Die Automobilhersteller befinden sich in einer Zwickmühle: Sie wollen Geld verdienen, aber die Elektromobilität und die neue Abgasnorm EU 7 kosten Geld. Die Konsequenz trifft die Autofahrer hart: Bezahlbare Autos sterben aus.
Früher gab es bei alten Gebrauchtwagen eine eherne Regel: pro Jahr TÜV tausend D-Mark. Simpel und eindeutig. Aber eben schon etliche Jahre her. Heute ist so eine Rechnung undenkbar. Man stelle sich das Gesicht des Verkäufers eines in die Jahre gekommenen Elektroautos vor, wenn ihm dieser Preisvorschlag unterbreitet wird. Dem verdutzten Gesichtsausdruck folgt Schnappatmung und dann mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Lachanfall.
Kein Wunder, bei E-Einstiegautos herrscht bei günstigen Preisregionen Ebbe. Hier mal ein paar Beispiele: Der Dacia Spring kostet mindestens 22.550 Euro (ohne Anrechnung irgendwelcher Zuschüsse). Und sonst? Schaut es ziemlich öde aus. Echte E-Kleinwagen wie der Skoda Citigo iV oder der Seat Mii electric sind schon längst von den Angebotslisten gestrichen. Aber auch bei Ihnen waren seinerzeit rund 20.950 Euro beziehungsweise rund 20.200 Euro fällig. VW hat noch einmal eine Edition des e-Up aufgelegt. Der Preis: ab 29.995 Euro. Das dürfte deutlich realistischer sein und zeigen, wie es um die Rentabilität der Elektrofahrzeuge bestellt ist. Das heißt: Sobald die Förderprogramme auslaufen, kommt die harte Kostenwahrheit auf den Tisch.
Günstig im Sinne von echten Einsteigermodellen waren die kleinen Stromer nie. Selbst der Ur-Stadtfloh Smart Fortwo EQ war nicht unter 21.940 Euro zu bekommen. Ob Mercedes damit Geld verdient hat, darf bezweifelt werden. Der nominelle Nachfolger Smart #01, ein gemeinsam mit Geely in China gefertigtes SUV, das in etwa so lang ist wie ein Golf 8, kostet mindestens 41.490 Euro. Da fühlen sich die 28.000 Euro für den Renault Twingo E-Tech fast schon wie ein Sonderangebot an.
Zum Vergleich: Der Dacia Sandero ist jetzt nicht zwingend die Krönung der französisch-rumänischen- Ingenieurskunst, aber ein grundsolides Auto mit Verbrennungsmotor, das bereits für 10.750 Euro zu haben ist. Doch auch dieser Fahrzeuggattung droht ein gewaltsames Ende. Ein guter Preis und die Abgasnorm Euro 7 schließen sich fast schon aus. Während die EU-Kommission die Mehrkosten für das Erreichen der Abgasnorm auf 90 bis 150 Euro beziffert, gehen BMW-Experten vom Zehnfachen aus. Im Kleinwagensegment kommt das einem finanziellen Tiefschlag gleich.
Schon jetzt ziehen sich Hersteller aus diesem Segment zurück. Der Ford Ka oder das Opel-Duo Karl und Adam sind schon Geschichte, der Ford Fiesta folgt nächstes Jahr. Tatsache ist: Geld ist mit dieser Fahrzeuggattung wenig zu verdienen. Die Hersteller treten die Flucht in die Marge an, die Klein- und Kleinstwagen bleiben auf der Strecke. Egal ob elektrisch oder mit Verbrennungsmotor, schaut man auf die Produktplanungen der Autobauer, spielen in den nächsten Jahren weiterhin SUVs die Hauptrolle. Je größer, umso besser, denn nur mit großen und am besten noch umfangreich ausgestatteten Fahrzeugen lässt sich noch richtig Geld verdienen.
Die Elektromobilisten wenden ein, dass Renault mit R5 und VW mit dem ID2 voraussichtlich 2024/25 kleine BEVs herausbringen werden, die weniger als 25.000 Euro kosten werden. Das wird groß gefeiert, aber wenn man genauer hinschaut, verdeutlicht das nur die Malaise, in der sich die Autobauer bei der Elektromobilität befinden. Gemeinhin geht man davon aus, dass die Batteriezellen bis zur Mitte der Dekade leistungsfähiger und eventuell auch günstiger werden. Nur so sind solche Preise realisierbar. Auch die Produktionskosten müssen passen. Das Hochlohnland Deutschland fällt aus, also werden der VW ID.2 in Spanien und der noch kompaktere ID.1 bei Skoda vom Band laufen. Wenn das aber schon die Kampfansage an die Konkurrenz sein soll, dann dürfte das folgende Szenario bei allen Elektroauto-Schnäppchen-Jägern die Alarmglocken schrillen lassen. Die Zahl der elektrifizierten Fahrzeuge steigt in den nächsten Jahren deutlich an. Schon heute bringen sich die Autobauer in Position, um sich die dringend benötigten Akkus für die Erhöhung der Stückzahlen zu sichern.
Eine der ältesten Gesetzmäßigkeit der Wirtschaft ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Wenn also mehr Batterien nachgefragt werden als auf dem Markt sind, steigt der Preis. Auch bei Kleinwagen. Und bei diesem Segment fühlt man fast jeden Cent bei den Absatzzahlen. Erste Tendenzen sind bereits sichtbar: In diesem Jahr sind Lithium-Ionen-Batterien zum ersten Mal seit 2010 wieder teurer geworden. Die globalen Krisen und schwelenden Konflikte tragen sich nicht dazu bei, die Lieferketten und damit den Preis stabil zu halten oder sogar sinken zu lassen. Wie man es dreht und wendet, die anbrechenden harten Zeiten gehen zu Lasten der Käufer von Klein- und Kleinstwagen. Ungeachtet der Antriebsart. Bei der Elektromobilität hat dieser Trend besonders fatale Auswirkungen. Denn die Mobilitätswende kann nur mit bezahlbaren Stromern gelingen.
1 Kommentar
Santana-D
12. Januar 2023 16:18 (vor einem Jahr)
Schreibe einen Kommentar