Mercedes-Maybach S 650 Pullman trifft Mercedes 600

Das Königskind der BRD

Mercedes-Maybach S 650 Pullman trifft Mercedes 600: Das Königskind der BRD
Erstellt am 30. Oktober 2024

Wer meint, mit einem Maybach die exklusivste aller Mercedes S-Klassen zu bewegen, schwebt auf rosa Wolken und irrt sich trotzdem. Das automobile Maß der Dinge – mit und ohne Stern – ist seit über sechs Jahrzehnten die Pullman-Version. In der aktuellen Baureihe W 223 ist das automobile Klimax gar nicht zu bekommen. Grund genug, im sanft gewölbten Außenspiegel einen Blick zurückzuwerfen.

Wer die Bezeichnung „Pullman“ hört, dem kommen luxuriöse Eisenbahnwaggons mit Schlafkabine, griffigen Vorhängen, Kuschelkissen und wohl auch ein Mercedes 600 der Baureihe W100 in den Sinn. Jenes zumeist schwarz lackierte Luxusmodell war viel mehr als eine besonders edle Limousine der Topliga. In den späten 1950er Jahren suchte Mercedes neben der normalen S-Klasse, die diese Bezeichnung seinerzeit noch gar nicht trug, eine Staatslimousine für maximale Repräsentanz. Nach drei Sonderanfertigungen des Typ 300 im Jahre 1960 wurde drei Jahre später offiziell der 600er vorgestellt, ab 1964 produziert und Anfang 1965 gingen zwei gepanzerte Luxusversionen in den Fuhrpark der Bundesregierung über.

Ein Reise- und Repräsentationswagen als bestes Auto der Welt

Die BRD gönnte seinen Staatsgästen von 1965 bis in die frühen 1990er Jahre nur das Beste vom Besten – den legendären Mercedes 600 Pullman der Baureihe W100. „Lange Zeit galt der 600er als wohl bestes Auto der Welt“, blickte bereits vor Jahren Peter Schellhammer zurück, jahrzehntelang bei Mercedes für den 600 zuständig, „insgesamt wurden 2.677 Modelle vom 600er produziert. 428 davon wurden als Pullman und 59 als Landaulet ausgeliefert.“ Die Entwicklung des 600 unter der Leitung von Dr. Ing. Fritz Nallinger dauerte von 1956 bis 1963. Ziel war es einen „großen Reise- und Repräsentationswagen“ zu bauen, der schlicht das beste Auto aller Zeiten werden sollte.

Schwarz und schwer gepanzert

Einzigartig waren dabei die beiden Staatslimousinen der Bundesregierung Deutschland. Schwarz lackiert und schwer gepanzert sind sie bis heute Zeugnis eines aufstrebenden und alles andere als pompösen Bundesrepublik. Der 600 passte so perfekt zur Bundesrepublik wie Villa Hammerschmidt, Bonn als Bundeshauptstadt und den vier Besatzungsmächten. Der damalige Fahrer Wolfgang Wöstendieck und sein Mercedes 600 Pullman mit dem stilechten Kennzeichen S - VC 600 waren für viele Staatsgäste so fest mit Deutschland verbunden wie Helmut Schmidt, Willy Brandt oder Hans-Dietrich Genscher.

4,5-Tonnen schwer 

Denn auch wenn politischen Strömungen über die Jahre Personen und Amtsträger austauschten, Wöstendieck und sein schwarzer 600er standen bei nahezu jedem Besuch zum sicheren Transport parat. Zumeist ging es vom Flughafen Köln-Bonn nach Bonn, ins Villen- und Konsulatsviertel Bad Godesberg oder zum Gästehaus auf dem Petersberg. Wolfgang Wöstendieck hat die Strecken bei seinen insgesamt 116 Staatsbesuchen unzählige Male abgefahren; kannte Bonner Siedlungen und die kurvenreiche Auffahrt zum Petersberg wie die eigenen vier Wände. Zumeist kutschierte es im langsamen Galopp, denn Eskorte, Protokoll und die 4,5 Tonnen Leergewicht gaben dem Tatendrang ein festes Korsett. Spezialreifen und die schwere Panzerung der beiden Staatslimousinen sorgten dafür, dass die an sich grandiosen Limousinen-Fahrleistungen der frühen 60er Jahre bei der Panzerversion zur Nebensache verkamen.

Der Mercedes 600 bekommt zahlreiche Nachfolger 

Über Jahrzehnte gab es basierend auf dem 100er weitere Pullman-Versionen wie den klassischen W126er, einen maximalen W140er oder den eher zurückhaltenden Nachfolger W220. Jeweils auf Basis der jeweiligen Mercedes S-Klasse im XXL-Format für maximalen Luxus und nicht minder großer Außendarstellung ihrer Insassen – oftmals als Panzerversion. Wer in einem Pullman vorfährt, der will nur allzu gerne zeigen, dass er der normalen Welt entrückt ist – zumeist nicht allein automobil. Von der aktuellen Mercedes S-Klasse (W223) existiert derzeit keine Pullman-Version und so war die vergangene Generation des W 222 als Maybach S 650 Pullman die aktuell letzte, die die Insassen mit maximalem Luxus, gigantischen Dimensionen, weichstem Nappa-Interieur und sanft säuselndem V12-Triebwerk verzückte. Der Kunde hat wie schon immer beim Pullman die komplette Freiheit, wie sich der eigene Traumwagen präsentieren soll.

