Alternative Antriebe zu Benzin- und Dieselmotoren sind keine Erfindungen der Neuzeit. Aber noch nie wurde so viel darüber diskutiert. Schon immer haben Fahrzeugentwickler und Ingenieure mit unterschiedlichen Energieträgern experimentiert, die die Fahrzeuge unabhängig vom Öl antreiben sollten.
Oft hat die Angst vor knapper werdenden fossilen Energieträger die Pioniere beflügelt. Mal waren es kriegerischen Auseinandersetzungen, Lieferschwierigkeiten oder Boykottdrohungen und die damit einhergehende hohe Energiepreise, die die Forscher nach alternativen Fahrzeug-Antrieben suchen ließen.
Alles schon mal dagewesen: Dampfautos setzten Pferdedroschken in Angst und Schrecken und Elektrofahrzeuge sind ein alter Hut: Die frühen Vehikel Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts waren weitgehend Elektroautos, ehe sie von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor vertrieben wurden. Nicht zu vergessen: Holzvergaser-Lkw rollten bereits im 2. Weltkrieg an die Front.
Schon 1978 beteiligte sich Daimler-Benz mit über 100 Pkw- und Nutzfahrzeugtypen an einem vom Bundesforschungsministerium gestarteten Vorhaben unter dem Titel "Alternative Energien für den Straßenverkehr". Ausgangsbasis waren drei Projektbereiche für den Einsatz neuer Antriebsvarianten: Alkoholkraftstoffe, Wasserstofftechnologie sowie Elektroantrieb und Hybridtechnologie. An den Flottenversuchen mit Schwerpunkt in Berlin und Stuttgart waren die Stuttgarter in allen Kategorien mit von der Partie.
Keiner weiß so richtig Bescheid, aber alle machen mit
Der Trend zu Öko-Autos der Gegenwart wird vor allem durch die politische Diskussion angeheizt. Fast könnte man sagen: Alle machen mit, aber keiner weiß so richtig Bescheid. Bei einer Umfrage der DEKRA erklärten sich 92 Prozent von 1.250 befragten Autobesitzern grundsätzlich zum Umstieg auf ein Fahrzeug mit umweltfreundlichem Antrieb bereit. Unangefochten an der Spitze liegt der Gasantrieb, den 44 Prozent bevorzugen. Auf Platz zwei (37 Prozent) rangieren Autos mit Hybridantrieb. Rein elektrisch würden 22 Prozent fahren wollen, mit Biodiesel oder Ethanol im Tank können sich dagegen nur 13 Prozent der Umfrageteilnehmer anfreunden. Für mehr Umweltschutz durch ein alternativ angetriebenes Auto würden die meisten auch Nachteile in Kauf nehmen. Am ehesten akzeptieren sie geringere Fahrleistungen (62 Prozent) und geringere Reichweite (41 Prozent).
Aber was genau ist eigentlich ein Ökoauto? Welche Techniken gibt es und wie funktionieren sie? Hier zeigen die Ergebnisse: Bei den Teilnehmern klaffen noch große Wissenslücken so fühlen sich beispielsweise nur 19 Prozent der befragten Frauen ausreichend über Alternativautos informiert. Viel besser sieht es bei den Männern auch nicht aus. Wir liefern einen aktuellen Überblick.
E-Cell, Electric Drive, Ion und C-Zero Stromer rollen auf die Pole
Der Elektroantrieb ist bereits Bestandteil unseres Straßenalltags. Wohlklingende Namen sollen über sein größtes Manko hinwegtäuschen: die geringe Reichweite. Wenn alles so perfekt wäre, wie die Bezeichnungen, wäre bei den lautlosen Flitzern alles in Butter.
Fast alles in Butter: Mit dem Begriff i-MiEV sind die deutschen Vertreter von Mitsubishi alles andere als glücklich. Aber der Namens-Mief kommt aus Japan. Und dort wird auf deutsche Befindlichkeiten selten Rücksicht genommen. Die baugleichen Schwestermodelle von Peugeot mit dem Ion und Citroen mit C-Zero kommen da schon besser weg.
Der Peugeot verweist mit seinem Namen auf die gleichnamigen elektrisch geladenen Atome, die für das Tanken an der Steckdose stehen. Zero bedeutet im Französischen bekanntlich null und spielt auf den nicht vorhandenen CO2-Ausstoß an. Wie ein Blatt im Wind möchte sich der Leaf von Nissan bewegen. Durchaus "pfiffig" auch die GM-Töchter Chevrolet und Opel. Der Chevrolet Volt heißt wie die Maßeinheit für die elektrische Spannung. Opels Elektroauto Ampera verweist ebenfalls auf eine physikalische Größe: Als Abwandlung des Begriffs Ampere beschreibt es die elektrische Stromstärke.
