Wer rastet der rostet: Nach zwanzig Jahren tatenloser Standzeit, war es um den Mercedes 280 SE leider nicht mehr sonderlich gut bestellt. Zum Glück erbarmte sich MIB Rolf Luhmann, dessen Strichacht wir auf Mercedes-Fans.de  HIER vorgestellt haben, des arg heruntergekommenen Oberklässlers. Nach aufwändiger Restauration meldet sich der Benz der Baureihe W108 nun wieder in voller Pracht auf der Piste zurück.

Der Lack war ab!

Die einstige Herrlichkeit konnte Rolf nurmehr erahnen, als der Mercedes-Fan den W108 erstmals inspizierte. Denn über zwei Jahrzehnte links liegen gelassen, war das einstige Symbol für Wohlstand und Erfolg schutzlos dem stetigen Verfall durch fortschreitende Korrosion preisgegeben. Entsprechend heftig hatte sich der braune Nager in den Blechen des Benz verbissen. Eine – im wahrsten Sinne des Wortes – bodenlose Gemeinheit!

Wende statt Ende: Mit dem Mercedes geht's wieder bergauf

„In Verbindung mit einem Konvolut diverser Ersatzteile stand der Mercedes für insgesamt 1.000 Euro zum Verkauf“, erinnert sich Rolf. „Der Mercedes sah wirklich übel aus, aber so eine Ikone des Automobilbaus musste einfach gerettet werden und der Nachwelt erhalten bleiben“, findet der gelernte Gärtnermeister, der nach dem Kauf (2007) umgehend mit der acht Jahre in Anspruch nehmenden Komplettrestauration begann.

Der W108 gibt sich sportlich

Zwar liegt Schönheit im Auge des Betrachters. Doch würden sich gewiss die meisten Pupillen beim Anblick der vom genialen Paul Bracq skizzierten W108-Karosserie vor Begeisterung weiten. Obwohl Imposant in den Abmessungen und sympathisch barock in der Anmutung, wirkt der Mercedes 280SE dennoch nicht schwerfällig, sondern vielmehr agil und durchaus sportlich. Kein Wunder, zeigt das Design des W108 doch stilistische Nähe zum charismatischen Coupé der Baureihe W111.

Zurück zu altem Glanz und Gloria

Neben seiner schieren Größe legt der prunkvolle Chrombesatz beredtes Zeugnis von der Zugehörigkeit zur erlauchten Liga der Luxus-Limousinen ab. „Um den Mercedes in seiner ganzen Pracht wiedererstehen zu lassen, waren allerdings umfangreiche Karosseriearbeiten erforderlich“, berichtet Rolf.

Gute Neuigkeiten

Bei den Arbeiten an den Blechen und der Bodengruppe (u.a. Kotflügel, Kofferraummulden, Radkästen, Wagenheberaufnahmen und vordere Traversen erneuert) konnte Rolf auf die Unterstützung eines befreundeten Karosseriebauers setzen. Die Lackierung von Außenhülle, Motor- und Innenraum wurde an einen Fachbetrieb vergeben. Die Dusche von Innenraum und Unterboden führte Rolf hingegen in Eigenregie aus. Des Weiteren standen der Einbau neuer Front- und Heckscheiben, der Austausch aller Gummidichtungen und Scheibenführungen sowie die Überarbeitung des elektrischen Schiebedachs auf der langen To-Do-Liste des Mercedes-Fans.

Motor und Antrieb kommen auf den Prüfstand

Reichlich Arbeit wartete auch zwischen den Stehwänden auf den unermüdlichen Hobby-Schrauber. Schon zu seinerzeit erforderte der mit komplex zu justierender mechanischer Sechsstempel-Einspritzpumpe ausgerüstete 2778-ccm-Motor einen erhöhten Wartungsaufwand. Jetzt – nach Jahren der erzwungenen Tatenlosigkeit – kamen die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten (Motor gereinigt, Kopf, Lichtmaschine, Anlasser überholt, Anbauteile gelb chromatiert) hinzu, um den ehemaligen Ruheständler überhaupt wieder flott zu kriegen.

Der Benz kommt wieder in die Gänge

Dank der Motor-Revision und eines komplett überholten Antriebsstranges (Getriebe, Kardanwelle, Kreuzgelenke, Lager) bringt der in die Jahre gekommene Oldie jetzt wieder seine Leistung (160 PS), die eine Höchstgeschwindigkeit von 185 km/h ermöglichen würde.

