Auto-Krise hin, Absatzsorgen her. Kaum eine Woche vergeht in dieser Branche, ohne sorgenvolle Meldungen, oder dem puren Gegenteil, ohne vollmundige Versprechungen. Selbst einst scheinbare sichere Bänke kommen da ins Wackeln - siehe Opel! Wo aber stehen die Stuttgarter? Wie sind die Daimler AG und Mercedes Benz Cars aktuell aufgestellt? Helmut Daniels schaut hinter den schönen Schein des Sterns und hat Interessantes und Bemerkenswertes zutage gefördert.
Kein anderer Automobilhersteller verfügt in Summe über so gute Voraussetzungen, um die Erwartungen der Kunden an die individuelle, nachhaltige Mobilität der Zukunft zu erfüllen, so verkündet es Dr. Dieter Zetsche, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG und Leiter Mercedes-Benz Cars. Unser Anspruch ist es, der Innovationsmotor der Automobilbranche zu bleiben. Dafür investieren wir weiterhin große Summen in Forschung und Entwicklung. Wir haben die Strategie und die passenden Technologien und schon heute eine große Anzahl faszinierender und umweltverträglicher Fahrzeuge im Markt.
Die Lage
Der Tiefpunkt der Absatzkrise bei Mercedes ist durchschritten. Die hellen Streifen am Horizont werden breiter.
Im vergangenen Jahr musste zwar ein deutlicher Rückgang verbucht werden. Daimler hat aber im Schlussquartal 2009 wieder mehr Personenwagen verkauft. Der Absatzeinbruch wurde dadurch abgefedert. Für das Gesamtjahr weist der Konzern mit den Marken Mercedes-Benz, Smart, AMG und Maybach ein Absatzminus von gut zehn Prozent auf rund 1,129 Millionen Autos aus. Besonders wichtig: In der zweiten Jahreshälfte ging es langsam bergauf. Im Werk Sindelfingen wurde im Januar 2010 die Kurzarbeit beendet und rund 300 Leiharbeiter neu eingestellt. Daimler hatte lange Zeit keine Zeitarbeitsverträge mehr geschlossen, seit sich im Sommer 2008 die Absatzkrise in der Autobranche abgezeichnet hatte.
Zur Erholung hat vor allem die neue E-Klasse beigetragen, die Ende März 2009 als Limousine und ab November dann auch als Kombi angeboten wurde. Bis 2015 wollen die Stuttgarter ihren Absatz um rund 50 Prozent nach oben treiben und mithilfe von neuen Modellen, Zukunftstechnologien und innovativen Triebwerken mindestens 1,5 Millionen Fahrzeuge verkaufen. Besonders die neuen Kleinen sollen eine große Rolle dabei spielen.
Aktuelle Erfolge
Das "Lieblingsauto der Deutschen" ist die neue E-Klasse von Mercedes-Benz. Zu diesem Ergebnis kommt der ADAC Anfang Januar 2010 bei der größten Autowahl Deutschlands, dem "Gelben Engel". Basis für diesen Erfolg: Die E-Klasse verkörpert in beispielhafter Weise die Grundwerte der Marke wie Sicherheit, Komfort und Qualität. Ein Marktanteil unter den Premium-Business-Limousinen von rund 60 Prozent in Deutschland und 40 Prozent in Westeuropa unterstreicht die Ausnahmestellung der E-Klasse. Weltweit verkaufte Mercedes-Benz im Segment der E-Klasse vergangenes Jahr über 200 000 Fahrzeuge.
Wie geht es weiter?
2010 rechnet der Konzern mit einer leichten Absatzsteigerung. Der Startschuss des Jahres fiel in Detroit: Das E-Klasse Cabrio komplettiert nicht nur die erfolgreiche E-Klasse-Familie, sondern bietet mit dem Windschott "AIRCAP" eine Weltneuheit, die bei offenem Verdeck Turbulenzen im Innenraum des Ganzjahres-Cabrios deutlich verringert. Zu den Stars in Detroit zählt auch der neue Mercedes-Benz SLS AMG. Der Flügeltürer verbindet automobile Faszination und Hightech auf höchstem Niveau. Der Auslieferungsbeginn ab dem ersten Quartal 2010 soll für neue Impulse sorgen. Ferner gibt später eine Modellpflege für die R- und CL-Klasse, die künftig S-Klasse Coupé heißen wird. Im Herbst kommt der neue CLS, der auf Plattform der neuen E-Klasse wieder für ein edles Image und für Glanz am Sternenhimmel sorgen soll.
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Auch unten tut sich demnächst was: Die neue sogenannte MFA-Plattform bietet viele Möglichkeiten. Neue Klein- und Kompaktwagen, Minivan, Crossover, Cabriolet, Coupé und Limousine sind denkbar. Ohne Sandwichboden können die Fahrzeuge der A- und B-Klasse auf der neuen Plattform bald dynamischer und deutlich flacher daher kommen.
Zukunftstechnologie
Bis 2012 will Daimler bei der Pkw-Neuwagenflotte in Europa auf einen durchschnittlichen CO2-Ausstoß von unter 140 Gramm pro Kilometer kommen. In Sachen alternative Antriebe fährt das Unternehmen eine geschickte Mehrfachstrategie: In Monaco wurde kurz vor dem Jahreswechsel der E-Smart der zweiten Generation vorgestellt. Der kleine Flitzer verfügt über eine frappierende Antrittsstärke. Er beschleunigt von 0 auf 60 km/h in 6,5 Sekunden. In Deutschlands sind bereits die ersten Autos an ausgewählte Kunden im Leasing-Verfahren übergeben worden. Weitere europäische Länder, die USA und Kanada werden folgen. Die erste Produktionsetappe umfasst 1 000 Autos. Sind dann die Erfahrungen ausgewertet, soll ab 2012 der Verkauf im größeren Maßstab beginnen.
