Und schon wieder hat es gekracht! Die beiden Silberpfeil-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg geraten in der letzten (!) Runde des Österreich-GPs in Führung liegend aneinander. Auch der anschließende Sieg Hamiltons konnte die Verantwortlichen nur kurz besänftigen. Wie lange schaut man sich diese Grabenkämpfe noch an?
Durch seinen Unfall im freien Training und des darauf folgenden Getriebewechsels musste Nico Rosberg trotz schnellster Quali-Runde um fünf Plätze zuück versetzt werden und startete nur von Position sechs ins Rennen. Auf der Pole-Position stand Weltmeister Lewis Hamilton, der diesen Platz auch nach dem Start rettete. Nico steckte im Verkehr fest und legte einen frühen ersten Boxenstopp ein, während die Spitze draußen blieb. Dadurch konnte der Deutsche viele Plätze gut machen. Als Lewis Hamilton endlich zum ersten und einzigen geplanten Stopp in die Box kam, dauerte der Wechsel sehr lange, weshalb Nico vorbei ziehen konnte. Dieser war allerdings im Gegensatz zu Hamilton auf einer Zweistopp-Strategie.
Reifen-Platzer bei Vettel zwingt zu Strategie-Änderung!
Als der zu dieser Zeit führende Sebastian Vettel einen gefährlichen Reifenplatzer infolge zu lange gefahrener Reifen erlitt, entschloss man sich bei Mercedes-AMG, auch Hamilton aus Sicherheitsgründen auf eine Zweistopp-Strategie zu setzen. Dabei bekam der Brite einen frischen Satz Soft-Reifen aufgezogen. Nico Rosberg hatte keine neuen Soft-Pneus mehr, weshalb er auf die roten Super-Soft gehen musste.
Hamilton holt auf und greift an! Crash!!
Zum Ende des Rennens machte der Zweitplatzierte Lewis Hamilton Druck auf Nico Rosberg, der einerseits mit seinen nicht mehr optimal haftenden Reifen zu tun hatte, andererseits aber auch mit einem Bremsenproblem kämpfte. Dadurch konnte Hamilton immer am Ende der langen Geraden bem Anbremsen extrem aufholen. Und so kam, was kommen musste: In der letzten Runde wollte der Weltmeister seine letzte Chance ergreifen und bremste sich mit Geschwindigkeitsüberschuss außen neben Nico Rosberg. Dieser war ebenfalls auf der letzten Rille unterwegs und musste sich weit nach außen treiben lassen. Lewis Hamilton hatte aber bereits eingelenkt und so kollidierten beide Silberpfeile miteinander. Während Hamilton mit einem unbeschädigten Auto durch den Notausgang musste, brach bei Nicos Bolide der Frontspoiler. Dadurch musste er nicht nur Hamilton ziehen lassen, sondern wurde auch noch bis auf Rang vier zurück gereicht.
Video:
Teaminterner Horror-Moment in der letzten Runde!
Über die Schuldfrage war man sich erwartungsgemäß uneinig. Während Nico ein zu frühes Einlenken und "Türzuschlagen" von Hamilton als Unfallursache angab, wies dieser darauf hin, dass er auf der Außenseite schon leicht in Führung war und Nico von innen in ihn hereinkrachte, womit er sicher nicht ganz falsch liegt. Das sah auch die Rennleitung ähnlich und brummte Rosberg eine nachträgliche Zeitstrafe von 10 Sekunden auf, durch die sich aber am Ergebnis nichts änderte. Viel wichtiger ist aber die Frage, warum man solch ein teaminternes Duell in der letzten Runde auf den Plätzen eins und zwei überhaupt zulässt. Wenn sich Rosberg und Hamilton nahe kommen, dann kracht es. Das weiß mittlerweile jeder, auch Teamchef Toto Wolff. Das praktizierte "freie Racing" im Team ist ja sportlich gesehen sehr löblich, macht aber keinen Sinn, wenn man dadurch regelmäßig Punkte wegwirft. Zumal man davon ausgehen muss, dass bei beiden Kontrahenten der gesunde Menschenverstand in diesem Falle wohl keine Wirkung hat.
Teamorder offensichtlich dringend nötig!
Man muss ganz deutlich sagen, dass der Angriff von Hamilton bei einem roten oder weißen Auto ganz sicher machbar gewesen wäre, auch wenn viel Risiko dabei im Spiel war. Beim eigenen Teamkollegen in der letzten Runde allerdings hat das nicht nur einen faden, sondern einen extrem bitteren Beigeschmack. Wieder einmal hat man gesehen, dass der Brite ausschließlich seine eigenen Interessen im Blick hat. Das Team oder gar der Teamkollege kommen in der Prioritätenliste viel weiter hinten. So wird man in der Formel 1 zwar mehrfacher Weltmeister, dem Standing im Team nutzen solche Aktionen allerdings nicht. Auf der anderen Seite ist nunmehr auch bekannt, dass Nico Rosberg im Falle Hamilton auch keinen einzigen Millimeter nachgibt und lieber einen Crash in Kauf nimmt. Hier muss man für die Zukunft ein ganz klares Zeichen setzen und teaminterne Angriffe in solchen Situationen verbieten, auch wenn es unpopulär sein mag!
Positive Randnotitz: Mercedes-Youngster Pascal Wehrlein erzielte nach einen sehr guten Rennen im unterlegenen Manor-Mercedes seinen ersten WM-Punkt als Zehnter. Glückwunsch, Pascal!