Einfacher machen es sich da die deutschen Automobilhersteller: Mercedes-Benz versieht seine Modelle wie beispielsweise den Smart mit dem Schriftzug "Electric Drive", während die Stromer von Audi bis auf wenige Ausnahmen stets über den Zusatz "e-tron" verfügen. VW setzt ein "e" zwischen das Öko-Label Blue Motion und so kommt ein werbewirksamer Golf Blue-E-Motion zustande.
Elektrofahrzeuge beziehen die Energie zumeist aus mitgeführten Energiespeichern, die zuvor aufgeladen werden. Brennstoffzellen erzeugen elektrischen Strom direkt aus einem Kraftstoff. Reine Exoten sind Solarfahrzeuge die zusätzlich zum Akku-Speicher durch mitgeführte Solarzellen Strom aus der Sonne tanken können. Bislang sind sie über das Stadium von Experimentier-Mobilen, an denen sich Studenten vieler Hochschulen abarbeiten dürfen, nicht hinaus gekommen, da für die meisten Fahrzeugen die benötigte Energie wesentlich höher ist, als der Ertrag aus mitgeführten Solarzellen. Festzuhalten ist: Selbst wenn die Batterie-Technologie rasche Fortschritte macht, die Preise sinken und das Thema Crash-Sicherheit endgültig zu den Akten gelegt ist: Der Anteil reiner Elektroautos am Gesamtkuchen wird bis zum Jahre 2020 nur auf rund drei Prozent geschätzt.
Hybride eine halbe Sache - oder die halbe Strecke auf dem richtigen Weg?
Hybride bleiben für viele Experten eine halbe Sache. Viel Furore machte Toyota schon vor Jahren mit dem Prius. Inzwischen hat fast jeder Hersteller sie im Programm. Je nach Stärke der E-Motoren und Auslegung des Gesamtsystems spricht man von Mild- oder Voll-Hybriden. Erstere bieten eine elektrische Drehmomentunterstützung beim Beschleunigen, eine Start-Stopp-Funktion sowie eine Rückgewinnung der Bremsenergie. Voll-Hybride ermöglichen mit ihren deutlich stärkeren E-Maschinen und größeren Batterien zusätzlich rein elektrisches Fahren über kurze Distanzen.
Mercedes bewegt sich der Verkaufsanteil des Mercedes S 400 Hybrid innerhalb des S-Klasse-Programms bei rund 20 Prozent. Auch wuchtige SUVs wie der Porsche Cayenne S Hybrid und das Schwestermodell Touareg Hybrid von VW weisen Erfolge auf. Sie können ein paar Kilometer ohne Verbrennungsmaschine auskommen. Das bringt dann das eine oder andere Literchen Einsparung auf 100 Kilometer. Im Stadtverkehr mit kurzen Fahrtstrecken, geringen Geschwindigkeiten sowie häufiges Beschleunigen und Abbremsen, hat der Hybridantrieb schon Vorteile im Energieverbrauch. Beim Überlandverkehr, also eher längeren Fahrtstrecken bei höheren Geschwindigkeiten, wirkt sich ein Hybridantrieb eher als Nachteil für den Energieverbrauch aus, weil in diesem Modus ohnehin meist nur der Verbrennungsmotor läuft und der Hybridantrieb Gewicht mit sich bringt.
Von Aldi-Öl bis Wasserstoff
Am Wasserstoff scheiden sich die Geister. BMW hat seine Experimente Ende 2009 auf Eis gelegt, andere Hersteller sehen in der mittleren Zukunft noch Potential. Wasserstoff-Idee eröffnet für den Ottomotor neue Potentiale durch seine sehr hohe Zündwilligkeit und Oktanzahl. Die Speicherung ist jedoch mit erheblichem Aufwand verbunden, eine Tankstellen-Infrastruktur in weiter Ferne.
Mut beweist Mercedes: Die teure Brennstollzellentechnologie soll weiter vorangetrieben werden. Die B-Klasse F-Cell steht bereits ausgewählten Kunden zur Verfügung
E85 - Ethanol
Bleiben bekannte und neue Mixturen, die Saft für den Vortrieb liefern. Halb Lateinamerika fährt mit Ethanol. Bei uns wird gegenwärtig überwiegend in Additiven eingesetzt. Einige Einspritzsysteme vertragen bereits jetzt bis zu 20 Prozent Ethanol im Kraftstoff, darüber hinaus sind so genannte Flexible Fuel Fahrzeuge nötig, die für die Verwendung von E85 Kraftstoff (85 Prozent Ethanol, 15 Prozent Super Plus) ausgelegt sind, aber auch mit reinem Benzin betrieben werden können.
