Daimler sucht Wege aus der Krise

Sparzwang und Jobabbau: Quo vadis Daimler?

Daimler sucht Wege aus der Krise: Sparzwang und Jobabbau: Quo vadis Daimler?
Erstellt am 15. November 2019

Daimler will Milliarden sparen, Investitionen deckeln und Jobs streichen. Das war eine der Kernaussagen der gestern auf dem Daimler Kapitalmarktag in London von Daimler-Vorstandschef Ola Källenius vorgetragenen „Regierungserklärung“. Källenius hielt ein bisschen eine Blut-Schweiß-und Tränen-Rede, indem er Investoren und Mitarbeiter auf schwere, wenn nicht gar magere Jahre einstimmte. Dass der Daimler die Kosten senken muss angesichts der zu stemmenden Herkules-Aufgaben wie Elektromobilität, autonomes Fahren, Digitalisierung und mehr Nachhaltigkeit kann jeder nachvollziehen. Aber was ist der tiefere Sinn dieser Anstrengung, die nicht zuletzt der eigenen Arbeitnehmerschaft noch so manches, was gestern im Detail allerdings unausgesprochen blieb, zumuten wird? Wozu dient es? Wo will der Daimler hin?

Daimler Zukunftsplan: Pionier für nachhaltigen modernen Luxus

„Daimler stellt die Weichen für die Zukunft", lautete die Überschrift der gestern lancierten Pressemitteilung zum Källenius-Vortrag auf dem Kapitalmarkttag. Wer Weichen stellt, muss eine Richtung kennen. Man wolle sich, so Källenius als "Pionier für nachhaltigen modernen Luxus" aufstellen. Was das genau bedeutet und welche Konsequenzen das für das Unternehmen und seine Belegschaft hat, sagte der Daimler-Chef aber nicht. Vermutlich nicht, weil er es nicht weiß, sondern weil die Antwort verstörender wirken könnte, als es ihm jetzt lieb sein könnte. Denn letztendlich geht es um nichts anderes als um die Daimler-Identität. Dass der Stern weltweit ein glänzendes Image besitzt, ist das Resultat viele Faktoren. Mehr als alles andere aber sind es die Motoren, welche zum einen über alle Jahrzehnte identitätstiftend wie nur irgendwas wirkten und beim Daimler zum anderen vielen Menschen sichere Jobs gaben. Das eine wie das andere ist mittelfristig nun passé. Kann nachhaltiger Luxus - was ist das denn im Detail überhaupt und was soll daran unaustauschbar einzigartig sein? - den Stellenwert, welchen die bei Daimler gefertigten hochgerühmten Motoren, Achsen und Getriebe besitzen, als Kaufargument und Substanz für Markentreue ersetzen?

Feuer unterm Dach wegen Umstrukturierung?

So sehr die Daimler-Identität durch die Aufgabe des Verbrenners in Frage gestellt ist, so sehr ist durch die angekündigten Maßnahmen der Kostensenkung und Umstrukturierung auch der über Jahre bewährte Schulterschluss von Unternehmensführung und Arbeitnehmerschaft in Gefahr. In der Belegschaft geht schon die Jobangst um. Es ist ein Feind im Haus. Er heißt Elektromobilität. Viele Arbeitsplätze, die jetzt noch im Aggregatebau angesiedelt sind, werden nicht mehr benötigt werden. Und es werden noch mehr Jobs, vielleicht sogar ganze Elektromobilität: Geht beim Daimler die Job-Verlust-Angst um? Gesamtbetriebsrat macht Druck und fordert Fertigung des elektrischen Antriebsstrangs in Untertürkheim Der Elektromobilität gehört die Zukunft, aber viele Jobs sind dann Vergangenheit. Diese Erkenntnis drängt sich offenbar ins Bewusstsein der Daimler-Mitarbeiter Produktionsstätten bei Mercedes-Benz auf der Kippe stehen, wenn die Antriebseinheiten für die Elektro-Autos mit Stern ausschließlich von den Zulieferern gebaut werden. ZF, Bosch und Continental, die ihr Geschäft, ihre Produktion und ihre Belegschaft unter dem Druck des Wandels vom Verbrenner zum Elektroantrieb ebenfalls neu ausrichten müssen, werden dem Daimler verlockende Angebote für eine kostengünstige Belieferung für die von ihnen entwickelten Antriebsstränge machen. Es ist vergifteter Wein. Aus Effizienzgründen kann der Daimler diese Angebote vermutlich nicht ausschlagen. Der bewährte Betriebsfrieden im Hause Daimler aber ist dann vielleicht Geschichte. Dann können aus Verteilungskämpfe, die sich ja jetzt schon im Motorenwerk Untertürkheim andeuten (Mercedes-Fans.de berichtete, siehe Beitrag links), womöglich Arbeitskämpfe werden. Schon jetzt stellen sich ja die Betriebsräte auf die Hinterbeine und machen gegen die Sparpläne verbal Front.
Klar ist: Der Daimler muss sich verändern. Aber auf diesem Weg muss er die Menschen, Kunden und Mitarbeiter, mitnehmen, wenn er eine glanzvolle Zukunft haben will. Wie das gelingen soll, das mochte oder konnte Källenius gestern noch nicht recht deutlich machen.

Autor:‭ ‬Mathias Ebeling

1 Kommentar

  • Pano

    Pano

    Den Eindruck, daß die gestern größtenteils vage gehaltenen Ankündigungen nicht dazu geeignet sind Mitarbeitende und Kunden mitzunehmen hatte ich auch. Dafür ist mir außer dem möglichen Lohnverzicht der Vorstände noch eine Idee gekommen wie der Daimler mal so richtig sparen könnte. Einfach die Dividende für die nächsten drei Jahre kürzen oder sogar völlig auf eine Ausschüttung verzichten. Schwupps hat man pro Jahr mehr als drei Milliarden gespart. Das würde den Investoren evtl den Tag versauen. Aber man kann davon ausgehen, daß ein Herr Li Shufu oder die BlackRock Inc. deswegen nicht in den Ruin getrieben würden... Grüße Pano

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