Klein aber fein: Ein Reisebericht mit der V-Klasse

Unterwegs im Mercedes-Benz V 300d 4MATIC Marco Polo

Klein aber fein: Ein Reisebericht mit der V-Klasse: Unterwegs im Mercedes-Benz V 300d 4MATIC Marco Polo
Erstellt am 9. September 2022

Wer meint, dass Elektroautos oder Plug-in-Hybriden der große Renner seien, der ist nicht in der Campingszene unterwegs. Denn kaum ein Fahrzeugsegment ist so beliebt, wie die kleinen Reisemobile, die auf Vans wie einem VW T6 oder einer Mercedes V-Klasse basieren. Wir haben den Praxistest gemacht, was ein Bestseller wie der Mercedes Marco Polo im Alltag so alles kann.

Viele fahren eine Mercedes V-Klasse als praktisches Familiengefährt auch im Alltag. Mit einer Länge von 5,14 Metern ist er nicht einmal so groß wie eine Mercedes S-Klasse oder ein Siebener BMW – bietet im Innern aber genügend Platz für bis zu acht Insassen oder die Umsetzung der eigenen Freizeitgestaltung. Besonders beliebt sind die Campingversionen Mercedes Marco Polo oder VW T6 California, denn hier vermischen sich Alltag und Wochenendgestaltung sowie etwaige Urlaubsgefühle. Die Mercedes V-Klasse ist ein praktischer Van mit jeder Menge Langstreckenkomfort und Platz für mehr als die eigene Familie – doch er kann eben noch ganz anders: als Reisemobil Marco Polo. Produziert im spanischen Stammwerk Vitoria, geht es für die Marco-Polo-Reisemobile nach erfolgreicher Endabnahme erst einmal mit dem Transporter zum Reisemobilspezialisten Westfalia. Die bauen den Familien- oder Businesstransporter mit Stern aufwendig zum kompakten Reisemobil um.

Wir begeben uns auf den Weg nach Le Mans

Um zu zeigen, was dieser kann, geht es von Stuttgart aus nach Le Mans zu einer klassischen Motorsportveranstaltung. Le Mans, Hauptstadt der Kornkammer Frankreichs, liegt rund zwei Stunden westlich von Paris und so legt man je nach Route aus Stuttgart zwischen 750 und 900 Kilometern zurück, ehe man die traditionsreiche Sarthe-Rennstrecke erreicht. Le Mans ist nicht nur bekannt für sein 24-Stunden-Rennen oder den Motorsportevent Le Mans Classic, sondern auch für seine überaus mäßigen Hotels. Hier hapert es gleichermaßen an Qualität sowie Quantität und so kommen tausende der Fans zu beiden Großveranstaltungen seit Jahr und Tag mit Wohnwagen, Zelt und Camper. Wir haben uns für einen kompakten Camper, den Mercedes Marco Polo entschieden. Der bietet auf PKW-Abmessungen Platz für vier Personen, Aufstelldach, Kleinküche und Ablagen für alles, was man an einem verlängerten Wochenende braucht.

Leider eine Fehlbesetzung: Der 136-PS-Basismotor

Bei der knapp 900 Kilometern langen Fahrt auf Autobahnen und Landstraßen durch Deutschland und Frankreich kann die Mercedes V-Klasse erst einmal kräftig punkten. Während der begleitende Mercedes V 220d Marco Polo im flotten Autobahntempo doch etwas schwach auf der Brust dieselt, schlägt sich das Topmodell V 300d deutlich besser. Er leistet 174 kW / 237 PS und ein stämmiges Drehmoment von 500 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 214 km/h – das ist mehr als stattlich. Da die V-Klasse gerade als Reisemobil Marco Polo mit rund 2,4 Tonnen kein Leichtgewicht ist, sollte man keinen Gedanken an den 136-PS-Basismotor verschwenden und sich allein zwischen V 250d und V 300d entscheiden. Beide drehmomentstarken Commonraildiesel sind jedoch nur Vierzylinder und so gibt es zwar genug Leistung, jedoch einen mitunter allzu präsenten Klang – gerade bei Anstiegen unter Last. Und damit es auf dem Campingplatz oder gar der freien Natur zu Bergwandern und Mountainbiken keine bösen Überraschungen gibt, sollte sich der Interessent gleich für den sinnvollen Allradantrieb entscheiden – der hilft daher nicht nur im Winter. Die Neungangautomatik ist ebenso wie viele Fahrerassistenzsysteme serienmäßig an Bord.

