Zuverlässige Ladesäulen sind beim Überwinden der Reichweitenangst ebenso wichtig wie eine große Batteriekapazität. Der Lade-App-Anbieter elvah stellt den deutschen Stromtankstellen ein schlechtes Zuverlässigkeitszeugnis aus.
Jeder Fahrer eines Elektroautos kennt die Situation: Der Ladezustand der Batterie neigt sich langsam dem Ende zu und man sucht nach einer Gelegenheit zum Stromtanken. Dank der ausgeklügelten Software, die den Ladezustand der Akkus mit den Daten des Navigationssystems abgleicht, ist das Finden einer passenden Ladesäule kein Problem. Ein paar Befehle per Touchscreen reichen und schon weist der elektronische Lotse den Weg. Alles wunderbar. Doch bisweilen bekommt aber die schöne neue Ladewelt breite Risse. Nämlich dann, wenn die Stromtankstelle nicht funktioniert. Und das ist häufiger der Fall, als es den Autofahrern lieb ist.
Der Lade-App-Anbieter elvah hat über 250.000 Ladesäulen registriert, deren Zustand per Live-Daten und Meldungen der App-Nutzer ständig rapportiert werden. Das Ergebnis ist für Deutschland ernüchternd: Acht bis zehn Prozent der Ladesäulen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen sind dauerhaft defekt. Damit belegt Deutschland im Vergleich zu den Nachbarländern nur den sechsten Platz. Am zuverlässigsten sind Stromtankstellen in den Niederlanden, der Schweiz und Luxemburg. Auf der elvah-Skala von 0 bis 10 (wobei 10 fehlerfrei bedeutet) haben die deutschen Ladepunkte durchschnittlich einen Zuverlässigkeitswert von 6,3. In den Spitzenreiter-Ländern wie die Niederlande erreichen die Stromtankstellen einen Wert von 7,3 beziehungsweise 7,2 (Schweiz und Luxemburg).
Laut eigenen Angaben erhebt elvah während der Ladevorgänge jeden Monat mehr als 20 Millionen Daten und bewertet die Ladesäulen hinsichtlich Komfort, Popularität, Zuverlässigkeit und Nutzungserfahrung. Die Ergebnisse übersetzt das Unternehmen in den sogenannten elvah-Score.
Der Karlsruher Energieanbieter EnBW (Energie Baden-Württemberg) kann diese Ergebnisse nicht nachvollziehen. „Unsere Ladesäulen haben eine nahezu durchgehende Verfügbarkeit“, lässt EnBW verlauten und ergänzt „Um die Verfügbarkeit unserer Ladeinfrastruktur zu gewährleisten, setzen wir zudem roamingfähige SIM-Karten ein, die bei Bedarf auf alternative Mobilfunknetze zugreifen können.“ Die häufigste Ursache, dass eine Ladesäule vorübergehend nicht funktioniert, sind defekte Bauteile. EnBW hat Monitoringsysteme installiert, die eine ausgefallene Ladestation unter Umständen automatisch entstören können und zudem eine detaillierte Fehlermeldung absetzen. Sollte eine Vor-Ort-Reparatur nötig sein, behebt ein bundesweites Serviceteam die betroffenen Ladesäulen in der Regel binnen weniger Stunden den Defekt. Wir haben auch bei Ionity nachgefragt, wie es um den Zustand der Ladesäulen aussieht, aber keine Antwort erhalten.
Die elvah-Daten gehen noch tiefer und belegen, dass eine Modernisierung der Ladesäulen-Infrastruktur unabdingbar ist. Vor allem die Triple-Charger, die drei Ladeanschlüsse verschiedenen Typs bereitstellen (einen CCS- sowie einen CHAdeMO-Anschluss für das Laden mit Gleichstrom und einen Typ-2-Anschluss für die Wechselstromladung) sind fehleranfällig. „Aus unseren Daten wissen wir, dass die meisten Triple Charger schlechter abschneiden als andere Ladesäulen. Die meist alten 50 kW Lader haben derzeit einen durchschnittlichen Score von 5,4 und liegen damit unter dem Score anderer Ladesäulen-Typen“, verdeutlicht elvah-CPO Sören Ziems.
Wenn man sich die Zuverlässigkeitsrangliste der deutschen Bundesländer anschaut, liegen Hamburg (7,6), Berlin (7,1) und Mecklenburg-Vorpommern (6,9) vorne. Am Ende der Skala befinden sich Hessen (6,1) und Sachsen-Anhalt (5,9). Die rote Laterne geht nach Thüringen (4,8).
2 Kommentare
R129Fan
4. November 2022 17:05 (vor über 2 Jahren)
Egide aus belgien
2. November 2022 18:44 (vor über 2 Jahren)
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