nicht ausgibt, bleibt erstmal in der Kasse. Ist es also unmoralisch, dass der reiche Konzern sich von der Solidargemeinschaft stützen lässt, obwohl er es laut Kontostand eigentlich nicht nötig hätte?
Diese Frage stellt sich in der amtlichen Regelung zum Kurzarbeitergeld aber nicht. Armer oder reicher Betrieb ist nicht die Kategorie, auf die es ankommt. Anspruch auf Kurzarbeitergeld liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber die regelmäßige Arbeitszeit aus wirtschaftlichen Gründen kürzen muss - zum Beispiel, weil Aufträge fehlen, wegen Rohstoffmangel oder bei Lieferkettenproblemen. Für den Arbeitsausfall zahlt die Agentur für Arbeit das Kurzarbeitergeld als teilweisen Ersatz für den entfallenen Lohn - übrigens auch an alle betroffenen Mitarbeiter, egal ob diese arm oder reich sind.
Kurzarbeitergeld ist in erster Linie ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, um Kündigungen zu vermeiden. Weil es dieses Instrument gibt, können Unternehmen ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch bei Auftragsausfällen weiter beschäftigen. Und noch etwas ist wichtig: Kurzarbeitergeld wird aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung, in welche sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter und ihre Arbeitgeber einzahlen, finanziert. Insofern haben nicht nur die Mitarbeiter ein Recht auf diese Leistung, sondern auch der Arbeitgeber.
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