Er ist wieder zurück: Lewis Hamilton konnte in Montreal mit einer starken Leistung auf das Podest fahren. Der siebenmalige Weltmeister freute sich darüber fast mehr als über seine zahllosen Siege, denn erwartet hatte dies im Moment niemand. George Russell kam knapp dahinter auf Rang vier ins Ziel.
Nach dem Rennen in Baku, als Lewis Hamilton wegen starker Rückenschmerzen kaum noch aus seinem Hoppel-Silberpfeil kam und das Auto von der Performance her weiter entfernt denn je zu sein schien, hatte kaum jemand auf eine Auferstehung nur eine Woche später auf dem durchaus ähnlichen Kurs in Montreal geglaubt.
In den Trainingssessions schien sich die Befürchtung zu bewahrheiten. Hamilton sprach von einem unfahrbaren Auto und davon, dass man machen könne, was man wolle, ohne dass eine Besserung spürbar war. Angesichts dieser erstaunlich offenen Kritik am Auto schrillten bei allen Verantwortlichen die Alarmglocken.
Qualifying: Regen half Hamilton
Am Samstag regnete es wie aus Kübeln und damit änderte sich anscheinend die Lage schlagartig. Plötzlich war Hamilton und auch Russell auf Top-Niveau. Das Qualifying begann unter klaren Wet-Bedingungen, bevor eine Handvoll Fahrer zu Beginn von Q2 auf Intermediates wechselte und auf abtrocknender Strecke erheblich schnellere Rundenzeiten erzielen konnte. Nach einer Unterbrechung durch eine rote Flagge in Folge eines Abflugs von Sergio Perez zog der Rest des Feldes beim Neustart nach und die Rundenzeiten begannen zu purzeln. George und Lewis schafften beide problemlos den Einzug ins Q3 und fuhren in ihrem ersten Run auf dem Intermediate-Reifen konkurrenzfähige Zeiten.
Russels Wagemut wird nicht belohnt
Hamilton entschied sich vor seinem zweiten Run für frische Intermediates, während Russell einen mutigen Wechsel auf Soft-Reifen wagte, um in den Kampf um die Pole einzugreifen. Während Lewis seine Zeit mit einer starken Runde verbesserte, die für P4 reichte, zahlte sich das Risiko für George nicht aus. Er rutschte in Kurve 1, dem feuchtesten Teil der Strecke, neben die Bahn und erhielt so keine Chance, die trockene Linie auszuprobieren, die sich um den Rest der Strecke gebildet hatte.
Bedingungen geschickt genutzt
Am Rennsonntag herrschten wieder trockenes, sonniges Wetter. Lewis Hamilton konnte seinen Startplatz vier in der ersten Rennphase behaupten. Dabei hatte er das Glück, dass er bei einer Berührung mit Magnussen auf der Startrunde keinen Schaden an seinem Auto davontrug. Eine VSC-Phase in Runde 9 eröffnete dem Team eine Gelegenheit: Lewis entschied sich anders als Alonso vor ihm und kam für einen Wechsel auf frische Reifen an die Box. Damit nutzte er die Chance aus, weniger Zeit beim Boxenstopp zu verlieren. Eine zweite VSC-Phase in Runde 20 bot auch Russell die Gelegenheit, einen begünstigten Stopp einzulegen. Danach kam er erneut hinter Lewis auf P5 aus der Box heraus, hatte jedoch einen frischen Satz harter Reifen auf dem Auto.
Enger Kampf nach dem Safety Car
Danach überholten sowohl Lewis und Sainz als auch George Alonso, zur Rennmitte lagen die beiden Silberpfeile damit auf den Plätzen drei und vier. Lewis kam in Runde 44 erneut an die Box, George tat es ihm einen Umlauf später gleich. Eine Safety-Car-Phase sorgte kurz darauf dafür, dass das Feld wieder zusammengeführt wurde. Es folgte ein 15-Runden-Sprint bis ins Ziel, bei dem George einen Blick auf den herannahenden Leclerc richtete, der von P19 gestartet war und sich bis auf P7 vorgearbeitet hatte. Das Mercedes-Duo zeigte eine beeindruckende Pace, um die Positionen zu halten und belegte zum zweiten Mal in Folge die Plätze drei und vier. Dabei konnte man auch den von hinten durch das Feld stürmenden Ferrari von Charles Leclerc locker in Schach halten und verlor auch auf die Spitze nur wenige Sekunden. Die Rennpace scheint plötzlich deutlich verbessert. Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend auch in den nächsten Rennen fortsetzt.
