Die Geschichte eines Mercedes-Benz 190 SL (W121 BII)

Jock, ein Autoleben (Teil 2) - Endlich wieder unterwegs

Die Geschichte eines Mercedes-Benz 190 SL (W121 BII): Jock, ein Autoleben (Teil 2) - Endlich wieder unterwegs
Erstellt am 9. Juni 2022

Ersten Teil verpasst? Kein Problem, hier geht es zu "Jock, ein Autoleben (Teil 1)"

Die Geschichte eines Mercedes-Benz 190 SL (W121 BII) Jock, ein Autoleben (Teil 1) Endlich werden die Tage wieder länger, das winterliche Aufbocken dürfte bald vorbei sein. Wie war das doch im letzten Herbst, als die trüben und langweiligen

Fast zehn Jahre war es nun her, seit ich zum letzten Mal Asphalt unter den Karkassen gespürt hatte. Während der langen Standzeit war ich wohl zwischenzeitlich zum Teileträger degradiert, immerhin fehlten mir mein Cabriodach, die mechanische Uhr und das Originalradio, also Teile, deren Wert jemand zu schätzen gewusst hatte.

Aber was machte das schon, “oben offen“ war auch bei abgebautem Hardtop möglich und bei meinem neuen Herrn am Lenkrad wohl eine der Hauptbedingungen für unser künftiges Zusammenleben. So verging dann kein halbes Jahr und er hatte per Annonce im “Markt“ ein voll funktionierendes Dachgestänge mit gesundem Holzunterbau aufgetrieben. Ja, damals funktionierte so etwas noch im Anzeigenteil des Kultblattes. Heute, so habe ich mir sagen lassen, geht es dort fast nur noch um ganze Fahrzeuge oder bestenfalls größere Teilebestände.

Ein neues Dach für den 190 SL

Doch mein neues Mützchen war wohl eher ein etwas verdichtetes Netz als das, was man ein Dach nennt. Ich erinnere mich da an einen Ausflug, der im Sonnenschein begann und für mich mit Fahrer und Beifahrerin samt kleinem Töchterchen –ich habe ja auch einen Notsitz!- fast wie eine Tour im Wildwasserkanu endete. Im folgenden Winter wurde das Alugestänge dann gesandstrahlt und ich bekam ein richtiges, schickes Dach über dem Kopf. Parallel wurde aller Zierrat neu verchromt. Nur meine Innenausstattung ließ noch einiges zu wünschen übrig. Auch hier hatten mein Herr der Schraubenschlüssel und ich wieder Glück im “Markt“. Aus Lübeck zauberte er per Sonntagsausflug beide Sitze einschließlich Konsolen und die Türverkleidungen in passender Farbe herbei, alles neu bezogen und noch nie eingebaut!

Das perfekte Auto für den Wochenendausflug

So machte ich in der nächsten Saison wieder etwas her und konnte mich auch außerhalb meiner Schraubergarage gut sehen lassen. Die nächsten Jahre verliefen dann, gemessen an dem, was ich später noch so alles unter die Räder bekommen sollte, eher etwas unspektakulär. Mein Lenkradbediener hatte damals bei der Post einen als Werkstattwagen ausgerüsteten VW T3 ersteigert, der als Camper mit Vorzelt umzugestalten war und der natürlich auf größeren Reisen das bevorzugte Bewegungsmittel war. Immerhin dauerte es fünf Jahre, bis wir als unsere erste gemeinsame Trophäe ein Starenkastenfoto einfahren durften. Aller Anfang ist schwer! Als Ausgleich dafür durfte ich zwischendurch meinen Beweger dann und wann auf dem täglichen Weg zur Arbeitsstelle begleiten, oder es gab hin und wieder einen Wochenendausflug.