Mit der neuen B-Klasse F-Cell bringt Mercedes-Benz sein erstes unter Serienbedingungen gefertigtes Elektrofahrzeug mit Brennstoffzellenantrieb auf die Straße. Die Kleinserienproduktion ist bereits gestartet. Im Frühjahr 2010 werden die ersten der rund 200 Fahrzeuge an Kunden in Europa und den USA ausgeliefert. Der B-Klasse F-Cell ist ein echter Leisetreter. Beim Start bringt nur ein Blick auf die Armaturenbrett Gewissheit, ob der Motor schon läuft oder nicht. Herzstück der B-Klasse F-Cell ist die neue Generation des Elektroantriebs mit Brennstoffzelle. Sie erzeugt den Fahrstrom an Bord. Dank seiner Reichweite von rund 400 Kilometern und kurzer Betankungszeiten verbindet die B-Klasse F-Cell lokal emissionsfreie Mobilität mit Langstreckentauglichkeit und überzeugenden Fahrleistungen.
2011 soll eine erste Mercedes E-Klasse mit Diesel-Hybrid für Furore sorgen. In den beiden darauffolgenden Jahren kommen neuen Versionen von M-, C- und S-Klasse ebenfalls mit Hybridisierung. Zudem erweitert Mercedes-Benz 2010 bereits das Produktangebot bei "Blue Efficiency"-Fahrzeugen mit verbrauchsarmen Motoren von 58 auf 76 Modelle
Global genug?
Die Daimler AG blickt auf eine mehr als hundertjährige Tradition zurück, die von Pionierleistungen im Automobilbau geprägt ist. Heute ist Daimler ein führender Anbieter von Premium-Pkw sowie der weltweit größte Hersteller von Nutzfahrzeugen. Mit seinen starken Marken und dem umfassenden Angebot an Fahrzeugen, das vom Kleinwagen bis zum Schwer-Lkw reicht und um maßgeschneiderte Dienstleistungen entlang der automobilen Wertschöpfungskette ergänzt wird, ist Daimler in nahezu allen Ländern der Erde vertreten. Die Stuttgarter fühlen sich gut gerüstet, um den Markenmultis Toyota oder Volkswagen Paroli zu bieten. Gute Vorzeichen für ein entspanntes 125-jähriges Jubiläum im nächsten Jahr.
Design: Gorden Wagener zeigt die Richtung
Zu den absoluten Eyecatchern in Detroit zählte eine Automobil-Skulptur, die einen Ausblick auf die künftige Mercedes-Formensprache liefert. Das silbrig glänzende Kunstwerk skizziert klar, wohin die Reise beim neuen CLS geht. Er soll im Herbst seinen offiziellen Auftritt haben. Im Vergleich zum aktuellen CLS schälten sich bereits deutlich die stärker herausgearbeiteten Elemente wie der steile Kühlergrill heraus, die ähnlich der E-Klasse ausgestellten hinteren Radhäuser und die weichen Übergänge von Front- und Heckscheibe zu den beiden Hauben.
Mercedes-Benz Chefdesigner Gorden Wagener ließ bereits beim SLS AMG seine Handschrift deutlich erkennen. Der gebürtige Essener, der an der Folkwang-Schule die Kunst des Zeichnens lernte, wurde nach einem Umweg über Kalifornien 2007 Leiter der Abteilung Strategisches Advanced Design bei Mercedes. Er hat mit dem Flügeltürer die Interpretation eines Klassikers der Zukunft geschaffen. Sein Ziel: Den schönsten Sportwagen des 21. Jahrhunderts auf die Straße zu bringen. Die neue Design-Ikone weist den Weg für die Design-Philosophie kommender Mercedes-Benz Sportwagen.
Bei der Gestaltung des Interieurs stand der Flugzeugbau Pate. Beispiel Instrumententafel: Sie ist das prägende Stilelement mit der Form eines kraftvoll überspannten Flügelprofils für optische Breite. Die Belüftungsdüsen sollen an die Triebwerke eines Jets erinnern. Viel Liebe zum Detail erkennt man auch, an den verwendeten Materialien, wie zum Beispiel Nappa-Leder, Echtmetall oder Carbon. Damit erfüllt das Interieur die Erwartungen, die das Exterieur geweckt hat. So soll es weiter gehen.
Mercedes Motorsport: Die Nummer 1 kommt zur Nummer 1!
Michael Schumacher und Mercedes zelebrieren Mitte März in Bahrein das Comeback des Jahrhunderts. Die Formel 1 wird einen neuen Höhenflug erleben. Mercedes wird davon in mehrfacher Hinsicht profitieren. Selten waren Millionen besser angelegt. Im Vorfeld bereits wurde der
Formel-1-Rennstall von Ross Brawn übernommen, der mit Brawn GP im letzten Jahr Fahrer- und Markentitel holte.
Formel-1-Experte Niki Lauda urteilt: "Schumacher bringt mehr als jeder andere Fahrer einen weltweiten Werbeeffekt zu einem überschaubaren Preis. Das Ansehen des Hauses Daimler wird gerade in schwierigen Zeiten mit einem extrem positiven Image besetzt, weil Michael nicht des Geldes wegen zurückkommt, sondern weil er es allen noch einmal beweisen will." Die deutschen Motorsport-Fans werden stolz sein, wenn Michael und das Unternehmen Mercedes in der Formel 1 Siege einfahren werden. Ein siegreicher Schumi im Silberpfeil ist kaum zu toppen. Schon jetzt sprechen manche von der deutschen Formel1-Nationalmannschaft. Der Stern schlägt zurück.
Helmut Daniels
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