Ellen Lohr startet am kommenden Wochenende zu ihrem Comeback in der Truck-Race-Europameisterschaft. Im italienischen Misano pilotiert die
Wahlmonegassin den einzigen Mercedes-Benz Axor im stark besetzten Teilnehmerfeld für das Tankpool24 Racing Team.
Bereits vor 14 Jahren war die Motorsport-Allrounderin im Trucksport erfolgreich unterwegs.
Ich freue mich, neben meinen Ausflügen in die Offroad-Welt nun auch wieder eine komplette Saison bei Rundstreckenrennen am Start zu sein, sagt Lohr. An Misano habe ich sehr gute Erinnerungen, denn dort bin ich seinerzeit als Drittplatzierte auf das Podium gefahren. Grinsend fügt sie hinzu: Das ist allerdings sehr lange her, was man nicht zuletzt daran erkennt, dass der Kurs in Misano seinerzeit noch andersrum befahren wurde.
Außenseiter: der einzige Axor im Feld geht ohne Tests ins Rennen!
Erst wenige Tage vor dem persönlichen Saisonauftakt vom 12. bis 13. Mai startete die EM bereits in Istanbul wurde das Team komplett. Und nun erteilen wir Ellen das Wort, die uns hautnah von ihrem Racing-Wochenende berichten wird! Ellen, gib Gas!
Direkt aus dem Cockpit: Ellen Lohr berichtet selbst vom Rennwochenende
Hallo liebe, Mercedes-Fans, Stammleser kennen ja schon meine Rennberichte hier im Online-Magazin Mercedes-Fans.de. Bisher habe ich von Rallye-Aktivitätern berichtet oder meine Fahreindrücke zu bestimmten Modellen wie der Mercedes M-Klasse abgegeben. Jetzt aber setze ich mich in der Truck-Race-EM wieder auf den Bock und werde für Euch direkt aus dem Cockpit berichten! Drückt unserem Team mal die Daumen, denn es wird ein echtes Abenteuer. Denn für das Team und mich ist
alles vollkommen neu! Der Renntruck, der Auflieger, die Begleitfahrzeuge! Unsere Mechaniker rund um Teamchef Markus Bauer hatten in den letzten Wochen wirklich eine Menge zu tun und ihnen gebührt großes Lob. Ich bin sehr stolz, dass wir hier einen so schönen Auftritt hier in Misano hinlegen. Allerdings blieb aufgrund der Kürze der Zeit keine Möglichkeit, einen Test zu absolvieren. Das holen wir nun in Misano nach.
Misano Freitag, 18.5.2012:
Alle neu und doch so vertraut. Nachdem ich 2004 der Rundstrecke den Rücken gekehrt hatte um mich auf Rallye und hauptsächlich Offroadrallye Pfaden zu versuchen, kehre ich mit meinem diesjährigen Engagement tatsächlich nochmal dauerhaft auf die Rundstrecke zurück. Wer hätte es gedacht; ich am wenigsten!
Ich kann euch sagen, es liegen Wochen hinter uns, die teilweise dem Ritt auf dem Feuerball entsprachen und wenn mein Teamchef Markus Bauer , unser Chefingenieur Andy Winkel und die gesamte Mechanikercrew nicht Nerven aus Stahl gehabt hätte
..wir hätten den Saisonauftakt für uns verschieben müssen. Aber egal, was so alles passier ist. Wir sind hier; haben einen super Auftrittt und sind stolz, dass es nun losgeht.
Mein neuer Racetruck ist der Alte von Markus `Oese` Österreich
Eine der ersten Aufgaben heute: Strecke begehen. Als ich das letzte Mal hier war, wurde die Strecke noch andersherum befahren. Da kommt man sich definitiv in die Jahre gekommen vor, aber was soll`s, ob rechts rum oder links rum ist ja eh alles wie neu für mich.
Der Blick in die Starterliste zeigt, dass einige meiner alten Mitstreiter aus vergangenen Truck Race Tagen immer noch dabei sind. Markus `Oese` Österreich, Antonio Albacete oder `Gerda`Körber um nur ein paar zu nennen. Oese gibt mir dann auch netterweise einige Tipps zu seinem alten Renntruck, denn genau mit dem stehen wir hier am Start.
Ohne einen Millimeter Test wird das hier natürlich eine recht schwierige Sache, aber wir sind alle so happy, hier überhaupt zu stehen, mir einem guten Truck, einem ordentlichen Rennmotor unter dem Popo und einem wirklich wunderbaren Auftritt des gesamten Teams. Zumindest sind wir der einzige Mercedes im Feld und haben die einzige Euro 6 (Actros) Zugmaschine im gesamten Fahrerlager vor unseren Renntansporter geschnallt.
kleine Siege
Dass wir den morgigen Tag alle nicht mehr erwarten können, ist klar, wir wollen unser Baby, das erst am Donnerstag zu uns gekommen ist endlich rennen sehen.
Den Tagesanbruch werden wir allerdings höchstwahrscheinlich noch schraubend im Fahrerlager erleben . Egal - ab einem gewissen Alter braucht man ja nicht mehr soviel Schlaf
.
Bis Morgen, eure Truckerbraut Ellen
Samstag, 19.5.2012: Kummer mit dem Steuergerät
Ich muss gestehen, ich war heute Morgen so nervös wie bei einer Abiturprüfung, mit anderen Worten, wie schon seeeehr lange nicht mehr. Keine Ahnung ob unser neues /altes Rennbaby funktioniert, oder ob es vielleicht irgendwann pling statt brumm macht.