Biodiesel
Pflanzenöl kann im Dieselmotor anstelle von Dieselöl verwendet werden. Es besitzt jedoch die Neigung zu verharzen und ist bei Kälte nicht mehr fließfähig. Dennoch sieht man immer wieder Freaks, die bei Aldi kartonweise den Energiespeicher aus der Lebensmittelabteilung kaufen und in den Tank kippen. Die Weiterentwicklung Biodiesel ist bereits in Mengen am Markt, wird jedoch hauptsächlich als Beimischung verwendet. Dieselmotoren können prinzipiell mit reinem Biodiesel arbeiten, die meisten Fahrzeuge sind aber nur für maximal zehn bis 20 Prozent freigegeben, da die Dichtungen Probleme bereiten können. Die Verdünnung des Motoröls ist ein weiteres Problem, lässt sich aber weitgehend in den Griff bekommen.
Biomasse
Synthetische Kraftstoffe versprechen weniger technische Probleme als Biodiesel. Biomass to Liquid (BtL, deutsch: Biomasseverflüssigung) sind synthetische Kraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden. Sie erlauben Zwitter aus Diesel und Otto-Prinzip. BtL-Kraftstoff hat eine breitere Rohstoffgrundlage als Biodiesel und ist daher nachhaltiger. Solche Kraftstoffe sind noch nicht kostengünstig und nicht in großen Mengen verfügbar.
Erdgas
Erdgas-Fahrzeuge sind lange nicht mehr nur bei den Stadtwerken von Flensburg bis Passau beliebt. Der Brennstoff aus Russland und anderswo verursacht bei der Umsetzung einen geringeren Aufwand als Wasserstoff und ist wegen der vergleichsweise geringen Emissionen umweltfreundlich. Die Anpassung der Motoren birgt noch Potentiale: direkt einblasende hoch aufgeladene Ottomotoren kommen hinsichtlich Effizienz in die Nähe von Dieselmotoren.
Autogas / LPG
Autogas ist nicht nur etwas für Holländer. Als Autogas oder Flüssiggas werden Gase wie Propan, Butan oder auch Ether-Verbindungen bezeichnet, die bei geringem Druck flüssig sind. Flüssiggas kann in Fahrzeugen mit Ottomotor benutzt werden, der Aufwand für die Nachrüstung ist dabei gering. Aufgrund des geringen Speicherdrucks können die Tanks bei einem PKW anstelle des Ersatzrades oder in Unterflurtechnik verbaut werden, wodurch die Gesamtreichweite des Fahrzeugs bei unverändertem Kofferraum deutlich steigt, da der Benzintank erhalten bleiben kann.
Benzin und Diesel bis der Hahn leer ist
Fest steht: Optimierte Benziner und Diesel werden noch über Jahre die Straßen beherrschen. Andere Antriebskonzepte und Energielieferanten bieten sich als Zwischenlösung an, die in zehn oder 20 Jahren wieder vergessen sind. Durch welche Variante sich automobile Landschaft nachhaltig verändert wird, steht in den Sternen.
Fazit:
Elektroauto: Kleine Autos wie der Mitsubishi i-MiEV oder der Elektro-Smart bringen es auf 100 Kilometer Reichweite, sind in wenigen Stunden aufgeladen, noch recht teuer und schon auf dem Markt.
Der Hybridantrieb kombiniert zwei verschiedene Antriebe. Dabei wird in der Regel ein Verbrennungsmotor mit einem E-Motor kombiniert.
Brennstoffzellenfahrzeuge erzeugen die Elektrizität an Bord, indem in der Zelle Sauerstoff und Wasserstoff (H2) reagieren. Dabei entstehen außer Wasserdampf keinerlei Abgase.
Gas ist eine günstige Kraftstoff-Alternative zum konventionellen Antrieb und schon lange verfügbar. Über 30 Gas-Fahrzeuge bieten die Hersteller ab Werk in Deutschland an.
Biosprit steht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, ist aber in der Lage, die Ölscheichs und ihre Gier zu zügeln.
Der Ethanol-Kraftstoff E85 ist in Lateinamerika an den Tankstellen ein Renner. Seine Bezeichnung leitet sich vom 85 prozentigen Ethanolanteil ab.
Auf lange Sicht bleiben Diesel und Benziner die Nummer eins bei den Autoantrieben. Und sie werden immer effizienter und damit sauberer.
Text: Helmut Daniels
Foto: Hersteller, dpp, globalpress, ampnet, ufop.de
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