Die Formel 1-Saison 2016 geht am kommenden Wochenende beim Großen Preis von Bahrain auf dem Bahrain International Circuit in ihre zweite Runde.
Werden die Silberpfeile ihre gute Performance bestätigen können? Holt Lewis Hamilton zum Gegenschag aus? Steht Nico nach dem Auftaktsieg noch stärker unter Druck? Können die Ferrari noch mehr zulegen? Wie beknackt ist das Qualifying wirklich? Fragen, die die Motorsportwelt vor dem zweiten Lauf in Bahrain beschäftigen. Nur einen wird das alles relativ kalt lassen: McLaren-Honda-Pilot Fernando Alonso muss nach seinem Horror-Crash auf ärztliche Anordnung noch eine Runde aussetzen. Mensch, ärgere Dich nicht!
Lewis Hamilton zum stetig wechselnden Formel 1-Regelwerk und-Prozedere: "Es ist nicht die Aufgabe der Fahrer!"
Ich bin begeistert, wenn ich an weitere Rennen wie Melbourne denke. Es wird Rennen geben, bei denen wir ein paar Sekunden vor Ferrari liegen, welche bei denen wir Rad an Rad kämpfen und welche bei denen sie vielleicht vorne sind. Wir wissen es einfach nicht – und genau das ist so aufregend. Ich habe ein gutes Gefühl bei meiner Pace. Ich war zuletzt das gesamte Wochenende bis zum Start vorne. Das stimmt mich zuversichtlich für Bahrain. Die letzten beiden Rennen dort waren unterhaltsam. Mehr davon wäre großartig! Es wurde viel über die Regeln geredet und ob die Fahrer mehr in die Entscheidungsfindung eingebunden werden sollten. Es ist nicht unsere Aufgabe, Ideen zu entwickeln, und wir haben ohnehin alle eine unterschiedliche Meinung. Ich selbst denke, dass wir mehr mechanischen Grip und weniger aerodynamische Wirbel am Heck des Autos brauchen, damit wir näher heranfahren und überholen können. Wenn wir nur fünf Sekunden schneller werden, wird sich nichts ändern – wir fahren einfach nur schneller. Ich spreche hier als jemand, der diesen Sport und das Racing liebt. Ich kenne jedoch nicht alle Antworten. Ich weiß aber, dass die Änderungen, die wir vornehmen, nicht für besseres Racing sorgen werden.
Nico Rosberg zum "Bordfunk": "Es ein guter Weg, den Fahrern mehr Verantwortung zu geben!"
Wir haben uns erneut gesteigert und haben ein fantastisches Auto. Aber Ferrari war in Melbourne das gesamte Wochenende ein ernstzunehmender Gegner und es ist klar, dass uns ein harter Kampf erwartet. Deshalb müssen wir weiter hart pushen. Die neuen Funkregeln sorgen für eine große Herausforderung. Es ist hart und aus meiner Sicht ist es ein guter Weg, den Fahrern mehr Verantwortung zu geben. Wichtig ist aber, was die Fans sehen wollen – auf sie müssen wir hören. Jetzt geht es nach Bahrain. Diese Strecke scheint immer für Action zu sorgen! Ich hatte dort in den vergangenen beiden Jahren tolle Duelle mit Lewis, aber auch mit den Ferraris. Damit rechne ich erneut und freue mich sehr darauf. Es war super, das erste Rennen zu gewinnen. Aber das Ziel ist, bei jedem Schritt in dieser Saison ganz oben zu stehen – weiter geht es an diesem Wochenende. Noch liegt ein langer Weg vor uns...
Toto Wolff, Mercedes-Benz Motorsportchef zum neuen Qualifying-Modus: "Die Teams hatten am Sonntag in Melbourne eine einstimmige Meinung dazu und diese fiel nicht positiv aus."
