Technik: woran hakt es beim autonomen Fahren?

Das Auto macht‘s alleine

Technik: woran hakt es beim autonomen Fahren?: Das Auto macht‘s alleine
Erstellt am 16. Januar 2025

Seit Jahren ist das autonome Fahren an sich in aller Munde, doch die großen Fortschritte lassen selbst zwei Stufen darunter beim hoch automatisierten Fahren auf sich warten und der reale Kundennutzen ist überschaubar. Doch so langsam lichtet sich der Nebel und die Kunden können die Hände in den Schoß legen.

Die Consumer Electronics Show des Jahres 2025 ist vorüber. Das Stelldichein in Las Vegas brachte mal wieder einige interessante Neuheiten. Der chinesische Hersteller Xpeng präsentierte eine Passagier-Flugdrohne inklusive Flugzeugträger-Auto und Sony Honda Mobility einen seriennahen Prototypen des Afeela 1. Doch wer genau hinsah, erkannte, dass das nächste große Ding ein altbekanntes ist: das autonome Fahren und das damit zusammenhängende Software Defined Vehicle. Überall sah man Firmen, die neue LiDAR-Radare und Software-Entwicklungswerkzeuge anpriesen.

Kein Wunder, dass Unternehmen wie Waymo oder die Amazon-Tochter Zoox, die das Robo-Fahren in den USA vorantreiben, prominent vertreten waren. Während sich die deutschen Autobauer eher vornehm zurückhielten. Heißt das, dass Mercedes, BMW & Co. auch bei dieser Schlüsseltechnologie der Mobilität von morgen das Nachsehen haben? Schließlich betreiben die beiden US-amerikanischen Tech-Player bereits Taxis, die mit Level 4 unter anderem in San Francisco (Waymo, Zoox) oder Las Vegas sowie Foster City (Zoox) unterwegs sind. Allerdings nur auf begrenzten und klar definierten Strecken. Auch in China testen Unternehmen wie Nio oder GAC fleißig selbsttätig agierende Vehikel im Alltagsverkehr. Mercedes hat in Deutschland die Freigabe für das autonome Fahren des Levels 3 mit einer maximalen Geschwindigkeit von 95 km/h erhalten. Also kann der Fahrer auf baulich getrennten Straßen die Hände vom Lenkrad nehmen und sich anderen Aufgaben widmen, bis das System ihn auffordert, das Steuer zu übernehmen.

Nach Ansicht von Dr. Jan Becker, CEO des Software-Entwicklers Apex Ai, der sich seit 24 Jahren mit Fahrassistenzsystemen und dem autonomen Fahren beschäftigt, treten die deutschen Autobauer mit einer auf den Rücken gebundenen Hand im Wettstreit auf den Weg zu den zukunftsträchtigen Robo-Vehikeln an. Schuld daran ist nach Beckers Ansicht die teutonische Regulierungswut. Als in Deutschland ein Gesetz zum autonomen Fahren verabschiedet wurde, jubelte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr: „Mit dem neuen Gesetz zum autonomen Fahren haben wir den Rechtsrahmen geschaffen, damit autonome Kraftfahrzeuge (Stufe 4) in festgelegten Betriebsbereichen im öffentlichen Straßenverkehr im Regelbetrieb fahren können – und das bundesweit. Damit wird Deutschland der erste Staat weltweit, der Fahrzeuge ohne Fahrer aus der Forschung in den Alltag holt.“ Nicht alle teilen diese Euphorie. „Woanders wird gefahren, in Deutschland werden Gesetze gemacht“, hält Becker dagegen.