Schöner Reisen mit Mercedes

Doch so eilig hat Rolf es überhaupt nicht. Denn am Steuer des mit dem optionalen Automatikwahlhebel versehenen Lenkrads und umgeben vom urigen Einrichtungs-Chic der ausgehenden Sechziger Jahre genießt der Mercedes-Fans die entspannten Cruisings durch das schmucke Warendorfer Land. Dank der Automatik bestünde mithilfe des immer noch vorhandenen Mittelkissens sogar die Möglichkeit, in der ersten Reihen einen zusätzlichen Sitzplatz zu schaffen. Zugegeben, dieses Feature entspricht aufgrund der fehlenden Gurtabsicherung nicht modernen Sicherheitsstandards, aber cool ist der „Dreier“ irgendwie trotzdem….

Echt retro!

Kultig sind das blaue Interieur, die großen Rundinstrumente des markanten Cockpits und die mondän anmutenden Holzvertäfelung nicht minder. Derweil lauscht das Ohr dem warmen Klang des Becker-Radios (Mexico) im zeittypischen Nadelstreifen-Design. Alles zusammengenommen, genießt Rolf nun ein unvergleichliches Fahrerlebnis als schönsten Lohn für acht Jahre Rackerei, Und der Dank (nicht nur) der Mercedes-Fans, einen W108 vor dem endgültigen Zerfall gerettet und im 1A-Zustand wieder auf die Straße gebracht zu haben, ist ihm sowieso gewiss! Dank gebührt freilich auch den vielen Freunden und Helfern, die Rolf bei der Restauration tatkräftig unterstützten. "Ein dickes Lob", sagt Rolf, "geht an Bernd, Stefan, Franz, Corrado, Thomas, Werner, Hubert, Kalle, Andreas, Lars und Lisa. Ohne dieses tolle Team hätte ich es nicht geschafft."

28 Bilder Fotostrecke | Wahrlich Oberklasse: Mercedes 280 SE (W108): Restaurierter W108 glänzt mit blütenweißer Weste #01 #02  

Mercedes-Fans Technische Daten

Fahrzeugtyp: Mercedes-Benz 280 SE (W108)

Baujahr: 1969

Motor: Reihensechszylinder mit Benzineinspritzung (mechanische Sechsstempel-Einspritzpumpe von Bosch), Hubraum: 2.778 ccm, Leistung: 160 PS, Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h, Motor gereinigt Anbauteile gelb chromatiert, Zylinderkopf überholt, Lichtmaschine und Anlasser überholt, Getriebe optisch und technisch überholt

Getriebe/Kraftübertragung: Viergang-Automatik (Sonderausstattung), Kardanwelle ausgewuchtet, neue Kreuzgelenke und Lager

Bremsen: Scheibenbremsen rundum, Bremsanlage komplett neu: Sattel, Scheiben, Leitungen, Bremszylinder

Räder: ATS (Felgenbett poliert), 7J x 15 ET23 vo/hi

Reifen: Michelin 205/65-15 vo/hi

Fahrwerk: Doppel-Querlenker, Schraubenfedern, Gummi-Zusatzfedern, Drehstab-Stabilisator vorne. Eingelenk-Pendelachse mit hydropneumatischer Ausgleichsfeder und Niveauregulierung, Schraubenfedern, Gummi-Zusatzfedern hinten

Karosserie: Zahlreiche Teile (Kotflügel, Radeinbauten Schweller, Kofferraummulden, Wagenheberaufnahmen, vordere Travesen) ersetzt, Front- und Heckscheibe neu, sämtliche Gummidichtungen und Scheibenführungen ersetzt, Schiebedach revidiert, Ausstattung mit Export- und Fernscheinwerfern, Karosserie neu lackiert

Innenraum: Blaue Sitzbezüge und Verkleidungen, schwarzes Lenkrad mit Automatik-Schalthebel, Innenraum in Wagenfarbe neu lackiert. Gestühl und Armaturenträger aufgearbeitet, Sonderzubehör: Zentralverriegelung, Kopfstützen 4fach, elektrisches Schiebedach, Color-Verglasung, Mittelkissen

ICE: Original Becker Mexico mit mechan:ischem Sendersuchlauf, elektrische Antenne