Zu seiner Zeit war der 300 SL der Konkurrenz in Sachen Fahrleistung, Konstruktion und Technik meilenweit voraus. Stefan Winter träumte wie so mancher Fan des 300 SL schon lange von solch einem Wagen. Allerdings sollte sein Exemplar speziell auf der Viertelmeile glänzen und allen zeigen, wozu so ein Klassiker in der Lage ist.
Erlaubt ist nun mal was gefällt und Stefan Winter gefällt es, besonders schnell zu sein. Speziell das Drag-Racing hat es dem 40jährigen Unternehmer seit nun gut 20 Jahren angetan. In dieser Zeit wuchsen Know-How und Professionalität, mit der Konsequenz, dass Stefans Zeiten auf der 402 Meter langen Geraden immer schneller wurden.
402 Meter in 8,2 Sekunden
Normales Mercedes Tuning sieht anders aus.
Im Jahr 2003 reifte dann die Gewissheit heran, einen Wagen auf die Räder zu stellen, den es so auf der Welt noch nicht gegeben hat. Und welches Fahrzeug außer einem 300 SL könnte mehr Sportlichkeit zum Ausdruck bringen? Nicht umsonst steht die Bezeichnung SL für Sport Leicht und genau auf diese Werte, zusammen mit einer enormen Power unter der Motorhaube, kommt es beim Drag-Racing nun mal eben an. Damit rauscht Stefan nach 8.2 s über die 402 m lange Piste! Respekt!
Doch keine Sorge: Auch wenn der 300 SL von Stefan Winter wie ein umgebautes Original aussieht, er hat keinen dieser Klassiker für seinen Rennwagen geopfert, sondern nahezu alles selbst angefertigt und für sein Hobby umgearbeitet.
In Sachen Karosseriekonstruktion sind sich das Original und dieses Exemplar allerdings gar nicht so verschieden. Immerhin basieren beide Fahrzeuge auf einem Gitterrohrrahmen. An Stefans Exemplar sorgt jedoch eine zusätzlich integrierte Sicherheitszelle für einen optimalen Schutz des Fahrers.
1050 PS kein 300 SL ist stärker
Kein Mercedes Tuner hat diesem speziellen Flügeltürer etwas entgegen zu setzen.
Denn unter Motorhaube bricht beim Tritt auf das Gaspedal ein wahrer Orkan los. Hier sorgt nämlich kein Reihensechszylinder für Vortrieb, sondern ein nach allen Regeln der Motorenbaukunst bearbeiteter V8-Block. Allerdings - und dieser Stilbruch sei hier verziehen - nicht aus schwäbischer, sondern amerikanischer Produktion. Aus 6,9 Litern Hubraum schöpft das auf einem Chevy Small Block basierende Aggregat nun gut 1050 PS. Modifizierte Kolben, Kurbelwelle, Zylinderköpfe und Gemischaufbereitung entfesseln unbändige Kräfte. Aber wer weiß, wäre es nicht fast schon eine Sensation, dieses Auto mit einem Mercedes-Treibsatz auszustatten?
In die Gänge kommt Stefans SL mit Hilfe eines dreistufigen Chrysler 727 Torqueflite-Getriebes. Auf die Straße übertragen wird die Kraft des Motor mit Hilfe einer 9-Zoll-Hinterachse. Ihre Übersetzung von 5,46:1 lässt den SL nur so über die Viertelmeile fliegen. Damit die 1050 PS nicht einfach in Rauch aufgehen, sorgen gewaltige Hoosier-Slicks für Traktion und Grip an der Hinterachse. Die 15x15 Zoll Hinterachsfelgen wirken die vorderen 7,5x15 Zoll messenden Felgen fast schon schwächlich.
Doch nur ein Rahmen, Motor und Achsen machen noch keinen Drag-Star, ganz besonders keinen mit Stil. Auch beim Body sind verblüffende Parallelen zum Original 300 SL zu verzeichnen. Und das nicht nur wegen der "Gullwings". Doch statt Aluminium und Stahl kommt heute superleichtes GFK zum Einsatz. Und so kam Stefan der Gedanke, eine Replica-Karosse für seinen Umbau zu nehmen. 300 SL-Fans, die die Verwandlung des edlen Gefährts in einen Dragster nur schwer verdaut hätten, können also wieder aufatmen.
Dieser bislang noch weitgehend unbekannte Viertelmeile-Renner ist die Attraktion jeder Veranstaltung! Aus guten Grund, schließlich ist der SL nicht nur optisch spektakulär und in der Welt des Dragracings einzigartig, er ist auch verdammt schnell. Spätestens hier hält sich die Begeisterung der Konkurrenz dann in Grenzen. Doch das Publikum fiebert mit und drückt dem "Flügeltürer-Benz" bei jedem Run erneut besonders fest die Daumen und hofft, dass die fliegende Legende am Ende der Viertelmeile die Nase vorn hat.
Fotos: Uwe Weber
Technische Daten
Fahrzeugtyp: Mercedes Benz 300 SL-Dragster
Baujahr: nn
Karosserie: Gitterrohrrahmen mit 300 SL Body,
Räder: Center Line-Alufelgen, vorn 7,5J x 15, hinten 15J x 15, Reifen vorne Goodyear hinten Hoosier
Fahrwerk: Stuts-Einzelradaufhängung, 9-Zoll Hinterachse, Koni-Stoßdämpfer
Motor: Chevy Small Block, 6.900 ccm Hubraum, Leistung 1050 PS bei 9600 U/min, Davinci Vergaser, Verdichtung 16,0:1, MSD-Zündanlage, Street Metal Ansaugbrücke, HGP Pleuel, Dinamant Kolben, Titan Ventile, Billet Kurbelwelle, Comp Cams Nockenwelle, Alu-Zylinderkopfe und MorosoVentildeckel, Eigenbau Edelstahlabgasanlage
Getriebe: Chrysler 727 Torqueflite, 3-Stufen-Automatikgetriebe, 7 Zoll Drehmomentwandler, Achsübersetzung 5,46:1
Bremsen: Wilwood Scheibenbremsen
Innenraum: Grant Lenkrad, Autometer Instrumente, Spezial Schalthebel,
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