Der W123 ist das bisher meistgebaute Modell von Mercedes-Benz. Diese Baureihe setzte Maßstäbe in der Fahrzeugsicherheit und war Wegbereiter des Kombis in dieser Klasse sowie des Turbodiesels in Mercedes-Benz-Personenwagen. Der Nachfolger des Strich Acht wird heute immer beliebter, sind mittlerweile alle Baujahre im Oldtimer-fähigen Alter. Doch während die meisten Mercedes-Oldtimer-Fans auf eine "volle Bude" abfahren, kommt der hier gezeigte 200er als "Buchhalter-Ausstattung" mit nur wenigen Extras....
Bevor uns nun die ersten Steuerfach- und Finanzfachangestellte auf's Dach steigen, "Buchhalter-Ausstattung" ist keinesfalls eine Erfindung von uns! Vielmehr haben die Auto-Fans selbst diesen Begriff geprägt.
Noch ein Kosename: "Ochsenaugen"
Als Mercedes-Benz die neue Limousine der obere Mittelklasse 1976 auf den Markt bringt, ist auf den ersten Blick deren Zugehörigkeit zur aktuellen Stuttgarter Modellgeneration zu erkennen: Wie die S-Klasse W 116 und der neue SL der Baureihe 107 hat der W 123 quer liegende Scheinwerfer statt der früher aufrecht stehenden Leuchten. Das Gros der Modelle beleuchtet die Fahrbahn mit runden Scheinwerferpaaren, liebevoll "Ochsenaugen" genannt, die jeweils hinter einer gemeinsamen, rechteckigen Streuscheibe untergebracht sind.
Einzig die beiden Spitzenversionen 280 und 280 E haben bereits bei der Premiere des W 123 rechteckige Halogen-Breitbandscheinwerfer. Mit der Modellpflege 1982 werden diese rechteckigen Strahler dann für alle Versionen sämtlicher Karosserievarianten eingeführt.
Die meisten Motoren werden vom Strichacht übernommen
Auf bewährte Technik greifen die Schöpfer des W 123 auch bei den Motoren zurück: In acht von neun Modellen des ersten Jahres arbeiten Motoren, die auch schon den Strich-Acht vorangetrieben haben: Der Reihenvierzylinder M 115 kommt in den Typen 200 (94 PS) und 230 (109 PS) zum Einsatz, die Spitzenmodelle der Typen 280 (156 PS) und 280 E (177 PS) werden vom Reihensechszylinder M 110 (als Vergaser- und als Einspritzmotor) nachdrücklich mobil gemacht. In den Dieseltypen 200 D (40 kW/55 PS), 220 D (60 PS) und 240 D (65 PS) arbeitet der Vierzylindermotor OM 615, den Typ 300 D (80 PS) treibt das Fünfzylinderaggregat OM 617 an. Allein der neue 2,5-Liter-Sechszylinder M 123 im Typ 250 (129 PS) entsteht für die Premiere neu.
Bereits 1978 überarbeitet Mercedes-Benz diese Motorenpalette gründlich. Bis zum Ende der Baureihe 123 nimmt die Leistung der einzelnen Modelle aufgrund verbesserter Antriebsaggregate zu. Der Typ 200 (jetzt 109 PS) erhält 1980 sogar einen neuen Motor, den M 102. Dieser arbeitet als Einspritzer auch im 136 PS starken Typ 230 E. Ein herausragendes neues Triebwerk ist auch der aufgeladene Fünfzylinder-Diesel OM 617, der 1981 für den Typ 300 D Turbodiesel (125 PS) in die Baureihe aufgenommen wird. In den Vereinigten Staaten wird dieser aufgeladene Selbstzünder-Motor in allen Karosserievarianten angeboten, in Deutschland jedoch gibt es den Typ 300 D Turbodiesel ausschließlich als T-Modell.
