Fahrbericht: Mercedes-AMG GLE 53 Coupé

Goldene Mitte: Ist der GLE 53 eine Alternative zum brachialen 63er?

Fahrbericht: Mercedes-AMG GLE 53 Coupé: Goldene Mitte: Ist der GLE 53 eine Alternative zum brachialen 63er?
Erstellt am 3. Mai 2023

Wem der Mercedes-AMG GLE S 63 zu brachial ist, für den ist der AMG GLE 53 eine Alternative, die mit der Modellpflege bei der Agilität zugelegt hat.

Bei der Modellpflege des Mercedes-AMG GLE 53 4Matic+ Coupé fällt zunächst einmal der deftig gestiegene Preis ins Auge: Mit 112 496,65 Euro ist das SUV deutlich teurer als bisher. Doch die pure Arithmetik stellt nur die halbe Wahrheit dar: Mit der einen Hand greift Affalterbacher Tuningschmiede den Kunden tiefer in die Tasche mit der anderen teilen die Dynamikspezialisten aber auch aus und spendiert serienmäßig einiges mehr an Ausstattung. Also sind jetzt solche Extras wie eine Lederausstattung, das Panoramaglasdach, die Burmester-Soundanlage, das Multibeam-LED Licht, ein Toter Winkel Warner ab Werk an Bord. Weitere Details wie die belüfteten Klimasitze samt Memory Paket zum Speichern der Einstellungen sollten allerdings bei einem solchen Auto, das auch vor der Modellpflege kein Sonderangebot darstellte, eigentlich selbstverständlich sein. „Wir versuchen die Wünsche der Kunden proaktiv zu erfüllen. Dabei orientieren wird uns an der bisherigen Nachfrage“, erklärt Produktmanager Dmitrij Solodenko und verweist auf den Ausstattungsmehrwert von 15 Prozent.

 

Mit der Modellpflege bekommt das Power-SUV auch ein paar kosmetische Details spendiert. Darunter eine neue Frontschürze samt veränderten Tagfahrlicht und neue Rückleuchten. Außerdem trägt die Frontverkleidung nun auch zusammen mit dem Mercedes Sterns das AMG-Signet. Damit ist der Chronistenpflicht hinsichtlich der Optik Genüge getan. Bei einem Mercedes-AMG, egal ob Stelzen-Sportler oder nicht, geht es in erster Linie um die Dynamik. Schnell wird eines klar: Unabhängig vom aufgerufenen Preis, liefert das aufgefrischte GLE 53 Coupé auf der Straße ab – und das ziemlich beeindruckend. Mit der optionalen Wankstabilisierung bleibt der Vorderwagen auch in schnell genommen Kurven sowohl beim Einlenken als auch beim Rausbeschleunigen aus dem Scheitelpunkt ziemlich stabil, was aber eine trügerische Sicherheit ist, da die Gesetze der Physik nach wie vor gültig sind.

Zumal der GLE 53 mit einem Gewicht von 2.375 Kilogramm mehr Schlachtschiff als Speedboot ist. Allerdings vertuschen die Affalterbacher Ingenieure diese Komponente der Agilitätsgleichung ziemlich erfolgreich. Und das, obwohl beim 53er im Gegensatz zum großen Bruder 63 S kein Sperrdifferenzial der Hinterachse flinke Beine macht. Der Allradantrieb verteilt die Antriebskraft blitzschnell je nach Fahrsituation zwischen Vorder- und Hinterachse und zirkelt so das SUV, unterstützt vom radselektiven Torque Vectoring per Bremseingriffen, erstaunlich behände um die Ecken. Deswegen ist man mit dem schwächeren der beiden GLE-AMGs unkompliziert und ohne feuchte Handflächen flott unterwegs.

Je nach Einsatzzweck kann man zwischen sieben Fahrprogrammen wählen (fünf für Straßen und zwei im Gelände). Die Einstellungen reichen von Glätte und Sand bis hin zu Sport plus. Grundsätzlich ist die Bodenfreiheit des Mercedes-AMG GLE 53 bei Fahrtstart in Comfort identisch zu der anderen Mercedes-GLE-Modellen. Bei Tempo 140 km/h beziehungsweise den beiden Dynamik-Fahrmodi Sport und Sport plus gehen die Luftfedern zehn Millimeter in die Knie. Bei den Offroad-Programmen streckt sich das Fahrwerk dagegen um 5,5 Zentimeter. Wie bei allen Modellen des Mercedes-Haustuners mittlerweile üblich, bereiten die umfangreichen Feineinstellungsmöglichkeiten jedem Playstation-Fan eine Menge Freude.

Die Abstimmung des Fahrwerks ist ebenfalls gelungen. Im Comfort-Modus lassen sich lange Strecken entspannt bewältigen. In den dynamischen Fahrprogrammen ist die Federung deutlich straffer, aber selbst in Sport Plus nicht so brachial hart, dass man um den Zustand der Bandscheiben fürchten muss. Dass sich der Klang der Auspuffanlage allerdings dann von knackig-präsent zu bollernd-vorherrschend ändert, muss man wohl oder übel bei einem AMG so hinnehmen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Mercedes-AMG GLE 53 4Matic+ Coupé ein gelungenes, weil ausgewogenes Auto ist: Der GLE trifft genau die goldene Mitte zwischen dem Mercedes GLE 450 und dem Kraftprotz AMG GLE 63 S.

Die Kombination aus bekanntem Sechszylinder mit 320 kW / 435 PS und einer 48-Volt-Mildhybridisierung per integriertem Startergenerator agiert im Zusammenspiel mit der Neungangautomatik geschmeidig. Mithilfe einer ausgeklügelten Boost-Strategie, die die Elektropower von 15 kW / 22 PS sowie 200 Newtonmetern zielgenau einsetzt, konnten es sich die Techniker sogar leisten, den Turbolader zu vergrößern und so das maximale Drehmoment des Verbrenners von 520 auf 560 Nm zu erhöhen. So ist die Facelift-Version des GLE 53 beim Sprint von null auf 100 km/h mit 5,0 Sekunden um 0,3 Sekunden schneller als bisher. Bei voller Beschleunigung stehen für 30 Sekunden sogar 600 Nm bereit. Dennoch wirft die Elektronik bei 250 km/h den Anker. Den Verbrauch gibt Mercedes mit 10,5 l/100 km an.

Damit man auch im Innenraum die AMG-Welt spürt, bietet das MBUX-Infotainmentsystem nach wie vor einige spezielle Grafiken, wie man sie von anderen Modellen der Tuningschmiede kennt. Manche Darstellungen sind etwas spacig, aber so findet jeder nach seinem Gusto die passende Einstellung. Beim Rest bietet der GLE 53 das bekannte und gut verarbeitete Mercedes Ambiente, nur dass zum Beispiel an den Sportsitzen mit den betonten Wangen das AMG-Wappen aufblitzt. Wer also sportlicher unterwegs sein will als im Mercedes GLE 450, aber nicht ganz so kompromisslos wie im Mercedes-AMG GLE 63 S, kann sich ab Juli beim Mercedes Händler umschauen, sollte aber mindestens 112 496,65 Euro bereithalten.

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