Also haben die Deutschen den Technologie-Wettlauf schon verloren? So einfach ist das nicht. Denn es führen verschiedene Wege zum autonomen Fahren. Um genau zu sein, sind es drei. Der erste ist der bereits skizzierte, den Waymo und Zoox beschreiten. Beim Pokern würde man sagen „All in“. Das bedeutet: sofort mit autonomen Fahrzeugen des Level 4 in klar definierten Arealen loslegen, Daten sammeln und aufgrund dieser „Erfahrungen“ das Gebiet sukzessive ausweiten beziehungsweise die Robo-Taxen (Mobility as a Service / MaaS) nach und nach in anderen Städten einzusetzen. Diese Vorgehensweise ist aufwendig, es bedarf einen hohen finanziellen Einsatz über einen langen Zeitraum hinweg. Manuel Yoon Deutschlandchef von Autobrains, einem Start-up, das sich auf autonomes Fahren spezialisiert hat, beziffert die Summe auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag und stellt fest: „Traditionelle Automobilhersteller können diese Investitionen langfristig kaum tragen, wie etwa der Ausstieg von GM-Cruise oder VW-Ford-Argo zeigt.“ Der verbliebene Kreis der Unternehmen, die sich dieses Unterfangen leisten können, ist sehr klein. Übrig bleiben die genannten US-Tech-Alphatiere wie Alphabet (Waymo) und Amazon (Zoox). Aber selbst die schließen sich mit Partnern zusammen, um die Herkules-Aufgabe zu stemmen. Wie etwa Waymo mit Zeekr beziehungsweise Geely.

Und Tesla? Schließlich bietet Elon Musk in seinen Autos ebenfalls Autopilot-Funktionen an. Ebenso wie etwa der chinesische Autobauer Nio beschreiten die Amerikaner den zweiten Weg ins gelobte autonome Autoland, indem sie zunächst autonome Fahrfunktionen des Levels 2+ in die Fahrzeuge zu bringen und diese schrittweise aufzurüsten, um so ebenfalls das Robo-Fahren des Level 4 zu erreichen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt auf der Hand: Eine Vielzahl von Autofahren sammelt als eine Art Giga-Flotte mit jedem Meter, den die Vehikel zurücklegen, Daten und Informationen, die zum Verbessern des Auto-Piloten genutzt werden. Die gewonnen Erkenntnisse fließen in eine Software ein, die drahtlos in das Auto zurückgespielt wird, aber zunächst im Hintergrund vom Fahrer unbemerkt mitläuft. In dem sogenannten Schattemodus generiert der Algorithmus Vorhersagen, die aber nicht in den aktuellen Betrieb einfließen, sondern stetig abgeglichen werden.

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Bleibt noch der dritte Weg, also Schritt für Schritt vorzugehen und sich von Level 2+ über Level 3 zur 4. Stufe des autonomen Fahrens zu gelangen. Diese Vorgehensweise verfolgen einige Premium-Automobilhersteller, unter anderem Mercedes. Die Schwaben haben unlängst den Drive Pilot des Level 3 von 60 auf 95 km/h gesteigert. Der Mercedes Drive Pilot 95 kostet 5.959 Euro Aufpreis. So will Mercedes zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einnahmen für die Entwicklung zu generieren und zudem noch Daten für die Weiterentwicklung zu sammeln. Allerdings wachsen auch in Stuttgart-Untertürkheim die Robo-Auto-Bäume nicht in den Himmel. Mercedes rechnet bis Ende der Dekade mit einer Freigabe des Drive Pilot, der 130 km/h selbsttätig erreicht. Das wäre ein gewaltiger Schritt, da mit mehr Geschwindigkeit auch die Datenmenge steigt, die die Software verarbeiten muss. Wie groß der Unterschied ist, zeigt ein einfaches Beispiel, das jeder aus der Fahrschule kennt: Bei doppelter Geschwindigkeit vervierfacht sich der Bremsweg. Das müssen die autonom agierenden Autos auf dem Schirm haben. Die Entwicklung schreitet also voran. Waymo hat bereits vor der CES 2025 die sechste Generation des Robo-Taxis angekündigt, das mit weniger Kameras und Sensoren auskommt. Tesla-Chef Elon Musk hat eine neue Version der Robo-Pilot-Systems für Ende 2025 / Anfang 2026 angekündigt. Die fünfte Generation soll eine Leistungssteigerung um den Faktor zehn darstellen. Wie groß dieser Schritt hin zum autonomen Fahren des Level ist, wird sich zeigen.

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