Im Februar 2018 war Grundsteinlegung der Factory 56 in Sindelfingen. Sie sollte - so lautete die Ankündigung - als Produktionsstätte auf Industrie-4.0-Niveau die modernste Automobilfabrik der Welt werden und die Herstellung von Kraftfahrzeugen gar revolutionieren. Die ‚Factory 56‘ wird die Art und Weise, wie Autos gebaut werden, neu definieren, lautete die Ankündigung. Sie werde drei richtungsweisende Eigenschaften kombinieren: Sie wird durchgängig digital und flexibel sein und den Begriff ‚grüne Produktion‘ mit Leben füllen.
Doch dann hat man von diesem ambitionierten Projekt nicht Näheres mehr gehört. Doch nun gibt es Neuigkeiten in Wort, Bild und Film zur Facory 56, die nicht nur die Produktion, sondern auch die Arbeitswelt verändern wird. „Wir schaffen eine moderne Arbeitswelt, die individuelle Bedürfnisse stärker berücksichtigt. Letztlich steigern wir in der ‚Factory 56‘ die Flexibilität und Effizienz im Vergleich zu unseren aktuellen Fahrzeugmontagen nochmals deutlich – und das natürlich ohne Abstriche bei unserer Top-Qualität. Damit setzen wir neue Maßstäbe im Automobilbau“, so Markus Schäfer, Mitglied des Bereichsvorstands Mercedes-Benz Cars, Produktion und Supply Chain.
Video: Factory 56 - die Autofabrik der Zukunft
Neue, flexible Infrastruktur mit leistungsfähigem WLAN- und Mobilfunknetz
In der „Factory 56“ wird in ausgewählten Fertigungsbereichen – den so genannten „TecLines“ - das klassische Fließband durch Fahrerlose Transportsysteme (FTS) abgelöst, zum Beispiel zu Beginn des Inneneinbaus. Indem lediglich der Fahrweg der FTS neu definiert wird, ist ein Wechsel vom Fließ- in den Taktbetrieb möglich, bei welchem das Fahrzeug steht und nicht kontinuierlich weiterbefördert wird. Dies macht unter anderem für automatisierte Tätigkeiten Sinn, beispielsweise beim Einbau des Glasschiebedachs. Zudem können mit dem Einsatz der FTS einzelne Montagebereiche ohne Eingreifen in die Gebäudestruktur erweitert werden. „Durch die Kombination eines Montagebands mit der ‚TecLine‘ verfügen wir einerseits über eine hocheffiziente Montage für eine Großserienfertigung und gewinnen andererseits an Flexibilität, so dass wir ohne großen Aufwand und ohne Störung des laufenden Betriebes unsere Produktion anpassen können“, erklärt Schäfer.
Dabei sind Maschinen und Anlagen miteinander vernetzt. Ausgewählte Montageanlagen und die Fördertechnik werden Internet of Things-fähig. Die Basis dafür bildet ein leistungsfähiges WLAN- und Mobilfunknetz. Erstmals soll in Pilotanwendungen der Einsatz der leistungsstarken 5G-Mobilfunktechnologie in der Montage getestet werden. Die Montagehalle wird komplett papierlos gestaltet. Die Mitarbeiter arbeiten mit Monitoren und Personal Digital Assistants (PDA). Zur Belieferung der Montagestationen werden flächendeckend Warenkörbe eingesetzt, die in einer sogenannten Pickzone mit Hilfe von intelligenten Picksystemen mit den benötigten Materialien bestückt werden. Insgesamt sind 300 Fahrerlose Transportsysteme im Einsatz. „Entstehende Daten werden gesammelt und mittels ‚Big Data‘ -Technologie ausgewertet. Die Erkenntnisse fließen direkt wieder zurück in die Produktion. Wir können damit bestehende Prozesse verbessern und zum Beispiel per ‚Predictive Maintenance‘ Anlagenstörungen vermeiden. Damit erhöhen wir unsere Betriebsnutzungszeiten und verbessern den Reifegrad von Anfang an“, betont Schäfer.
Die „Factory 56“ wird Anfang der nächsten Dekade in Betrieb genommen. Produziert werden Pkw und Elektrofahrzeuge der Ober- und Luxusklasse sowie - man höre und staune - Robo-Taxis, also vollautonome Fahrzeuge der höchsten Stufe . Dazu gehören unter anderem die neue Generation der S-Klasse sowie das erste Elektrofahrzeug der Produkt- und Technologiemarke EQ „made in Sindelfingen“. Für die Baustelle wurden 700.000 m3 Erde bewegt. Die Grundfläche ist 220.000 m2 groß. Das entspricht circa 30 Fußballfeldern. Für die Stahlkonstruktion werden circa 6.400 Tonnen Stahl verbaut – fast so viel wie beim Pariser Eiffelturm.
Bildergalerie: Factory 56
Autor: Mathias Ebeling
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