Hinter uns liegt ein ordentlicher Saisonstart. Aber obwohl wir in Melbourne einen gesunden Vorsprung hatten, war es eng genug, dass uns die schlechten Starts leicht das Rennen hätten kosten können. Die Strecke in Bahrain sollte Ferrari liegen. Deshalb erwarten wir an diesem Wochenende engere Abstände und einen sehr engen Kampf. Nach dem erfolgreichen Debüt der neuen Reifenregeln beim letzten Rennen rechnen wir auch während diesem Rennen mit einem interessanten Strategieduell. Es gibt also viel, auf das wir uns freuen können. Nach einem wenig beeindruckenden Einstand in Melbourne sehen wir an diesem Wochenende erneut das neue Qualifying-System im Einsatz. Die Teams hatten am Sonntag in Melbourne eine einstimmige Meinung dazu und diese fiel nicht positiv aus. Wir haben mit dieser Änderung nicht das richtige Format gefunden und es ist schwer, daran zu glauben, dass es für die Fans an diesem Wochenende in Bahrain unterhaltsamer sein soll. Unser Sport steht diesbezüglich unter Beobachtung. Deshalb müssen wir genau nachdenken, um koordinierte, intelligente Schritte aus dieser Situation heraus zu machen. Die Fans wünschen sich enges Racing, einen Modus, den sie verstehen, sowie Duelle zwischen den besten Fahrern und Autos der Welt – und zwar in dieser Reihenfolge. Das sollten wir den Menschen auf den Tribünen und in aller Welt liefern.
Paddy Lowe, Executive Director (Technical): "Wir könnten also ein paar Überraschungen erleben."
Die Strecke in Bahrain ist ganz anders als jene in Melbourne. Entsprechend wird es interessant sein, zu sehen, wie wir uns dort schlagen. Von einem kann man normalerweise ausgehen – dass es trocken bleiben wird. Anders als am verregneten Wochenende in Melbourne werden wir diesmal viel Zeit auf der Strecke haben. Aufgrund der Startzeiten am Abend finden das Qualifying und das Rennen bei viel kühleren Temperaturen statt als das erste und das dritte Training am Nachmittag. Dadurch fallen diese nicht ganz repräsentativ aus. Dies macht die Reifenwahl möglicherweise zu einem noch größeren Faktor. Wir wissen bereits, dass es einen Unterschied bei der Reifenwahl unserer Konkurrenten gibt. Wir könnten also ein paar Überraschungen erleben. Ein positives Ergebnis in Melbourne war, dass die neuen Reifenregeln mit unterschiedlichen Strategievarianten so gut funktioniert haben. Hier erwarten wir mehr davon. Wir haben bei beiden Dämmerungsrennen in Bahrain bislang enge Kämpfe erlebt und freuen uns darauf, den Fans hoffentlich auch in diesem Jahr einen spektakulären Abend zu bescheren.
Feature der Woche: Die Reifenwahl 2016 erklärt
Als die geänderten Regeln für die Reifenwahl an den Rennwochenenden 2016 bekannt gegeben wurden, sorgte das bei einigen Experten und Fans für rauchende Köpfe. Sie fragten sich: Wie funktioniert das neue System genau? Nach dem Auftaktrennen dieses Jahres in Melbourne stehen zwei Dinge fest. Erstens: Diese Neuerung ist bei Weitem nicht so komplex, wie sie auf dem Papier erscheint, und zweitens: Sie funktioniert...
Warum führt eine dritte Reifenmischung zu mehr strategischer Abwechslung?
Es ist simple Mathematik. Wenn einem drei Ziffern zur Auswahl stehen, kann man diese in mehr verschiedenen Kombinationen arrangieren, als wenn es nur deren zwei wären. Ebenso eröffnen drei verfügbare Reifenmischungen pro Team und Rennwochenende zwei oder drei zusätzliche, durchführbare Strategieoptionen.
Hatte die Verfügbarkeit einer dritten Reifenmischung einen Einfluss auf das Rennen in Melbourne?
