Der 1963 vorgestellte Mercedes-Benz SL der Baureihe W 113 ist der erste Sportwagen der Welt mit Sicherheitskarosserie. Sie ist so angelegt, dass sich bei einem Aufprall, egal ob von vorne oder von hinten, der jeweilige Bereich verformt und damit die Bewegungsenergie im Aufprallbereich reduziert oder ganz abgebaut wird. Der Innenraum, die eigentliche Fahrgastzelle, ist dagegen als Sicherheitszelle für die Passagiere steif ausgelegt. Auch trägt die Sicherheitskarosserie zum Partnerschutz bei ein erklärtes Entwicklungsziel bei Mercedes-Benz: Sie nimmt auch für einen nicht so gut geschützten Unfallgegner einen Teil der Aufprallenergie auf.
Das Thema Verbesserung der passiven Sicherheit steht schon länger im Raum. Bei Mercedes-Benz treibt es der Ingenieur Béla Barényi voran, der als Vater der Sicherheitskarosserie gilt. Um ihre Wirkungsweise zu prüfen, findet der erste dafür simulierte Unfall am 10. September 1959 in Sindelfingen als Aufpralltest auf ein stehendes Hindernis mit einem Versuchswagen der Baureihe W 110/4 statt. Da ist das erste Fahrzeug nach dem neuen Karosseriekonzept bereits auf dem Markt: die am 1. August 1959 der Presse vorgeführte Baureihe W 111 mit den Sechszylinder-Typen 220, 220 S und 220 SE.
Das Sicherheitskonzept umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, auch im Innenraum
Für den SL der Baureihe W 113 hat das Auswirkungen. Denn dessen Maßkonzept ist im Oktober 1958 festgelegt worden. Zugleich entscheidet man sich für Barényis Sicherheitskarosserie. Damit trennt man sich zudem von der bis dahin verfolgten Vorstellung, dem Mercedes-Benz 190 SL (W 121 I) durch den Einbau des Sechszylindermotors der Limousine vom Typ 220 (W 111) eine stärker motorisierte und kultiviertere Variante zur Seite zu stellen.
Da die Bodengruppe der neuen Mittel- und Oberklassefahrzeuge vom Typ 190 D (W 110) bis zum Typ 300 SE (W 112/3) bereits schon auf dem Prinzip der Sicherheitskarosserie aufbaut, bedient man sich dort ebenfalls für die zur selben Zeit entstehende SL-Baureihe W 113. Barényis Überlegungen sind zwar durch ein Patent ausformuliert, doch sind sie damals noch nicht in dem Maße wie später durch eine dichte Folge von Crashversuchen untermauert und bestätigt. Der geschilderte Unfallversuch mit dem W 110/4 bleibt somit der einzige Test im Jahr 1959. 1960 werden die Versuche erweitert und auch auf Überschlagversuche ausgedehnt. Dabei können die Grundforderungen von möglichst großer Gestaltfestigkeit des Fahrgastraums gegenüber Stoßbelastungen beliebiger Richtung und Verteilung begrenzter Gestaltfestigkeit von Vorbau und Heckpartie zwecks Milderung der Härte der Unfallstöße durch gewollte, energieverzehrende Deformationen in der Praxis bewiesen werden.
Gezieltes Reduzieren von Bewegungsenergie im Aufprallbereich
Mit dem SL der Baureihe W 113 hält das Konzept erstmals Einzug in einen Sportwagen, zusammen mit einem an die Spritzwand zurückgesetzten Lenkgetriebe, einer geknickten und mit einem Gelenk versehenen Lenksäule und einer Prallplatte in der Lenkradmitte und später, ab dem 1966 erscheinenden Typ 250 SL, der Pralltopf. Diese Sicherheitsmerkmale bietet damals weltweit kein anderes Fahrzeug dieser Kategorie. Dasselbe gilt für die entschärften Bedienknöpfe am Armaturenbrett mit seiner gepolsterten Ober- und Unterkante sowie die versenkten Zuggriffe für die Türöffnung.
Mit jeder nachfolgenden SL-Generation wird das Thema Sicherheit dann wiederholt auf ein neues vorbildliches Niveau gehoben. Erneut starke Maßstäbe setzt beispielsweise die Baureihe R 129 (1989 bis 2001) mit ihrem ausgefeilten Sicherheitskonzept für einen offenen Sportwagen, das unter anderem einen Überrollbügel umfasst, der bei einem drohenden Überschlag innerhalb von nur 0,3 Sekunden automatisch hervorschnellt und die Insassen schützt.
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