Bei Mercedes ist die Freude über den Doppel-Titel in der Formel E Weltmeisterschaft natürlich groß. Schon im zweiten Jahr als Werksteam konnte man alle anderen vertretenen Hersteller - darunter die Dauerkonkurrenten Audi und BMW sowie Branchengrößen wie Porsche, Renault/Nissan und Jaguar, in beiden Wertungen schlagen. Aber schon vor dem letzten Rennen und der Titelentscheidung machten Meldungen die Runde, dass man im Hause Mercedes bereits die Entscheidung über einen Verbleib in der Meisterschaft über 2022 hinaus getroffen hätte. Und diese soll nicht positiv ausgefallen sein!
Mehrere Medien meldeten am Sonntag früh, dass die Werksmannschaft dem Vorbild von BMW und Audi folgen will und die WM verlassen wird. Während die beiden deutschen Mitbewerber bereits am Sonntag in Berlin ihr letztes Rennen gefahren sind, soll der Ausstieg von Mercedes nach der Saison 2022 erfolgen, wenn neue Autos in der Formel E eingeführt werden. Dass die Entscheidung noch nicht verkündet wurde, liegt am spannenden Finale in Berlin. Man wollte angeblich die Mannschaft nicht verunsichern.
Was ist mit "Electric first"?
Angesichts des gerade verkündeten Kurses "Electric first", bei dem der Daimler-Konzern seine "Transformation zu CO2-neutraler Mobilität" weiter massiv vorantreiben möchte, macht dieses Szenario allerdings überhaupt keinen Sinn. Die Formel E symbolisiert in ganzer Linie den Zeitenwandel hin zu elektrischer Mobilität und die Erfolge hier sind ein unschätzbares Marketinginstrument. Das Signal, sich gerade hier zurückzuziehen, widerspricht sämtlichen Strategien, die momentan sonst aus dem Konzern zu hören sind. Da ist der Daimler allerdings nicht alleine. Auch Audis Abschied hat bei vielen - übrigens auch im VW-Konzern - für hochgezogene Augenbrauen gesorgt. Volkswagen will ja seit einigen Jahren mit Macht DER Vorreiter in Sachen Elektromobilität werden und richtet alles auf batterieelektrisches Fahren aus. Dass nun die VW-Tochter Audi den Stecker aus der vollelektrischen Formel E zieht, um mit einem Hybrid-Fahrzeug (mit bösem Verbrennungsmotor als Stromlieferant) an der Rallye Dakar teilzunehmen, dürfte den Konzernbossen um Herbert Diess überhaupt nicht schmecken und wirft genauso Fragen auf wie ein eventueller Abschied von Mercedes aus der Formel E. Dass BMW absonderliche Motorsport-Entscheidungen trifft, ist hingegen nichts Neues und dürfte niemanden verwundern.
Ein falsches Zeichen zur richtigen Zeit?
Andererseits könnte für die Stuttgarter das Timing durch die beiden WM-Titel nun genau passen. Mercedes hat bewiesen, dass man gegen extrem harte Gegner auf Werksniveau bereits im zweiten Jahr die Meisterschaften holen kann. Dazu hat man sich den ersten offiziellen WM-Titel der Formel E gesichert, die erst ab dieser Saison als Weltmeisterschaft der FIA firmiert, und sich somit in die Geschichtsbücher ganz vorn eingetragen. Aus sportlicher Sicht kann man hier nicht mehr erreichen, was einen Ausstieg begründen würde. Nur ist ein Engagement in der Formel E keinesfalls nur eine sportliche Geschichte, sondern stets auch ein weltweit beachtetes Statement für Elektromobilität. Oder halt auch dagegen....
Was würde aus dem Team und den Fahrern werden?
Es bleibt noch abzuwarten, ob die Gerüchte stimmen. Dagegen spricht auch die Tatsache, dass man schon vor einiger Zeit beschlossen hat, den Einsatz des Formel E Teams von HWA zu lösen und die ganze Mannschaft zur Formel 1 Abteilung nach Brackley zu verlagern. Die würde für nur noch eine Saison keinen Sinn machen. Was bei einem Ausstieg aus der gut funktionierenden Mannschaft wird, ist unklar. Toto Wolff äußerte sich wie folgt: „Sollte Mercedes die Formel E verlassen, was ich hiermit nicht gesagt haben will, müssen wir nach Alternativen für das gut aufgestellte Team suchen.“ Das löste wiederum viele weitere Gerüchte aus. Angeblich soll F1-Partner INEOS interessiert sein, das Team mit Mercedes-Kundentechnik weiter zu betreiben. Andere Quellen behaupten, Toto Wolff würde sein eigenes Team gründen und seine Frau Susi als Teamchefin installieren, um die Mercedes-Siegertechnik weiter auf der Strecke zu halten. Da ist also noch viel Zündstoff drin. Auch die beiden Fahrer Nyck de Vries und Stoffel Vandoorne dürften sich so ihre Gedanken machen. Während Weltmeister de Vries immerhin auf einen Platz in der Formel 1 spekulieren darf, dürfte für den Belgier Vandoorne als Ex-F1-Fahrer dieser Zug abgefahren sein. Im bleibt dann wohl nur ein Wechsel innerhalb der Formel E, wo es allerdings an Top-Piloten nur so wimmelt.
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