Harry Sturhan ist weltweit der einzige Motorsportler, der mit einem Mercedes im Pro Stock-Beschleunigungssport antritt. Kein Mensch macht das außer ihm, und seine Motorsport-Kollegen kämen wohl auch nie auf die Idee. Denn während für Chevrolet Camaro und Pontiac GTO wesentliche Teile wie Rahmen, Karosse und Motoren gewissermaßen von der Stange erhältlich sind, muss Harry Sturhan alles in Eigenarbeit entwickeln. Und alles nur, weil sein Herz für den Stern schlägt oder ist Harry Sturhan einfach auch nur ein bisschen stur?
Antrieb: 1400 PS und Begeisterung für die Marke!
Die Frage ist, warum macht jemand sowas? Und warum macht er es mit einem Mercedes? Natürlich muss der Betreffende da ein bisschen verrückt sein, oder ein großer Fan der Marke. Vermutlich beides! In seinem Metier ist Sturhan weltweit der Einzige. Seine Konkurrenten achten ihn, die Fans finden das super nur warum macht jemand sowas?
Jetzt könnte man ja sagen: Super, der Kerl schafft sich ein
Alleinstellungsmerkmal die Sponsoren werden es ihm danken! Leider ist dem nicht so. Das Investment in der Größenordnung eines soliden Zweifamilienhauses hat nicht zur Folge, dass die Sponsoren Schlange stehen. "Das Sponsoring hält sich trotz der intensiven Bemühungen derzeit leider noch in Grenzen. Die meisten Unternehmen unterschätzen einfach die Einmaligkeit unseres Dragsters und dem damit verbundenen Werbepotential.", so Sturhan, der einen Großteil der Kosten aus der eigenen Tasche stemmt.
Auch die Begeisterung der Mercedes-Freunde schlägt ihm nicht ungeteilt entgegen. Ein Dragster CLK schaut eben nicht aus wie ein Straßen-CLK. Aber das ist bei einer DTM-C-Klasse ja auch nicht anders. Hier liegt es wohl eher am öffentlichen Bild des Dragstrsports. Dessen Image ist in Deutschland - na, sagen wir mal - eben noch entwicklungsfähig. Dabei wird hier genauso ernsthaft Motorsport betrieben wie in den anderen Bereichen auch und die Pro Stock Europameisterschaft, in der Harry Sturhan antritt, die kann sogar ein FIA-Prädikat vorweisen! Der Zuschauerzuspruch für diese Sportart steigt in Europa kontinuierlich - die Beachtung für Fahrer und ihre Autos auch.
In 6 Sekunden auf Tempo 300
Natürlich sieht so ein CLK, der auf Beschleunigungsbestzeiten gebaut wird, nicht so ästhetisch aus, wie das Original. Da muss sich die Optik den Anforderungen unterordnen. Aber jetzt mal aus einem anderen Blickwinkel: Harry Sturhans Mercedes CLK beschleunigt in 6 Sekunden auf Tempo 300. 100
km/h liegen nach rund einer Sekunde an! Das schaffen selbst die aktuellen Formel 1 Renner nicht!
Viel Aufwand für ein paar Minuten Rennen im Jahr!
Anders als bei der Rundstrecke ist ein Rennlauf hier bereits nach wenigen Sekunden vorbei. Wenn es mal nicht so gut läuft, ist das Rennwochende vielleicht schon nach ein oder zwei Läufen passé. Wo liegt denn da der Reiz geradeauszufahren?
"Dragracing ist nicht nur einfach Geradeausfahren! Die Faszination liegt darin, dass auf den Punkt alles stimmen muss und dann der Sieg in einem Zweikampf darüber entscheidet, ob man eine Runde weiterkommt!", "Harry Sturhan betreibt seit über 25 Jahren Motorsport. Die Faszination Dragracing hat ihn erst spät gepackt!
Für die Viertelmeile liegt die persönliche Bestleistung mit dem Mercedes bei 7.0083 s. Der Unternehmer Sturhan fährt auf eigene Kosten die fünf Rennläufe mit Team und Truck an. Er weiß, um ganz nach vorn zu fahren, muss über die 402 Meter eine 6.8er Zeit her! Das sind zwar nur zwei Zehntel schneller als seine momentane Bestzeit, aber im Dragster-Sport
sind das Welten. Das Gewicht soll weiter optimiert, die Türen müssen leichter werden. Sturhan selbst könnte es sich auch leichter machen und mit Material fahren, bei dem die Aussicht nach vorn zu kommen, größer ist. Aber dann wäre das ja nicht mehr sein Mercedes. Da ist Sturhan stur!