Beim Großen Preis von Australien 2015 wurde jeder Fahrer zu einer Ein-Stopp-Strategie gedrängt – er startete auf dem weichen Reifen und kam auf dem Medium ins Ziel. Hätten 2016 erneut die gleichen Reifen zur Wahl gestanden, wäre es wahrscheinlich genauso gekommen. In diesem Jahr war es jedoch anders. Die Teams hatten den Spielraum, zwei oder drei verschiedene Strategien einzusetzen, die gegen Ende des Rennens zu einer ungefähr ähnlichen Lösung führen konnten. Das führte zu einer interessanten und unvorhersehbaren Mischung aus ein und zwei Stopps. Selbst ohne die rote Flagge wäre es ein sehr unterhaltsames Rennen geworden.
Wie hat sich das auf das Racing ausgewirkt?
In Melbourne sahen wir mehr Überholmanöver als in den vergangenen Jahren – 40 Manöver im Vergleich zu 13 in der Saison 2015. Ein nicht zu vernachlässigender Anteil daran liegt am neuen Reifenreglement. Auf anderen Strecken, auf denen es schwierig ist, zu überholen, etwa in Barcelona, Monaco, Budapest oder Silverstone, wird die Position auf der Strecke wahrscheinlich wieder einen kleineren Faktor einnehmen. Der Unterschied zwischen den drei Mischungen kann nun für Überholmöglichkeiten sorgen.
War Melbourne eine Ausnahme oder wird sich der Trend auch auf anderen Strecken fortsetzen?
Es gibt bereits Anzeichen, dass auch beim nächsten Rennen in Bahrain mehr Strategie-Optionen zur Auswahl stehen werden. Für China sieht es sogar noch spannender aus. Es wird für spannende Rennen sorgen, wo eine Strategie ursprünglich besser als die andere aussah. Aber dann könnte es sich umkehren. Dabei ist es nicht entscheidend, ob mehrere Autos sich für einen, zwei oder drei Stopps entscheiden. Die Abwechslung und Spannung entsteht dadurch, dass abweichende Strategien nun absolut mögliche, potentiell siegreiche Optionen sind. Das führt zu mehr Überholmanövern und mehr Unbekannten gegen Rennende.
Natürlich besteht ein schmaler Grat zwischen interessanten strategischen Unterschieden und Chaos. Wenn die Teams bei jedem Rennen freie Wahl aus allen Mischungen hätten, könnte jemand die Hackordnung komplett durcheinander bringen. Das aktuelle Konzept scheint die richtige Balance zwischen einem spannenden und nachvollziehbaren Rennverlauf gefunden zu haben.
Was machen die Teams aus der Änderung?
Pirelli hat eine Palette an Reifenmischungen produziert, die für Spannung sorgt, wenn sie richtig eingesetzt und gefördert werden. Die Welt wünscht sich, dass Fahrer und Teams unterschiedliche Dinge ausprobieren und genau das erlauben ihnen diese Regeln. Die Reifen sind jetzt schon vor einem Rennwochenende ein positives Gesprächsthema. So hat die unterschiedliche Wahl der Reifenmischungen zwischen den Silberpfeilen und Ferrari schon vor Bahrain für viel Aufsehen gesorgt. Zudem wird durch die weicheren Mischungen bereits zu einem Großteil das Ziel erreicht, die Autos schneller zu machen. Im Qualifying werden die Rundenzeiten jetzt nah an den Rundenrekorden liegen – so wie wir es schon in Melbourne gesehen haben. Die aktuellen Autos bewegen sich bei der Chassis- und Motor-Performance auf historisch hohem Niveau – und das wird jetzt in starke Rundenzeiten umgesetzt.
Gibt es noch Verbesserungsspielraum?
Erwartungsgemäß gibt es ein paar Anfangsschwierigkeiten. Zum Beispiel mussten die Teams ihre Reifenwahl unter einem anderen Qualifying-Reglement bekannt geben, als es jetzt Gültigkeit hat. Aber dies ist nur eine unwesentliche Beanstandung. Die neuen Reifenregeln hatten wohl den größten Einfluss aller Änderungen in jüngster Vergangenheit. Ein Großteil der Beobachter scheint von diesem Einfluss eher begeistert zu sein – und so soll es noch lange bleiben.
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