Der Kunde ist König

Ob der Innenraum mit Leder in Nappa oder Semi-Anilin in Farbtönen wie Amaretto, Porzellan, Seiden-Beige, Corteccia oder Mahagoni ausgeschlagen ist wird im Center of Exzellence in Sindelfingen oder direkt beim Kunden ebenso in persönlichen Gesprächen festgelegt wie die Wahl der stimmigen Hölzer oder die Koloration der Diskretion spendenden Trennscheibe. Walnuss, Pianolack, offenporige Esche oder doch lieber Hochglanz für das verwöhnte Auge? Die Grenzen des Machbaren sind fließend und verschwimmen irgendwo in der Nähe des technischen Horizonts und abseits aller Preislisten. Was aus den exklusiv gestalteten Sindelfinger Schubladen mit Material- und Farbproben nicht herauszuholen ist, wird kurzerhand von Hand als Einzelanfertigung kreiert. Wenn der Kunde eigene Farbmuster beibringt, Familienwappen in Leder, Lack oder Hölzer eingearbeitet sehen will oder einen Mehrtonlack wünscht, dann wird den Wünschen weit jenseits der 500.000-Euro-Liga nur allzu gerne nachgekommen.

V12 muss schon sein

Einen Pullman von der Stange hat es noch nie gegeben. Da macht der Mercedes Maybach S 650 Pullman der Generation W222 keinerlei Ausnahme. 6,52 Meter Länge bieten allerhand Raum, jeden noch so ungewöhnlichen Wunsch automobile Realität werden zu lassen. Dass ein solches Luxusmodell einige Monate an Planung und Produktion in Handarbeit benötigt, versteht sich und entspricht dem, was man von ähnlichen Luxusmodellen von Bentley oder Rolls-Royce kennt. Die drei Tonnen Leergewicht der Über-S-Klasse spürt der Chauffeur, der in den Spuren von Wolfgang Wöstendieck wandelt, wohl eher durch den gewaltigen Radstand von 4,42 Metern, denn der aufgeladene V12-Turbo mit sechs Litern Hubraum und 453 kW / 630 PS und 1.000 Nm maximalen Drehmoment säuselt so leise wie ein Elektromodell modernster Bauart und verzückt auf Wunsch mit ähnlichem Schub.

Wohlfühlatmosphäre im Innenraum

Auf Wunsch ist das Schlachtschiff 210 km/h schnell und selbst maximale Autobahntempi werden die Insassen in dem rollenden Ein-Zimmer-Apartment durch eine Orgie an Dämmmaterial kaum merken. Dass sich die Sitze klimatisieren und als Liegeareal elektrisch justieren lassen, versteht sich ebenso von selbst wie auf Knopfdruck bedienbare Fondtüren, die im Alltag jedoch ohnehin zumeist das Personal öffnen dürfte, nachdem man die Massage genossen und sein Haupt auf weichen Lederkissen ausgeruht hat. Auf Wunsch finden im Pullman-Fond sogar vier Personen Platz, denn auf Knopfdruck fahren zwei in Gegenrichtung zwei belederte Notsitze – zumeist genutzt für Protokollbedienstete oder Personenschützer – aus.

Die Eleganz ist geblieben

Wer dem 100er-Urahn gleich nebenan auf seine schwarze Karosse mit seinen grandiosen Chromelementen blickt, der sieht bei aller Aerodynamik, geänderten Proportionen und dem ungewöhnlich hellen Lack des W222 viele Gemeinsamkeiten. Die größte: die Eleganz, der nicht allein durch die nicht enden wollende Länge Nachdruck verliehen wird. Auch der 600er-Pullman von einst war nichts für jedermann – so zahlungskräftig er auch sein mochte. Besonders beliebt waren dabei jene Langversionen, die mit vier und sechs Türen zu bekommen waren. Erlauchte Gäste genossen nicht wie heute den visuellen Schutz abgedunkelter Scheiben, sondern schützten sich mit grauen Vorhängen vor neugierigen Blicken. Heute fahren jene Gardinen auf Knopfdruck in Sekunden auf und zu. Doch seinerzeit bliebt der Sichtschutz oftmals fein säuberlich gefaltet und man genoss auf beiden Seiten der Scheiben Ein- und Ausblick. Um sich für Fotografen und neugierige Blicke besonders vorteilhaft in Szene zu setzen, waren nicht nur die beiden Staatslimousinen mit orangefarbenen Leuchten im Dachhimmel ausgerüstet, die ein besonders warmes Licht abstrahlten. Heute erledigt das – wenn überhaupt gewünscht – die Ambientebeleuchtung oder der Maskenbildner des Vertrauens.

Die Preise damals und heute

Zum Marktstart im Jahre 1964 kostete der Einstieg in die Welt der Schönen und Reichen mindestens 56.000 Deutsche Mark; die Langversion lag bei mindestens 63.500 Mark. Auch seinerzeit sorgten Sonderwünsche wie Armlehnen, Radio, Plattenspieler, Humidor oder ein Elektrorasierer in der Mittelkonsole für nennenswerte Teuerungen, während der Preis eines ungepanzerten Maybach S 650 Pullman der aktuellen Generation bei über 700.000 Euro begann und wohl nur der Himmel ist das Limit. Damals wie heute. Gut, dass das Dach um ein paar Zentimeter angehoben wurde.

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