Die Sitzanlage ist gut aber dennoch verbesserungswürdig

Die lange Strecke nach Le Mans über Baden-Baden, Metz, Reims, Provins, Sens und Orleans schmeckt dem Familienvan wie ein prächtiges Steak Frites mit vorangegangener Zwiebelsuppe. Bequeme Sitze mit allerdings schlechten manuellen Verstellmöglichkeiten bieten guten Reisekomfort und das Platzangebot geht für ein bis zwei Personen allemal in Ordnung. Zu viert im Mercedes Marco Polo zu reisen, erscheint trotz der beiden elektrisch verstellbaren Rücksitze jedoch beinahe ebenso unvorstellbar wie die Tatsache, dass zumindest theoretisch vier Personen in dem Kompaktcamper ihre nächtliche Ruhe finden sollen.

Kein Chance für Hybride und Batterie-Autos?

Der Mercedes V 300d 4matic ist flott, wenn gewünscht gar schnell. Für Entspannung sorgen auf Langstrecken der Abstandstempomat, eine gute Ergonomie und das komfortable Fahrwerk. Der Fahrer ist etwas irritiert, in einem modernen Van auf analoge Runduhren zu blicken und der zentrale Multifunktionsbildschirm dürfte im Jahre 2022 ebenfalls gerne zwei Nummern größer sein. Bei flottem Autobahntempo verbrauchte der Mercedes V 300d Marco Polo in der Kombination aus Hin- und Rückweg 8,8 Litern Diesel auf 100 Kilometern. Mit einer Tankfüllung lassen sich bis zu 900 Kilometer zurücklegen – bei zahmem Gasfuß fällt gar die 1.000er-Marke. Wie will man das mit einem Benziner oder einem Elektromodelle schaffen? Und ein Plug-in-Hybrid ist auf langen Reisestrecken eine komplette Fehlbesetzung – zumindest wenn man Kilometer schrubben will oder muss, um ans Ziel seiner Urlaubsträume zu kommen.

Ein Muss im Camper: Allrad

In Le Mans angekommen zahlt sich der Allradantrieb gleich beim Entern des bewaldeten Campinggeländes aus. Auf der baumgesäumten Fläche hat es zuletzt ordentlich geregnet und der Boden ist locker. Dank Allradantrieb kommt niemand ins Schwimmen. Kaum abgeparkt und mit dem allzu unansehnlich verdeckten Stromanschluss an der linken Flanke mit der Umwelt verbunden, entfaltet sich der Marco Polo wie das sprichwörtliche Schweizer Taschenmesser. Schalter für die zahllosen Campingfunktionen sucht man im Innern vergeblich. Alles lässt sich über die Smartphone-App oder die App auf dem zentralen MBUX-Bildschirm bedienen. So entfaltet sich in Windeseile das elektrische Klappdach, lassen sich LED-Strahler ein oder ausschalten, der Wasser- und Energievorrat kontrollieren, die WLan-Zone starten oder Zeitfunktionen für die Standheizung einstellen. Diese Bedienung geht nicht einfacher und während man den gewünschten Webradiosender auf das Soundsystem des Marco Polo streamt, muss die Entscheidung fallen, ob man nächtens oben im Ausstelldach oder unten auf der Liegefläche schlummert, die aus zwei Einzelsitzen und der Ablagefläche zum Kofferraum hin entsteht.