Stimmen zum Rennen:
Lewis Hamilton Ich war in einer guten Position, zog den Kopf ein und hatte mir heute so viele Punkte wie möglich zum Ziel gesetzt. Die Möglichkeit, das Rennen zu gewinnen, eröffnete sich in der letzten Runde, als Nico in Kurve 1 rauskam. Ich konnte gut zu ihm aufholen und fuhr außen herein. Dabei ließ ich so viel Platz wie möglich. Ich war überrascht, dass es zu einer Berührung mit Nico kam. Von da an habe ich versucht, so viel Gas wie möglich zu geben. In der folgenden Kurve konnte ich ihn überholen, als er langsamer wurde und Funken aus seinem Auto kamen. Da ist Motorsport. Das Team erlaubt es uns, gegeneinander zu fahren. Wir beide haben das Ziel, Rennen zu gewinnen - heute war es einfach ein unglücklicher Zwischenfall. Ich freue mich auf Silverstone und meine Fans dort. Hoffentlich kann ich wieder ein gutes Ergebnis einfahren.
Nico Rosberg Es war enttäuschend, das Rennen auf solch eine Weise zu verlieren. Während der letzten Runden wurde es ziemlich schwierig. Ich musste meine Bremsen kontrollieren. Ich war zuversichtlich, den Sieg nach Hause fahren zu können. Ich war auf der Innenseite und wir beide fuhren etwas weit in die Kurve hinein. Ich war überrascht, dass Lewis einlenkte. Das führte letztendlich dazu, dass wir zusammenkamen. So läuft es manchmal in diesem Sport. Aber es ist ziemlich schwierig, ein Rennen so zu verlieren.
Toto Wolff, Mercedes-Benz Motorsportchef Es war für das Team ein unglaublich frustrierendes Gefühl, mitanzusehen, wie in der letzten Runde aus einem Doppelsieg beinahe ein potenzieller Doppelausfall geworden wäre. So haben wir erneut Punkte durch eine Kollision unserer beiden Autos verloren. Wir lassen unsere Fahrer gegeneinander Rennen fahren und haben Vertrauen, dass sie es auch tun - aber miteinander kollidierende Teamkollegen wollen wir nicht sehen. Das muss aufhören. Wenn wir unsere Philosophie überdenken und unpopuläre Entscheidungen treffen müssen, dann müssen wir vorbereitet sein, uns diese Option offen zu halten. Bis zu diesem Zeitpunkt war es ein intensives Rennen: Mit Lewis versuchten wir eine Ein-Stopp-Strategie, weil wir erwarteten, dass Ferrari das Gleiche tun würde. Bei Nico wechselten wir jedoch früh auf zwei Stopps. Angesichts des Rennverlaufs zeigte sich, dass Nico die Oberhand haben würde. Deshalb wechselten wir auch bei Lewis auf zwei Stopps, um ihm die bestmögliche Chance auf den Sieg zu geben. Lewis fuhr in seinem letzten Stint unseren bevorzugten Reifen, die weiche Mischung. Nico hatte aber keine Soft-Reifen mehr übrig, deshalb nahm er bis zum Ende die SuperSofts. Die Fahrer waren nach dem harten Rennen mit den Bremsen voll am Limit. Nicos Break-by-Wire-System ging zudem in der vorletzten Runde in den passiven Modus. Mit Blick auf die Kollision möchte ich keiner der beiden Seiten mehr Schuld zuweisen als der anderen. Für einen Tango braucht es immer Zwei. Und, wie wir vorher gesagt haben, sollte das nicht unter Teamkollegen passieren. Jetzt lassen wir die Emotionen abkühlen. Dann setzen wir uns zusammen und besprechen die nächsten Schritte.
Paddy Lowe, Executive Director (Technical) Das war ein sehr ereignisreiches Rennen. Angesichts der recht ungewöhnlichen Startaufstellung und den verschiedenen Reifenoptionen hatten wir damit aber bereits gerechnet. Bei Lewis war unser Plan recht einfach: Er fuhr auf unserer Basis-Ein-Stopp-Strategie mit den Reifenmischungen Ultrasoft und Soft. Nico hatte einen relativ schwierigen ersten Stint, da seine ultraweichen Reifen ziemlich schnell abbauten. Aus diesem Grund stellten wir ihn auf eine Zwei-Stopp-Strategie um. So kämpfte er sich fantastisch durch den Verkehr. Mit Lewis blieben wir draußen, um die Ferraris abzudecken, die ebenfalls auf einer Ein-Stopp-Strategie unterwegs waren. Als sich alles geordnet hatte, war klar, dass die Ein-Stopp-Strategie von Lewis perfekt geeignet war, um alle anderen außer seinen Teamkollegen zu schlagen. Nicos Zwei-Stopp-Strategie war schneller als vorhergesehen. Deshalb entschieden wir uns dazu, auch Lewis zu einem weiteren Wechsel auf Soft-Reifen hereinzuholen. Nico wechselte derweil auf die Supersofts, da er keinen weiteren Satz Soft-Reifen mehr zur Verfügung hatte. Gegen Rennende steuerte Nico auf das Limit seines Bremsenverschleißes zu. Wir gaben unser Bestes, dies in den Griff zu bekommen. Aber auf der letzten Runde schaltete sein Bremssystem in einen "passiven Modus" um. So konnte Lewis seinen letzten Angriff einleiten. Dieser endete leider nicht so, wie wir es uns gewünscht hätten. Letztlich freuen wir uns über einen Sieg für das Team. Die Performance des Autos war das gesamte Wochenende über sehr stark. Herzlichen Glückwunsch an die ganze Mannschaft in Brackley und Brixworth für ihre fortlaufend großartige Arbeit.
1 Kommentar
Egide aus belgien
4. Juli 2016 22:43 (vor über 8 Jahren)
Schreibe einen Kommentar