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Bei den Dragracing-Fans in aller Welt bekannt
Seine Ausnahmestellung macht Sturhan und seinen Mercedes CLK bei den Quartermile-Spezialisten in der ganzen Welt bekannt. Für sie ist er der Mercedes-Fan, der sich gegen die Übermacht der anderen stemmt. Da geht es ihm wahrscheinlich ähnlich wie dem Schweizer Stefan Winter, dessen 300 SL-Dragster wir bereits in unserem Online-Magazin vorgestellt haben, und der auch immer wieder einmal mit dem Vorurteil zu kämpfen hat, dort habe jemand einen Flügeltürer gemeuchelt, um daraus einen Dragster zu bauen.
Bei Harry Sturhans CLK 500 ist das auch nicht anders. Aber auch hier musste kein CLK sein Leben lassen, nur damit Sturhan möglichst zügig geradeaus fahren konnte. Das Auto basiert auf einem Rohrrahmen, muss aber
funktionsfähige Türen haben, die zweitürige Coupé-Karosse darf nicht älter als 15 Jahre sein und der V8 darf 500 ci (ca. Hubraum 8200 ccm) nicht überschreiten und muss ohne Aufladung auskommen.
Der Mercedes-Fan aus Vlotho, der seit über 25 Jahren Motorsport betreibt, kam 1997 zum Dragracing und fing wie so viele andere Dragster-Einsteiger mit einem gebrauchten US-Car an. Die V8-Motoren waren billig und obendrein relativ leicht für den Dragster-Sport vorzubereiten. 2006 nach zweijähriger Bauzeit - stieg Sturhan auf den CLK um. Unterstützt wurde Sturhan dabei von europäischen Spitzenleuten wie Klaus Rohmann von HPC Race Cars in Garbsen. Und so eine Mercedes Pro-Stock-Karosserie zu bauen, ist nicht so einfach. Einen Baukasten gibt es nicht. Alle Karosserieteile mussten selbst gefertigt werden. Es geht die Kunde, dass ein ausgeliehener Mietwagen hier hervorragende Dienste geleistet haben soll.
Ein Rennen ist nach maximal 7 Sekunden vorbei - das Rennwochenende vielleicht auch...
Anfangs steckte unter der verlängerten Mercedes-Front ein 8,2 Liter Oldsmobile-V8. Das entsprach freilich nicht dem Reglement, welches besagte, dass der Motor aus dem gleichen Konzern wie die Karosse stammen muss. Also sammelte Sturhan erst einmal Erfahrungen und fuhr seinen CLK zwei Jahre außer Konkurrenz. Denn Fehler sind beim Dragracing teuer. So mancher hat seinen Treibsatz nämlich schon im ersten Training geschlachtet...Das war's dann fürs Wochenende - Game over in 7 Sekunden!
Bei der richtigen Wahl für seinen Wettbewerbs-Motor kam Harry Sturhan die damalige Konzern-Konstellation zu Hilfe. Nein, kein AMG!
Für diese Motoren gibt es keine Erfahrungen mit dem
Dragster-Sport! Leider. Aber die dürften auch nicht genug Drehmoment haben, so Harry Sturhan. Er schaute stattdessen ins Chrysler-Regal und fand dort den sogenannten HEMI-Motor, der in unterschiedlichen
Entwicklungsstufen schon seit Jahrzehnten die Fantasien und Autos der Quartermiler beflügelt. So erhielt sein CLK 2007 einen Chysler-Hemi und ordnungsgemäße FIA-Papiere. Ein Jahr später wäre eine Zulassung unmöglich gewesen. Chrysler zählte nicht mehr zum Stern-Imperium.
Fahrzeugtyp: Mercedes Benz CLK 500 Dragster
Baujahr: 2006 erste Renneinsatz
Karosserie: Gitterrohrrahmen mit CLK Body,
Räder: American Racing -Alufelgen, vorn 4,5J x 16, hinten 33,5J x 16, Reifen vorne Hoosier hinten Goodyear
Fahrwerk: McPherson-Einzelradaufhängung, 9-Zoll Hinterachse, Eibach-Federn
Motor: (Daimler-)Chrysler Hemi V8, 500 ci, 8.200 ccm Hubraum, Leistung 1400 PS bei 10.300 U/min, 1.500 Nm max. Drehmoment, Da Vinci Four-Barrel-Vergaser, Eigenbau Edelstahlabgasanlage
Getriebe: Liberty Fünfgang-Getriebe, 8" Dual Disc-Kupplung, Achsübersetzung 5.29:1
Bremsen: 8"-Scheibenbremsen
Innenraum: Jerry Bickel-Lenkrad, Autometer pro Racing-Instrumente, Liberty-Alu-Shifter, Sparco Kohlefaser-Sitzschale
Bestzeit 1/4-Meile: 7.0083 s.
Vmax: über 320 km/h
3 Kommentare
Mercedes-Fans.de
13. Juli 2010 21:21 (vor über 14 Jahren)
Daniel560SEC
12. Juli 2010 22:15 (vor über 14 Jahren)
Daniel560SEC
12. Juli 2010 22:12 (vor über 14 Jahren)
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