Für eine Person bequem, für mehr allerdings ungeeignet?

Die Entscheidung fällt in der ersten Nacht auf die bodenständige Version unten und in der zweiten Nacht wird im Dachabteil genächtigt. Während man im mobilen Erdgeschoss mit einem dünnen Topper auskommen muss, sorgt in der ersten Etage eine richtige Matratze für Komfort. Die lässt sich mit etwas Aufwand jedoch über den Führerstand auch nach unten wuchten und so liegt es sich auch neben der Küchenzeile prächtig, nachdem die Jalousien den Innenraum verdunkeln. Für eine Person ist das Ganze allemal recht komfortabel. Anders sieht es mit zwei Personen aus – es sei denn, eines der Nachtgespenster schläft oben in der Klappkemenate und eines unten im mobilen Tiefparterre. Unvorstellbar erscheint zumindest für den Campingneuling, dass man auf der schmalen Schlaffläche unten mit zwei Personen liegt oder gar zwei weitere Personen ins luftigere Dachabteil verbannt.

Coole und praktische Funktionen

Praktischer denn je sind die zahllosen Ablagen hinter bestens schließenden Klappen, die intelligente LED-Beleuchtung, die Anschlüsse für 220 Volt / USB sowie die grandiose Bedienung per App, die verhindert, dass man für alles mögliche aufstehen muss. Der nach oben öffnende Kühlschrank bietet allemal genug Raum für Getränke oder kleine Speisen und wer unbedingt will, dann im Marco Polo in einer winzigen Küchenzeile sogar köcheln und im Anschluss nebenan abwaschen. Für gute Durchlüftung sorgen das elektrisch ausstellbare Heckfenster, die seitlichen Netzöffnungen im Dachausbau oder das im Ausstelldach integrierte Schiebedach, das auf der Fahrt und im Standbetreib gleichermaßen nutzbar ist. Für gutes Wetter lassen sich aus dem intelligente Kofferabteil hinter der elektrisch öffnenden Heckklappe zwei Klappstühle, ein Tisch und sogar eine Außendusche montieren, wenn man sich an die lokale Wasserversorgung angeschlossen hat. Die meisten Campingfans dürften jedoch wohl eher die sanitären Anlagen auf dem Campingplatz nutzen. Doch wenn es ein einmal in den Dschungel von Schwarzwald, Pyrenäen, Ostsee oder kroatische Küste gehen sollte, ist man mit einem gefüllten Frischwassertank und Zusatzbatterie für fast alles vorbereitet, um ein paar Tage autark seine Freiheit zu genießen.

Wer Lust auf Marco Polo hat, muss tief in die Tasche greifen

Zwei Tage später ist der Campingneuling schlauer und hat sich im Mercedes Marco Polo prächtig eingelebt – auch weil prächtiges Wetter vieles erleichtert hat. Was ein Kleincamper wie der Marco Polo draufhat, ist schon angesichts der zahllosen praktischen Ideen eine echte Schau. Dabei hat man zudem noch den hohen Alltagsnutzen eines Familienvans, wenn es wochentags ins Büro oder zum Einkaufen geht. So viel Praktikabilität hat mit der gewünschten Mercedes-Qualität ihren Preis. Ein 136 PS starker Mercedes V 200d in der schmalen Activity Edition kostet rund 55.000 Euro. Zumindest den V 250d als Horizon Edition sollte man sich gönnen, doch dann ist unter 70.000 Euro nichts zu machen. Die Topversion des Mercedes V 300d 4matic Marco Polo Edition liegt schnell bei rund 85.000 Euro. Viel Geld für sehr viel Auto und auf dem Gebrauchtwagenmarkt sind die Modelle ohne großen Wertverlust ohnehin ein Renner. Vielleicht einfach einmal ausprobieren, ob so ein Camper nicht ein geeignetes Familienmitglied ist.

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