Wem der Mercedes EQC zu viele Verbrenner-Gene bietet und der EQS zu teuer ist, der hat beste Chancen, sich in den neuen EQE SUV zu vergucken. Dem fehlt angesichts von Qualitätsniveau, großzügigem Innenraum, ausgewogenem Fahrverhalten und großer Reichweite an sich nur eines: ein eigenständiger Name.
Nachdem der Mercedes EQE bereits seit gut einem Jahr auf den internationalen Märkten unterwegs ist, folgt nun die Crossover-Variante, der in vielen Ländern eine deutlich größere Bedeutung zukommen dürfte. Der Elektro-SUV ist mit 4,86 Metern kompakter als der EQS-SUV und sogar die EQE-Limousine, im letzteren Fall stattliche 8,3 Zentimeter kürzer und dafür 7,3 Zentimeter höher. Ungewöhnlich, dass auch der Radstand stattliche neun Zentimeter weniger misst als die eng mit dem EQS verwandte EQE-Limousine. Mit einem Gepäckvolumen von 520 Litern übertrifft er den des BMW iX knapp, verliert aber deutlich gegen die 630 Liter des Audi Q8 Etron. Die Rückenlehnen der zweiten Sitzreihe lassen sich in eine vertikalere Position bringen, um das Kofferraumvolumen auf 580 Liter zu erhöhen und wer die Rücksitze komplett umlegt, vergrößert das Ladevolumen hinter der elektrischen Klappe auf bis zu 1.675 Liter.
Platzprobe im EQE SUV
Die Beinfreiheit im Innern ist großzügig, während der Schulterraum auch für drei schmale Erwachsene im Fond ausreichen dürfte. Vorne ist es schwer zu sagen, ob wir uns in einem EQS oder einem EQE, einer Limousine oder einem SUV befinden. Der Fahrer blickt auf edle Materialien in Armaturenbrett sowie Türverkleidungen und freut sich über ein riesiges Ablagefach zwischen den beiden Vordersitzen, das zwei USB-C-Anschlüsse enthält. Zwei weitere finden sich außen neben den Becherhaltern und in der kabellosen Ladeschale für Smartphones. Der Mercedes EQE SUV 350+ verfügt über einen 12,9 Zoll großen Infotainment-Bildschirm und ein 12,3 Zoll großes Zentraldisplay. Die Ausgabe des kostspieligen Hyperscreens kann man sich durch das Überangebot an Informationen durchaus sparen und das Geld für andere Extras sinnvoller anlegen, denn die Liste der Extras ist üppig.
Der EQE spielt mit der Bodenfreiheit
Auf Wunsch kann die Vierlenker-Einzelradaufhängung vorn nebst Mehrlenkeraufhängung hinten mit Luftfedern und elektronischen Dämpfern variabler ausgestattet werden, um das individuelle Ansprechverhalten der einzelnen Räder in der Druck- und Zugstufe steuern. Die Luftfeder hält die Bodenfreiheit unabhängig von der Beladung des Fahrzeugs konstant, lässt aber auch Variationen zu. So wird beispielsweise im Sportmodus die Bodenfreiheit bei Geschwindigkeiten über 120 km/h um 20 beziehungsweise um zehn Millimeter im Komfortmodus verringert, um den Luftwiderstand zu reduzieren und die Stabilität zu erhöhen. Unterhalb von 80 km/h kehrt die Bodenfreiheit in die Standardposition zurück. Bis 60 km/h kann die Karosserie per Knopfdruck um 30 Millimeter angehoben werden, ab Tempo 70 senkt sie sich automatisch auf die normale Bodenfreiheit ab. Die mehr als sinnvollen Allradversionen verfügen über einen Offroad-Modus, der das Fahrzeug um 25 Millimeter anhebt, um mehr Bodenfreiheit zu schaffen. Mit seiner optionalen Hinterachslenkung gewinnt der EQE SUV an Agilität und der Wendekreis reduziert sich von 12,30 auf 10,5 Meter.
