Während der Verband der Automobilindustrie (VDA) quer durch die Landen noch mit der Formel „CO2 Reduktion braucht Augenmaß“ unterwegs ist, bahnen sich in Brüssel bei der EU Entscheidungen an, die mit Augenmaß wenig aber viel mit einem entschlossenen Blick auf ein sehr anspruchsvolles Nahziel zu tun haben. In Verhandlungen haben EU-Staaten und das Europaparlament sich auf ambitionierte Ziele bei der CO2-Reduzierung verständigt. Das gab die Österreichische Ratspräsidentschaft gestern bekannt. Demnach sollen Neuwagen bis 2030 sage und schreibe 37,5 Prozent weniger Kohlendioxid (CO2) ausstoßen als bislang. Das Autoland Deutschland darf sich damit ausgebremst fühlen, denn die Deutsche Bundesregierung wollte erreichen, dass die Reduktion lediglich 30 Prozent beträgt. Für die neue Berechnung der niedrige CO2-Latte gilt der von der EU für 2021 festgelegte Neuwagen-Flottendurchschnittswert von 95 Gramm CO2/km. Bis 2030 müssen die Autohersteller wohl dann um die 60 Gramm CO2/km schaffen. Das ist sehr, sehr anspruchsvoll für alle Autobauer - vor allem für einen Hersteller wie Mercedes-Benz Cars. Dass den Stuttgartern als Hersteller größerer und schwerer Autos mit 102,8 Gramm bis 2021 ein höherer Grenzwert zugestanden wird, kann als Lichtblick und Rettungsanker kaum dienen. Im Jahr 2017 lag der CO2-Wert in der Flotte von Mercedes-Benz Cars bei 125 Gramm. Er stieg damit im Vergleich zu 2016 (123 Gramm) sogar leicht an. Und wie schaut es wohl für 2018 und die nahe Zukunft aus? Infolge der Umstellung der Messverfahren für den Abgasausstoß rechnet man mit höheren CO2-Werten, ist aus Stuttgart zu hören. An dem neuen WLTP-Standard liegt es aber nicht allein. Dass sich beim Stern PS-starke Fahrzeug besonders gut verkaufen, wirkt sich ebenfalls ungünstig auf die CO2-Flotten-Bilanz des Sterns aus.
Mercedes-Benz Cars ist damit zum einen so sehr weit von den festgschriebenen Zielen für 2021 entfernt, dass ab diesem Termin sogar empfindlich hohe Strafzahlungen drohen. Zum anderen erscheint eine Verpflichtung auf die 2030er-CO2-Werte für Mercedes-Benz Cars mit dem Portfolio, nicht nur wie es heute, sondern wie es absehbar in den kommenden Jahren aufgestellt ist, völlig unrealistisch. Ob die neuen Hybrid- und Elektromodelle, die ja kommen, vom Markt überhaupt angenommen werden, steht schließlich in den Sternen.
Welche Lehren kann man aus den jüngsten Brüssler Entscheidungen ziehen? Erstens: Gas is the past! Zweitens: Die Zahl der Arbeitsplätze mit allem, was mit Verbennermotoren zu tun hat, wird in den kommenden Jahren erheblich sinken. Drittens: Die Lobbyarbeit der deutschen Autoindustrie bzw. ihres Verbandes ist in Brüssel offenbar suboptimal verlaufen.
Autor: Mathias Ebeling
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