Eins vorweg, es gab Überraschungen, aber alles in allem haben wir`s im Griff. Das Positive zuerst: ein 13. und ein 12. Platz sind gar nicht einmal so eine schlechte Ausbeute für den allerersten Renntag, allerdings gab es dabei auch einiges an Problemen zu überwinden.
Der Ladedruck steigt langsam - die Spannung auch!
Als Hintergrundinfo vielleicht nochmal folgendes: der Truck (ex Österreich von 2007) ist eigentlich mit einem Mercedes Rennmotor der letzten Generation ausgestattet. Allerdings ist uns sehr schnell aufgefallen, dass das dazugehörige Steuergerät alles andere als letzter Stand ist. Da fehlen einige Pferdchen im Stall. Beim ersten Rennen gab's dann noch ein kleines Temperaturproblem dazu. Das haben die Mechaniker inzwischen im Griff, aber dadurch gab es im ersten Renneinsatz für mich leider nur 1,6 bar Ladedruck. Zum Vergleich: in der Saison 2007 fuhren die Jungs mit 5,5 bar! Im zweiten Rennen hatten wir dann 2,4 bar zur Verfügung. Tendenz steigend. Nichtsdestotrotz ist uns allen klar, dass da noch ne Menge Arbeit auf uns wartet.
"Hütchenspieler"
Das gute Ergebnis kam dann doch noch zu Stande, da im zweiten Rennen die für uns Trucker aufgestellten Marker, also Plastikpinöpel zur Streckenbegrenzung eine Rolle spielen sollten. Drei weggeschossen gleich Durchfahrtsstrafe und so ist dann z.B. ein Jochen Hahn, der eigentlich dominierende Mann an diesem Wochenende hinter mir gelandet und ein paar andere auch. Frau Lohr hat in den freien Trainings übrigens den Rekord aufgestellt
..55 von den Plastikdingern wurden zerschossen ein Fahrer hatte allein 9 auf dem Gewissen. Ich sage nur: man muss sich ja auch erst an die Dimensionen seines Renngeräts gewöhnen
Morgen versuchen wir ein anderes Steuergerät, das von der Programmierung zwar einem alten Stand entspricht und also eigentlich gar nicht passt, aber trotzdem besser als unsere Mitfahrgelegenheits-Event-Blackbox sein sollte.
Bis morgen eure Ellen
Ps: Nervösität ist weg, hat einfach nur Spass gemacht
Sonntag, 20.5.2012; das Rennen
Zweiter Renntag. Am Morgen sind wir hochmotiviert, denn über Nacht haben die Jungs noch ein paar von den fehlenden Pferdestärken gefunden. Im kurzen Warm up sieht es dann auch richtig gut aus und unser Axor zeigt zum ersten Mal richtig, dass Potential in ihm steckt. Das Thema verbotener Schwarzrauch ist auch viel besser
.aber nach der Meinung der Sportkommissare leider nicht gut genug. Tenor, wenn ihr so in den Rennen oder im Zeittraining antretet, holen wir euch raus.
Das war natürlich extrem frustrierend, denn damit war klar, dass wir es auch heute nur durch die Hilfe der anderen (sprich Ausfälle) schaffen würden ein ordentliches Ergebnis einzufahren. Aber die MB Motorsport Truppe ist Truckrace-gestählt und offensichtlich nur schwer zu erschüttern und so ist dieser Moment schnell vorbei. Ganz im Gegenteil, sofort werden alternative Lösungen geschaffen.
Doch noch ein paar PS gefunden!
Das Thema Motorleistung ist im Truck Racing ein sehr entscheidenes. Momentan gibt es glasklare Favoriten, die man auch in jedem Rennen auf dem Podest findet. Jochen Hahn, der Europameister und Antonio Albacete z.B. Die fahren mit den sogenannten MAN A+ Motoren und die sind wirklich der Knaller. Die MAN`s, eh schon nicht leistungsschwach, haben über Winter nochmal zugelegt und sind nun in der Lage ein extrem breites Drehzahlband zu nutzen. Effekt: es wird fast nur in einem Gang gefahren, da quasi immer power zur Verfügung steht. Die Werks-Renaults sind momentan sicher etwas dahinter einzuordnen und müssen richtig fighten um das Treppchen zu erreichen. An diesem Wochenende hat nur der Buggyra dazwischenfunken können und zwei Siege eingeheimst.
Am Ende sprang ein 14. Platz heraus
Von Siegen sind wir zwar weit entfernt, aber hochmotiviert in die Punkteränge zu gelangen (also Top 10) und das scheint doch extrem realistisch. Nichtsdestotrotz haben wir vier harte Vorbereitungswochen-Wochen vor uns und die entscheidene Frage wird sein, ob wir es schaffen, beim Motor die definitiv vorhandene Leistung auch abzurufen.
Die Ergebnisse des heutigen Tages für uns sind ein 14. Platz im ersten Lauf, der im Regen ausgetragen wurde und einen zweiten Lauf, der für uns in der Boxengasse endet, da der Motor sich in`s Notprogramm verabschiedet hat. Immerhin habe ich damit auch ein paar Nasskilometer absolviert und das könnte im weiteren Saisonverlauf durchaus hilfreich sein.
Video: Ellen Lohr über die Truck Racing Premiere in Misano
Keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar