Was braucht es für ein spektakuläres Formel-1-Rennen? Ein bisschen Regen und ein strauchelndes Weltmeister-Team reichen da schon. Beim Sieg von Max Verstappen glänzten diesmal andere Piloten und Teams, während das Mercedes-AMG Petronas Motorsport F1 Team komplett leer ausging.
Big Party zum Jubiläum
Das Heimrennen in Hockenheim sollte ganz im Zeichen des Sterns stehen. Mercedes-Benz trat erstmalig als Hauptsponsor. Gleichzeitig feierte man in großem Stil 125 Jahre Motorsport der Marke, was mit vielen Aktionen zelebriert wurde. Beispielsweise trugen sämtliche Teammitglieder historisch anmutende Klamotten und die Boliden hatten eine Spezial-Lackierung, die beide Welten vereinte. Auf der Strecke allerdings lieferte das Team am Sonntag alles andere als eine Bestleistung ab.
Hamilton mit Desaster-Tag
Am Start des verregneten Rennes lief noch alles nach Plan. Lewis Hamilton kam unter nassen Bedingungen großartig weg und zog sofort davon. Danach begannen bei wechselnden Streckenverhältnissen die Probleme. Hamilton, der schon tags zuvor über Unwohlsein und Halsschmerzen klagte und um ein Haar von Ersatzfahrer Esteban Ocon ersetzt werden musste, zeigte ungewöhnlich viele Fehler. Mehrfach kam der Brite von der Strecke ab und zerstörte sich bei einsetzendem Regen den Frontspoiler. Daraufhin fuhr er direkt an die Box, obwohl er an der offiziellen Einfahrt schon vorbei war. Seine Mechaniker waren komplett überrascht und erstmals brach in der sonst so kontrollierten Mercedes-Box Hektik aus. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte Lewis das Rennen wieder aufnehmen, war aber deutlich zurück gefallen. Zudem handelte er sich wegen der unzulässigen Boxenzufahrt auch noch eine Strafe ein. Im letzten Renndrittel unterlief ich dann auch noch ein Highspeed-Dreher in Kurve 1, den er mit viel Glück und Können noch ohne Mauerberührung abfangen konnte. Rang 11 war die Folge.
Bottas verschenkt viele Punkte
Noch härter erwischte es seinen Teamkollegen Bottas. Der leistete sich in derselben Kurve wie Hamilton kurz vor Schluss einen fast identischen Highspeed-Dreher, konnte diesen im Gegensatz zum Weltmeister aber nicht abfangen und plankte seinen Silberpfeil unsanft ein. Schon zuvor wirkte der Finne seltsam zahnlos und kämpfte das ganze Rennen gegen Kontrahenten, um die er sonst Kreise fährt. So blieb das Team erstmals in dieser Saison nicht nur ohne Podium, sondern komplett punktelos. Der deutlichen Führung in den Meisterschaften konnte das allerdings (noch) keinen Abbruch tun.
Verstappen und Vettel mit Top-Leistungen
Glänzen konnten an diesem Tag andere Piloten. Allen voran der Niederländer Max Verstappen, der zwar den Start komplett versemmelte und in der Folge auch noch einen 360°-Dreher hatte, aber danach zur Höchstform auflief und das Rennen gewann. Dahinter lieferte Sebastian Vettel bei seinem Heimrennen eine Gala-Vorstellung ab und fuhr vom letzten Startplatz, den er wegen seines technischen Problems im Qualifying innehatte, mit einer kämpferischen Leistung bis auf den zweiten Platz nach vorn. Sein hoch eingeschätzter Teamkollege Leclerc strauchelte ebenso über den extrem rutschigen Asphalt in der Auslaufzone im Motodrom wie der Deutsche Hülkenberg und Hamilton, die hier allesamt in die Wand krachten.
Lewis Hamilton
Was für ein verrückter Grand Prix. Das war eines der schwierigsten Rennen, die wir als Team seit langer Zeit erlebt haben. Ich glaubte eigentlich, dass ich das Rennen unter Kontrolle hatte. Aber wir gingen beim Wechsel auf Slicks ein Risiko ein und danach ist uns das Rennen entglitten. Ich kam in Kurve 16 weit nach draußen und dort war es wie auf Eis - ich habe die Mauer berührt und mir dabei meinen Frontflügel beschädigt. Das war mein Fehler und ich habe den Preis dafür bezahlt. Ich habe das Rennen angeführt und bin schlussendlich Elfter geworden. Ich weiß noch nicht einmal genau, wie es dazu gekommen ist. Das schmerzt sehr und ich bin froh, dass es vorüber ist. Es ist schwierig, alles zu geben, wenn man nicht bei einhundert Prozent ist. Jetzt muss ich sicherstellen, dass ich bis zum nächsten Rennen wieder gesund und absolut fit bin. Aus Tagen wie heute lernt man am meisten. Es ist jetzt wichtig, dass wir uns für Ungarn wieder finden. Ich freue mich für Seb, der sich vom Ende des Feldes bis auf den zweiten Platz nach vorne gekämpft hat. Es ist auch schön, Daniil und Toro Rosso auf dem Podium zu sehen - das ist gut für sie.