Der hiergezeigte "Buchhalter"-123er kommt natürlich auch mit einer einfachen Motorisierung: Die Limousine wird von dem 109 PS starken Vierzylinder (M 102) via Viergang-Schaltgetriebe angetrieben. Die 109 PS sind aber ausreichend für die 1350 kg "leichte" Limousine, so dass diese immerhin eine Höchstgeschwindigkeit von 168 km/h erreichte.
Makelloses Interieur
Doch Buchhalter waren keine Raser. Dem Erstbesitzer - von dem wir nicht wissen, welchen Beruf er ausübte - reichte das sicherlich seinerzeit aus. Schließlich hatte er diese so bestellt, auch mit nur wenigen Extras, Sonderausstattungen genannt. Auf dem noch vorhandenen Lieferschein vom Juli 1982 stehen lediglich ein Becker Europa Kurier Radio, Servolenkung, rechter Aussenspiegel, elektr. Antenne sowie getöntes Glas rundum und ein Feuerlöscher!
Die in Agavengrün lackierte Limousine hat in den letzten 30 Jahren gerade einmal 130.000 km abgespult und zeigt sich ausssen und innen in einem exzellenten Zustand. Was neben der guten Pflege der beiden im Brief verzeichneten Eigentümer aber auch an den seit Herbst 1978 stetig erweiterten Rostschutzmaßnahmen der teilweise verzinkten Karosseriebleche liegt.
Gefunden vom Auto-Scout
Der heutige Besitzer Arne Seeger fand den Wagen im Sauerland, genauer in Olpe, nicht weit weg von seiner Heimatstadt Dortmund. Dass der Dortmunder solche "Schätze" findet, ist kein Wunder! Denn der 41-jährige Oldtimer-Fan und -Restaurator betätigt sich als "Auto Scout" und sucht für sich und seine Kunden genau nach solchen, besonderen Autos. Autos mit einer Geschichte oder mit Besonderheiten wie Ausstattung oder ganz einfach einem Oldtimer nach Wunsch....
Und wer jetzt schreit, "sowas interessiert keinen" oder "der ist nix wert" - der möge bitte uns einen Zweiten in einem solchen Originalzustand zeigen ;-)
Text & Fotos: Thomas Frankenstein
Mercedes-Fans Facts
1982 Mercedes-Benz 200 (W123)
Antrieb: Reihenvierzylinder (M102), 1.997 ccm, 109 PS bei 5200 /min, 170 Nm bei 3000 /min, Flachstromvergaser Stromberg 175 CDT; 4-Gang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb
Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Doppel-Querlenker-Vorderachse mit Drehstab-Stabilisator, Schraubenfedern, Gummi-Zusatzfedern, Scheibenbremsen; Diagonal-Pendelachse, auf Wunsch mit hydropneumatischer Niveau-Regulierung, Schraubenfedern, Gummi-Zusatzfedern, Drehstab-Stabilisator, Scheibenbremsen
Räder: Stahlblech-Scheibenräder, 5 1/2 J x 14 H2 mit 175 SR 14 88 S
Sonstiges: "Buchhalter"-Ausstattung mit wenigen Sonderausstattungen, Farbe: "Agavengrün" (880), Polster "Stoff Olive" 036,
Extras: Becker Europa Radio, Servolenkung, Aussenspiegel rechts, Heckantenne, Wärmedämmendes Glas mit Heckscheibenheizung, Feuerlöscher
Preis (1982): 26.849,93 DM (ca. 13.700 )
49 Bilder Fotostrecke | Der Buchhalter: Mercedes-Benz Limousine 200 (W123):
4 Kommentare
Lauftalent
3. Februar 2015 19:50 (vor über 9 Jahren)
Mercedes-Fans.de
3. Juli 2014 14:18 (vor über 10 Jahren)
Sternen-Fink
3. Juli 2014 14:09 (vor über 10 Jahren)
2FAST4YOU
3. Juli 2014 11:38 (vor über 10 Jahren)
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