Die schwarze Seite des Sterns

Praxistest mit Sondermodell “Mercedes-AMG GT Stealth Edition”

Die schwarze Seite des Sterns: Praxistest mit Sondermodell  “Mercedes-AMG GT Stealth Edition”
Erstellt am 18. August 2021

Mercedes hat in den USA eine 530 PS starke Sonderedition seines AMG GT aufgelegt. Doch dessen Namenszusatz Stealth Edition ist alles andere Programm, denn trotz matter Schwarzlackierung fällt man überall auf, wie ein bunter Hund – selbst nachts.

Der Mercedes-AMG GT, mit seinem bulligen Muscle-Car-Charme legitimer Nachfolger des Porsche 928, ist schon ein paar Jahre auf dem Markt. Mittlerweile wurde das Modellprogramm mit der spektakulären Black Series gekrönt, die zu den besten Tourenwagen der Welt gehört. In den USA gibt es neben dem scharfen Rennstreckenmonster eine neue Versuchung – den AMG GT Stealth Edition. Alles im matten schwarz gehalten, dazu Karbondach und fette Räder – natürlich ebenso schwarz wie die Bremszangen. Mit etwas Ausstattung sind für den Mercedes-AMG GT Stealth 137.000 Dollar fällig. Das will auch der weißhaarige Senior wissen, der einen an der Ampelkreuzung nahe des Long Beach Airport auffordert, die Scheibe herunterzufahren: „Tolle Farbe – ist das ein besonderes Modell? Was kostet es?“, fragt der stolze Pilot eines strahlend weißen Tesla Model S. In den USA sieht man Verbrenner und Elektro zumeist lässig nebeneinander und wieso keinen brüllenden Sportwagen die AMG fahren, wenn man auch ein Elektroauto mit Saubermann-Image besitzt?

Durch die jüngste Leistungsspritze leistet der doppelt aufgeladene Achtzylinder unter der endlos langen Motorhaube des Affalterbachers stattliche 390 kW / 530 PS und ein maximales Drehmoment von 670 Nm. Was das auf der Straße bedeutet, kann man an der kalifornischen Küste allein nächtens einmal testen – da kommt einem der Stealth Mode gerade recht – möchte man meinen. Denn bereits an der am/pm-Tankstelle zücken die ersten Fans die Kamera und lichten den 4,54 Meter langen Boliden zahlreich ab. Okay, dass der AMG GT hier in den USA gut ankommt, mag kaum überraschen, aber so langsam sollte man den fast 1,7 Tonnen schweren 911er-Fighter doch kennen. Der fällt auf – und das wohl mehr denn je durch seine Stealth Edition, die scheinbar genau diesen Grund haben sollte. Ganz nebenbei passt der mattschwarze Look für den Boliden prächtig. Zu schaffen machen ihm allein die zerborstenen Straßen und Highways zwischen der finanzstarken Bay-Area und dem Großraum Los Angeles, wo Black Beauty allerdings im Minutentakt neue Freunde findet.

So richtig Spaß hat man mit dem düsteren AMG GT jedoch erst am Abend, wenn sich die Sonne langsam Richtung Pazifiklinie verabschiedet. Dann, bei leicht abkühlenden Temperaturen, kann man in den Canyons seine wahre Freude haben. Allein ist man in den Canyons der Bergregion zwischen Malibu, Calabasas und Thousands Oaks jedoch nicht unterwegs. Nicht wenige Fans japanischer und europäischer Sportwagen geben sich hier ebenso dem Kurvenverlangen hin wie Motorradfahrer, die die abendliche Leere zu schätzen wissen und jeden Kurvenradius zelebrieren wie man dies ebenso mit dem Mercedes AMG GT Stealth tut. Augen und Ohren sollten jedoch nicht ausschließlich auf Fahrbahn, Kurve, Gegenverkehr und etwaige Wildwechsel gerichtet sein, denn die lokalen Ordnungsbehörden kennen die spätabendliche Freizeitbeschäftigung der Motorfans natürlich bestens – und stellen in den Malibu Mountains nur allzu gerne Strafzettel aus.

Hier spielt der AMG seine Stärken aus: einen bärenstarken V8 mit mächtig Dampf von unten heraus und einen Klang, der die Felsen zum Beben bringt. Am besten ist man im Individualprogramm unterwegs – denn die Sportmodi mögen auf eine Rennstrecke passen – hier in den Bergen von Malibu ist die komfortable Abstimmung von Federn und Dämpfern genau das rechte Paket. Auch bei der Lenkung kann man auf mehr Direktheit verzichten – der Komfortmodus passt perfekt und die Gasannahme kann man im Individualmodus gerne nachschärfen. Wie zumeist ist der Fahrer der begrenzende Faktor und nicht das Auto, das im Grenzbereich gerne auch einmal kalkulierbar ausschwänzelt und so die Gefühle des Piloten erwärmt. Klasse: das griffige Alcantara-Steuer und die perfekten Sportsitze, die sich idealerweise auch klimatisieren lassen. So kann man seinen Abend am Pazifik auch ohne Meer genießen und den perfekten Ausblick Richtung Küste gibt es immer wieder, wenn die digitalen Instrumente einmal nicht ausreichen sollten.

Der Kontakt zu Police oder State Trooper bleibt einem an diesem späten Abend erspart und auch als es über den Highway 101 Richtung Süden etwas flotter als tagsüber nach Hollywood geht, sind zwar Officer unterwegs, doch die donnern locker im dreistellige Meilenbereich vorbei. Wenn man nur wollte….. der AMG GT Stealth schafft 195 mph – umgerechnet 310 km/h Spitze. Da sollte sich lieber kein Officer in seinem Dodge Charger drauf einlassen. Doch man sich selbst eben auch nicht auf ihn. Besser ist das in den USA.

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