Der EQE "tankt" 230 Kilometer in 15 Minuten
In Bezug auf den Antrieb entspricht der EQE SUV dem, was wir von der Limousine kennen. So gibt es neben dem EQE 300 mit Hinterradantrieb und 180 kW / 245 PS den 350+ mit 215 kW / 292 PS und Hinterradantrieb sowie das Volumenmodell des 350 4matic und das Topmodell des EQE SUV 500 4matic mit 300 kW / 408 PS. Die elektrischen Reichweiten liegen je nach Antrieb zwischen 480 und knapp 600 Kilometern, wobei der 140 kW / 190 PS starke Elektromotor an der Vorderachse bei geringer Gaspedallast oder guter Straßenhaftung automatisch abgeschaltet wird. Bei der Ladegeschwindigkeit ist der Mercedes EQE nicht auf Topniveau, denn 170 Kilowatt liegen deutlich hinter den 200 kW von BMW oder den bis zu 270 kW, die Audi, Porsche, Tesla oder Hyundai bei einigen Modellen bieten. Immerhin kann in 15 Minuten eine Reichweite von 230 Kilometern nachgetankt werden.
Was verbraucht der EQE SUV im Realbetrieb?
Egal, mit welchem der Fahrprogramme man unterwegs ist, das Paket aus 2,4 Tonnen schwerem Crossover und 21-Zoll-Radsatz ist betont straff abgestimmt. So ist der Aufenthaltswert im Komfortmodus mit Abstand das angenehmste und nur wenn es sehr kurvenreiche Landstraßen geht, sollte man in den Sportmodus wechseln, was das Ansprechverhalten von Lenkung, Antrieb und Dämpfern spürbar nachschärft. Dabei gibt es drei Stufen der regenerativen Bremsung, die der Fahrer über die am Lenkrad angebrachten Schaltwippen auswählt, wenn er diese Arbeit nicht dem Automatikmodus überlassen will. Die stärkste Stufe D+ erlaubt es, fast ohne Berührung des Bremspedals zu fahren, wobei der EQE SUV über kein Ein-Pedal-Antriebssystem verfügt. Die Fahrleistungen des 350+ gehen in Ordnung, wobei eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h und 0 auf Tempo 100 in 6,7 Sekunden für manch sportlich ambitionierte Kunden kaum ausreichen werden. Noch wichtiger: im Realbetrieb verbrauchte der EQE 350+ 20,4 kWh/100 km, was eine Reichweite von immerhin 500 Kilometern ermöglichen würde.
Ab knapp 90.000 Euro gehts los
Mit einem Einstiegspreis von knapp 87.000 Euro dürfte der Mercedes EQE SUV 350+ angesichts des stimmigen Gesamtkonzept eine gute Lösung für kaufkräftige Familien sein, denen der Allradantrieb nicht wichtig ist. Das bessere Paket bietet jedoch der EQE 350 4matic oder eben der größere 500er. Jedoch ist es schwer zu akzeptieren, dass die Liste der Optionen in der heutigen Zeit derart lang ist. Gut, für Hyperscreen, Burmester-Audiosystem oder die Luftfederung muss extra bezahlt werden müssen, aber zumindest Head-Up-Display, Hinterachslenkung, 22-kW-Bordladegerät und die elektronischen Dämpfer sollten in dieser Klasse serienmäßig sein.
Technische Daten: Mercedes EQE SUV 350
Motor: Elektroantrieb – hinten
Leistung: 215 kW / 292 PS
Max. Drehmoment: 565 Nm
Beschleunigung 0 – 100 km/h: 6,7 Sekunden
Antrieb: Heck
Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
Normverbrauch: 17,5 – 21,7 kWh / 100 km
Max. Ladegeschwindigkeit: 170 kW
Akkugröße: 90,6 kWh
Laderaum: 520 bis 1675 Liter
Leergewicht: 2.430 kg
Zuladung: 500 kg
Preis: 86.810 Euro
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