Valtteri Bottas
Das war ein richtig hartes Rennen und ich bin sehr enttäuscht. Die Bedingungen waren schwierig: die Strecke war sehr rutschig und die Verhältnisse haben sich ständig geändert. Es war sehr einfach, einen Fehler zu machen und leider ist mir am Ende einer unterlaufen, wodurch wir viele Punkte verloren haben. Das ist schade, denn ich hatte heute eine gute Gelegenheit, um viele Zähler auf Lewis aufzuholen. Aber es war mein eigener Fehler, der dazu geführt hat, dass ich am Ende mit leeren Händen dastehe. Ich hatte eine gute Chance auf einen Podestplatz und habe alles gegeben, um an Stroll vorbeizukommen. Ich war in Kurve 1 nah am Limit und dann habe ich plötzlich das Heck verloren und bin abgeflogen. Ich glaube nicht, dass es möglich gewesen wäre, das Auto noch abzufangen. Das ist sehr enttäuschend für das gesamte Team, aber wir werden alles geben, um in Ungarn gestärkt zurückzuschlagen.
Toto Wolff
Dieses Rennen tut uns im Herzen weh: das Ergebnis ist ein absolutes Desaster. Wir hatten einen ordentlichen Start und eine gute Pace. Danach kam alles zusammen: Zwischenfälle, Unfälle, schwierige Bedingungen, falsche Entscheidungen und am Ende steht man mit leeren Händen da, obwohl man in den ersten Runden auf den Plätzen eins und zwei gelegen hat. Der Zwischenfall mit Lewis ist direkt an der Boxeneinfahrt passiert. Deshalb waren wir nicht darauf vorbereitet, dass er hereinkommen würde. Hinterher haben wir dann auch noch die falschen Entscheidungen getroffen. Valtteri ist heute wie viele andere Fahrer auch abgeflogen, was einen ohnehin schon schlechten Tag noch schlimmer machte. Unser 200. Formel 1-Rennen war unser schwierigster Tag seit einer langen Zeit, aber solche Situationen schweißen uns genauso zusammen wie die erfolgreichen Zeiten. Heute müssen wir uns unsere Fehler ansehen und daraus lernen, damit wir am nächsten Wochenende gestärkt zurückkommen können.
Andrew Shovlin
Heute war ein sehr frustrierender Tag für uns. Wir hatten die Chance, mit beiden Fahrern eine richtig gute Punkteausbeute mitzunehmen, aber das ist uns leider nicht gelungen. So etwas ist immer schmerzhaft. Das Wetter war nicht einfach. Der Regen kam und ging und zur Rennmitte befanden wir uns in einer vernünftigen Position. Dann wurden wir jedoch eiskalt auf Trockenreifen erwischt, als der Regen plötzlich stärker wurde. Bei Valtteri haben wir eine Runde nach Max auf die Medium-Reifen gewechselt - das war okay. Aber wir hätten früher reagieren sollen, als das Safety Car rausging, um so die Chance zu nutzen, zurück auf die Intermediates zu wechseln. Das hat ihn die Position gekostet. Bei Lewis hätte unser Timing nicht schlechter sein können. Wir waren gerade auf die Soft-Reifen gewechselt, als die Bedingungen schlimmer wurden. Danach ist er auf der nächsten Runde an der gleichen Stelle wie Charles von der Strecke gerutscht. Wir waren bereit für einen Stopp von Valtteri, aber als Lewis eine neue Fahrzeugnase brauchte, waren wir nicht auf ihn vorbereitet und haben dadurch viel Zeit verloren. Trotzdem lagen wir während der nächsten Safety-Car-Phase noch auf den Plätzen zwei und drei. Aber wir waren beim Wechsel auf die Trockenreifen zu vorsichtig und verloren dadurch mit beiden Fahrern Positionen. Zu allem Überfluss musste Lewis auch noch seine Strafe absitzen, was er früher hätte machen sollen, da wir auf diese Weise viele Plätze verloren haben, weil alle Fahrzeuge eng zusammen gelegen haben. Im Nassen drehten sich dann beide Fahrer in der ersten Kurve, was unseren Tag so gut wie beendete. Es war richtig enttäuschend, aber manchmal helfen dir solche Tage, um dich zu verbessern. Deshalb freuen wir uns darauf, schon am kommenden Wochenende in Budapest wieder auf die Strecke zurückzukehren.
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