Der Große Preis des Spargel-Clubs

Aber das konnte ja wohl nicht alles sein. ´Mal wieder im “Markt“, dessen treuer Leser mein Eigner bis heute ist, wurde er auf den Spargel-Club des Wiedererweckers der 2000 km durch Deutschland, Günther Krön, und die von ihm veranstalteten jährlichen Oldtimerferien aufmerksam. So etwas roch nach einer Woche Fahrspaß und musste ausprobiert werden.
Als Erstes ging es dann, nachdem ich seit fünf Jahren wieder auf der Straße war, nach Bad Dürkheim und von dort in die Südpfalz. Nicht nur touristische, sondern auch sportliche Aspekte spielten dort eine Rolle, täglich wurde ein Tagessieg ausgefahren, am Ende gab´s den “Großen Preis des Spargel-Clubs“ für den Gesamtsieger.

Gelegentliche Autotreffen als großes Highlight

Und dann mein automobiles Umfeld. Noch nie war ich, außer bei gelegentlichen Treffs, in einer solchen Umgebung gewesen. Ich konnte mich da, obwohl gefühlt auch nicht mehr der Jüngste, oft nur voller Respekt vor dem wirklichen Alter bewegen. Unser Ältester war ein Ford A von 1928, im Altersrang gefolgt von einem Peugeot 201 von 1931. Am meisten imponierte mir dabei ein Lagonda M 45 von 1931, gefahren von einem ehemaligen britischen Kampfflieger.

Eine Rallye ohne Navi, Tripmaster und Stoppuhr

Alle waren auf Achse angereist. Bei unseren abendlichen Plauderstündchen erfuhr ich nach getaner Rallyearbeit, dass unser Teilnehmerkreis von England, Frankreich und Österreich bis zur Schweiz reichte. Bewegt wurden wir ohne Tripmaster, eine Stoppuhr und etwas Kopfrechnen reichten. Einmal konnte ich einen Blick in unser Roadbook werfen. Dort bestand die Streckenbeschreibung aus Schwarz-Weiß-Kopien von 1:200 000 er Straßenkarten und Reiseführerausschnitten. Da wird man heutzutage richtig ehrfurchtsvoll, aber es funktionierte!

Mit den Kumpels auf Tour

Jedes Jahr in der Woche nach Ostern traf sich die Truppe von Oldies für eine Woche wieder und unser altes Blech konnte zeigen, was noch in ihm steckte. Ganz Deutschland und gelegentlich das angrenzende Ausland waren unser Einzugsgebiet, das Wetter mit teilweise auch Fahrten im Schnee (es war ja immerhin die Osterzeit) spielte keine Rolle.
In jedem Frühjahr kam in den nächsten fünf Jahren eine gewisse Nervosität bei mir, aber offenbar auch bei meinem Reiseplaner und seiner Auserwählten, die offenbar auch mit Benzin im Blut geboren war, auf. Dann ging es wieder auf in eine schöne Zeit.
Zwischendurch wurde ich dann Dreißig. Meine Gasgeber hatten dieses Alter früher als das Ende ihrer jungen Jahre betrachtet, für mich bedeutete es, dass ich nun zum alten Blech gehörte. Aber gefeiert werden musste, ich bekam einen schönen Feldblumenstrauß zu meinem Geburtstag und ab ging´s in Grüne!

Dem 190 SL geht es an die Wäsche

Jedoch nichts hält ewig, und nicht nur mein Pilotenteam merkte mir an, dass meine Haut langsam dünner und hier und dort faltig wurde. Nachdem ich mich in diesem Zustand zunächst bei mehreren Kliniken zur Wundheilung vorgestellt hatte, beschlossen mein Chefschrauber und einer seiner Freunde aus dem Oldtimerclub, dem wir inzwischen seit drei Jahren angehörten, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Also zum Winter ab in eine LKW-Halle und nach und nach wurde ich zunächst innen und anschließend außen zerlegt. Oh Schreck, was da an brauchbarer Substanz noch übrig blieb… Es war so grausig, dass ich davon lieber später einmal erzähle. (FWT)

Fortsetzung folgt!

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