Nach der kurzen Winterpause und den ebenso kurzen Testfahrten wird es am kommenden Wochenende nun Ernst. Beim Saisonauftakt der Formel 1 WM in Bahrain wird sich zeigen, was die spärlichen Erkenntnisse der Testfahrten wert sind. Dort schwächelte vor allem das siegverwöhnte Mercedes-Team. Alles nur Bluff oder hat man durch die Regeländerungen wirklich Probleme?
Mercedes mit Schwierigkeiten beim Test
Zum ersten Mal seit vielen Jahren geht das Mercedes-AMG Petronas F1 Team nicht als haushoher Favorit in eine neue Saison. Trotz der vergleichsweise kleinen Regelanpassungen in dieser Saison vor allem in aerodynamischer Hinsicht scheint die Truppe aus Brackley größere Probleme mit ihrem neuen W12 zu haben. Nachdem bei den Testfahrten zunächst durch technische Probleme viel Zeit verloren ging, kämpfte vor allem Champion Lewis Hamilton, der dazu noch erklärtermaßen kein Fan von Testfahrten ist, sichtbar mit großen Handlingsproblemen. Mehrere Dreher und viele heikle Situationen sind beim sonst wie auf Schienen fahrenden Mercedes-Boliden ein deutliches Warnsignal. Die relativ langsamen Zeiten hingegen lassen keinerlei Rückschluss auf die wahre Performance des Autos zu, da niemand weiß, wie schwer man unterwegs war. Fest steht allerdings, dass diese Saison wohl kein Selbstläufer werden wird.
Foto: Mercedes-Benz
Red Bull erster Verfolger
Daran könnten auch die immer stärker werdenden Red Bull Schuld sein. Diese zeigten sich bei den Testfahrten bärenstark. In den Onboard-Aufnahmen war zu erkennen, dass der Rennwagen wie einst der Mercedes unglaublich stabil liegt. Dazu kommt, dass Max Verstappen mit Sergio Perez endlich einen gleichwertigen Teamkollegen hat, der ihn zu weiteren Höchstleistungen pushen kann.
Vettel mit Mercedes-Power
Diese möchte auch der viermalige Weltmeister Sebastian Vettel endlich wieder erbringen. Allerdings verlief sein Wechsel zum Team Aston Martin - und damit erstmals zu Mercedes-Motoren - keineswegs reibungslos. Bei den Testfahrten konnte Vettel meist nur zuschauen, weil seinen Boliden ein Problem nach dem anderen ereilte. Übrigens auch mit der Mercedes-Technik. Daher benötigt Vettel sicher noch ein bis zwei Rennen, um sich im Auto wirklich wohl zu fühlen. Von Teamkollege Lance Stroll sind keine Großtaten zu erwarten.
Foto: Aston Martin F1
McLaren Mercedes als Geheimfavorit?
Diese könnte man eher vom Team McLaren erwarten. Dieses Jahr auch endlich wieder mit Mercedes-Power unterwegs, erlebte das vom Deutschen Andreas Seidel geführte Traditionsteam einen blitzsauberen, problemlosen Test. Mit dem ultraschnellen Jungspund Lando Norris und dem erfahrenen Neuzugang Daniel Ricciardo hat McLaren auch eine der stärksten Fahrerpaarungen. Achtung: Geheimfavorit!
Foto: McLaren
Ferrari wird sich berappeln
Für das in letzter Zeit so gebeutelte Ferrari-Team kann man nur hoffen, dass der neue Motor nicht nur stärker ist, sondern auch haltbar. Dann sind Charles Leclerc und dem von McLaren gewechselten Spanier Carlos Sainz durchaus wieder Podestplätze zuzutrauen. Dass Ferrari weiter so hinterherfährt, ist kaum vorstellbar und täte der gesamten Formel 1 auch auf Dauer nicht gut.
Altmeister Alonso im bildschönen Alpine
Sehr interessant ist das Comeback vom zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso bei Alpine. Der charismatische Spanier, der kurz vor der Saison noch einen Fahrradunfall zu verkraften hatte, sah bei den Testfahrten stark aus. Um Siege wird er aber im umgelabelten Renault wohl nicht fahren können. Wenn er aber seinen hoch talentierten Teamkollegen Esteban Ocon in Schach halten könnte, wäre das schon ein großer Erfolg für den 40-Jährigen.
Foto: Alpine
Schumacher ohne Chance auf vordere Plätze
Die drei "Hinterbänkler" Alpha Tauri, Sauber und Haas werden die letzten Positionen unter sich ausfechten. Das gilt leider auch für Debütant Mick Schumacher, der im Haas keine Bäume ausreißen wird. Das liegt zum einen daran, dass man bei Haas dem 2021er Auto kaum Beachtung schenkt, sondern sich voll auf das neue Auto für die nächste Saison konzentriert. Zudem hat Schumacher mit Nikita Mazepin auch einen weiteren Debütanten als Teamkollegen, von der er nichts lernen kann. So gilt es für Mick, möglichst viel Erfahrungen zu sammeln und nicht zu schlecht auszusehen, denn der Erwartungsdruck durch die Medien ist riesig.
Foto: Haas
Hinterbänkler mit Außenseiterchancen
Alpha Tauri und Sauber hingegen machten bei den Testfahrten mit schnellen Zeiten auf sich aufmerksam. Vor allem Altmeister Kimi Räikkönen bei Sauber und der jungen Yuki Tsunoda im Red-Bull-Schwesterauto schienen blendend aufgelegt. Wieviel von dieser Pracht beim ersten Rennen übrig bleibt, wird das Wochenende zeigen.
Spannend wird aber der Kampf um die Spitze. Hat Mercedes nur geblufft oder tatsächlich Schwierigleiten? Mercedes-Teamchef Toto Wolff gibt Probleme offen zu:
"Es fühlt sich so an, als ob wir in der jüngeren Vergangenheit jede Menge Zeit in Bahrain verbracht haben und das mit gemischten Gefühlen. Alles in allem waren es drei schwierige Testtage für uns. Der W12 war nicht so stabil und berechenbar und lag nicht so gut wie die Autos einiger unserer Konkurrenten. Red Bull sah sowohl auf längeren als auch auf kürzeren Versuchen stark aus, aber bei Testfahrten gilt natürlich immer, dass man die wahre Performance nicht genau kennt.
Fest steht jedoch, dass wir nun unsere Reaktionsfähigkeit unter Beweis stellen müssen. Sobald der dritte Testtag zu Ende war, haben wir unsere Köpfe zusammengesteckt und damit begonnen, darüber nachzudenken, wie wir in wenigen Tagen stärker nach Bahrain zurückkehren können.
Obwohl die Autos einige Teile mit ihren Vorgängern gemeinsam haben, gab es dennoch erhebliche Regeländerungen, die wir interpretieren und bewältigen mussten. Gleichzeitig mussten wir unsere Arbeitsweise als Reaktion auf die Budgetobergrenze anpassen. Aber wie wir aus der Vergangenheit wissen, lernen wir aus den schwierigen Momenten am meisten.
Die größte Stärke unseres Teams sind unsere Leute und unsere Werte und ich weiß, dass wir uns nach einem harten Test gestärkt zurückmelden können. Jetzt freue ich mich darauf, diese spannende, neue Saison in Angriff zu nehmen und zu sehen, welche Fortschritte wir erzielen können und wie wir uns in Bahrain schlagen werden."
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