Lewis Hamilton
Es ist ehrlich gesagt überwältigend, diesen dritten Platz zu erreichen. Es war dieses Jahr bisher ein harter Kampf mit dem Auto für unser Team, aber wir bleiben wachsam, fokussiert und geben niemals auf. Darauf bin ich sehr stolz, und meine Crew inspiriert mich nach wie vor. Vielen Dank an alle hier in Montreal und in der Fabrik. Die Jungs an der Spitze sind im Moment ein bisschen zu schnell für uns, ich habe alles gegeben, aber wir kommen ihnen immer näher. Wir müssen einfach weiter pushen und immer weiter pushen und dann können wir hoffentlich irgendwann mit diesen Jungs mithalten. Dank des Safety Cars konnte ich sie am Ende gerade noch sehen! Ehrlich gesagt war unsere Pace ziemlich gut, vor allem in der zweiten Phase des Stints. Wir haben viel Arbeit geleistet, sowohl im Simulator als auch hier, um die richtige Abstimmung zu finden. Ehrlich gesagt, bin ich begeistert. Wie gesagt, das habe ich vor dem Wochenende so nicht erwartet. Das ist mein zweiter Podestplatz in diesem Jahr, und es war wirklich etwas Besonderes. Vor allem, weil ich hier meinen ersten Grand-Prix-Sieg errungen habe! Ich liebe Montreal, also ein großes Dankeschön an alle Kanadier!
George Russell
Ich hatte volles Vertrauen, dass wir in der Lage sein würden, einen Weg an den beiden Haas und den beiden Alpine vorbei zu finden. Wir waren durchaus besorgt, dass Leclerc und Checo vorbeikommen könnten, und wir hatten das Glück, sie hinter uns zu halten. Letztendlich war unsere Rennpace näher an Ferrari und Red Bull dran als in der gesamten bisherigen Saison, aber wir hatten Performance-Probleme und sie nicht. Im Nachhinein ist alles einfacher, und ich wäre wahrscheinlich lieber beim ersten VSC an die Box gekommen, aber ich glaube nicht, dass es etwas an meinem Endergebnis geändert hätte. Die Pace war im ersten Stint sehr stark, im zweiten Stint war sie stark, und im letzten Stint nach dem Restart, ich weiß nicht warum, aber da konnte ich meine Reifen einfach nicht zum Arbeiten bringen. Es war also ein bisschen schade, dass ich dadurch etwas zurückgefallen bin und nicht im Kampf vor mir dabei war. Trotzdem nehmen wir Platz vier und eine gute Punkteausbeute für das Team mit, und es ist toll für Mercedes, dass das Team wieder auf dem Podium gestanden hat.
Toto Wolff
Montreal war schon immer ein gutes Pflaster für Lewis, und heute war er wirklich gut, mit einem Auto, das sehr schwierig war. Damit können wir zufrieden sein. Die Rennpace war gut, vor allem als die Reifen abzubauen begannen. Wir kamen Max und Carlos tatsächlich näher, und das war schön zu sehen. Nachdem er gestern ein großes Risiko eingegangen war, das ihn in der Startaufstellung nach hinten warf, überholte George am Start geschickt und zeigte dann eine gute Pace, um das Ergebnis hinter Lewis ins Ziel zu bringen. Die letzten beiden Wochenenden haben den kollektiven Geist des Teams gezeigt, um eine solide Punkteausbeute zu erzielen, auch wenn uns noch die Pace fehlt, um die Jungs an der Spitze zu fordern.
Andrew Shovlin
Es ist ein gutes Ergebnis für das Team, erneut die Plätze drei und vier erreicht zu haben, und es ist ermutigend, dass die Pace etwas besser als in Baku aussah. Beide Fahrer sind ein gutes Rennen gefahren. Lewis fuhr sehr solide auf das Podium. Wir hatten nicht ganz die Pace von Max oder Carlos, aber die meiste Zeit fühlte es sich so an, als fehlten uns nur zwei oder drei Zehntel, was uns alle anspornen wird, weiter daran zu arbeiten, diese Lücke zu schließen. George hat uns mit seiner Fähigkeit überrascht, im ersten Stint Autos zu überholen. Wir hatten uns im Qualifying für einen großen Flügel an seinem Auto entschieden, um zu sehen, was wir bei den nassen Bedingungen gestern erreichen konnten, aber wir hatten erwartet, dass dies im Rennen einen Nachteil darstellen würde. Er konnte dies jedoch dazu nutzen, um in den Kurven zu attackieren, und kämpfte sich bis auf Platz vier durch das Feld nach vorne. Es ist wirklich schwer zu wissen, was man mit diesem Auto auf jeder Strecke erwarten kann, aber wir haben heute auf jeden Fall das Maximum herausgeholt und wieder ein bisschen mehr über das Auto gelernt. Das Team in Brackley und Brixworth wird weiter hart arbeiten. Es gibt viel am Auto zu verbessern, aber das lässt sich in Potenzial umsetzen, und das heutige Rennen hat uns noch mehr ermutigt, weiter zu pushen, um die Lücke zu schließen.
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