Welche Auswirkungen hat das auf die Mercedes-Strategie?

Kommentar: Klares Bekenntnis zur Technologieoffenheit: BMW tritt der efuels alliance bei!

Welche Auswirkungen hat das auf die Mercedes-Strategie?: Kommentar: Klares Bekenntnis zur Technologieoffenheit: BMW tritt der efuels alliance bei!
Erstellt am 6. Dezember 2024

BMW galt schon immer als richtungsweisender, aber auch eigenständig handelnder Autohersteller. Erst kürzlich gab der Münchner Konzern bekannt, dass seine in Deutschland gebauten Diesel ab 2025 als First Fill (Erstbetankung ab Werk) HVO100 erhalten, mit dem 90% der CO2-Emissionen sofort und ohne Umrüstungen eingespart werden.

In diese Strategie passt auch der „German Car of the Year 2024 Award“ für die 5er Baureihe, bei deren Übergabe BMWs CEO Oliver Zipse lächelnd mit einem knappen Satz eine klare Botschaft sendete.

Auf die Frage der Moderatorin Barbara Schöneberger, wie es denn sein könne, dass in Zeiten, in denen doch „alle nur noch Elektroautos wollen“, ein Diesel den Preis gewinnen kann, sagte er nur knapp

„Sie dürfen nicht alles glauben, was in der Zeitung steht!“

Bäm & Touché!

Mit dem Beitritt zur "efuel alliance" zeigen die Münchner nun selbstbewusst und offen, dass man Trends nicht herbeireden kann, sondern Pragmatismus und die Einhaltung marktwirtschaftlicher Regeln wichtige Faktoren für die Zukunft der Automobilindustrie sind. Dazu gehört neben der Entwicklung von Elektroautos selbstverständlich auch die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors.

Der für die Entscheidung zum Beitritt verantwortliche Oliver Zipse galt lange Zeit deshalb als das Enfant Terrible der deutschen Automobilindustrie, weil er sich schon einem E-Only Diktat widersetzte, als alle anderen Hersteller – allen voran Mercedes-Benz und Volkswagen – trotz aller Widerstände aus dem Markt vom baldigen Ende des Verbrennungsmotors und dem alleinigen Siegeszug der Elektromobilität überzeugt waren.

Keine Talkshow, in der VWs damaliger CEO Herbert Diess nicht die haushohe Überlegenheit der Elektromobilität beschworen und zum Kehlbiss rücklings liegend fast Tesla zum uneinholbaren Benchmark erklärt hätte. Auch Ola Källenius wurde stets mit seiner E-Only (später E-First) Strategie zitiert und von großen Teilen der Presse dafür über den grünen Klee gelobt. (Anm.: Im Oktober hat Mercedes exakt 0 (null, zero, keinen) EQE im wichtigsten Markt China verkaufen können. Läuft? …läuft!)

Zipse fiel im Feld der deutschen Hersteller hier immer aus dem Rahmen, indem er stets sehr überzeugend betonte, dass der Kunde die entscheidende Instanz ist, was gebaut und verkauft wird, und nicht politische Entscheider in Brüssel oder Berlin – auch nach 2035, wenn der letzte  sog. „Verbrenner“ eigentlich hätte längst gebaut sein sollen. Er musste hier lange heftige Kritik einstecken und Automobilexperten wie Prof. Ferdinand Dudenhöffer machten abfällige Bemerkungen, die Oliver Zipse in den Reihen der Ewiggestrigen ansiedelten. Zum Elektroauto gäbe es schließlich keine Alternative und der Verkauf von Verbrennungsmotoren müsse als logische Konsequenz daher ab 2035 verboten werden. Wie sich inzwischen zeigt, sind Experten in manchen Fällen nur Leute, die früher wohl mal "Perten" waren und dafür bezahlt werden.

Mit KFZ-Steuerbefreiung und üppigen Subventionen sah es eine Zeitlang auch so aus, als wäre das BEV auf dem vorausgesagten Siegeszug, jedoch wuchs auch langsam die Zahl seiner Kritiker proportional mit dem Rückgang der Verkaufszahlen. Ferner kamen angesichts des deutschen Strommixes Zweifel am tatsächlichen CO2-Minderungspotential auf. Auch der prognostizierte Durchmarsch der chinesischen E-Hersteller blieb in Europa bisher aus.

Als die Subventionen für den Kauf von Elektroautos quasi über Nacht gestrichen wurden, brachen die Verkäufe vollends ein. Die Automobilindustrie hatte einen nicht ganz unwichtigen Player vergessen: Den Kunden – und der kaufte auf einmal deutlich weniger EQs, IDs und E-Trons – einige Händler sprachen sogar von „gegen Null gehender Nachfrage“. Manchmal liegen Voraussagen und Weissagungen halt mal komplett daneben.

 

Betraf das die gesamte Automobilindustrie? Nein, aber prinzipiell alle, außer BMW, wenn man vom Porsches efuel-Projekt mit HIF in Chile mal absieht. Aus „Technologieklarheit“, der Fokussierung nur einer einzigen Technologie wurde so langsam, aber sicher „Technologieoffenheit“, die sich strikt an Klimazielen orientiert, jedoch nicht den Weg zu deren Einhaltung diktiert.

Eine große Rolle spielt hierbei der Verbrennungsmotor, der mit XtL Kraftstoffen (X = „Whatever to Liquid“ / Was auch immer zu Flüssigkraftstoff) CO2-neutral betrieben werden kann. So wird nicht nur die Bestandsflotte aus PKW und LKW sofort Teil der globalen Defossilisierung, sondern auch Bau- und Landmaschinen, Aggregate, etc.

Oliver Zipse hat dies früh erkannt und sich immer wieder entsprechend positioniert. Sein Vorteil gegenüber vielen anderen CEOs ist, dass die Aktien der BMW Group großteilig im Besitz der Familie Quandt-Klatten sind, die offensichtlich nicht automatisch jeden Trend mitmachen, nur weil gerade in China ein Sack Reis umfällt. Aktionärsversammlungen sind somit bei BMW anscheinend harmonischer als bei Mercedes-Benz mit seinen sehr heterogenen Besitzverhältnissen und Interessen; z.T. im Mittleren Osten und in China.

Ironie des Schicksals: Nicht nur bei den Stückzahlen von Benzinern und Dieseln konnte BMW 2023 und den vorhergehenden Jahren zum erfolgreichen Premiumhersteller werden, sondern als einziger, deutscher Autobauer auch bei den BEVs nennenswerte Stückzahlen absetzen – deutlich vor VW. Die Wahlfreiheit scheint der Kunde somit also u.a. auch dafür zu nutzen, sich ohne Zwang frei zwischen einem elektrischen, oder traditionell angetriebenen BMW zu entscheiden.

Das Bekenntnis von BMW zur Technologieoffenheit ist nun also hochoffiziell! Nach Porsche ist deshalb der erste Volumenhersteller der efuel alliance beigetreten.

Dr. Johannes Schmid, BMW Group; Leader of Drivetrain Policy & Government Affairs postete dazu am 6. Dezember auf der Plattform LinkedIn:

"Jede Technologie kann und muss ihren Beitrag leisten:Technologieoffenheit öffnet alle Möglichkeiten CO2 wirksam zu reduzieren. Denn Optionen schaffen vertrauen in die Transformation, Verbote stützen Gegenbewegungen. Dabei spielen erneuerbare Kraftstoffe als Ergänzung zu elektrifizierten Fahrzeugen eine wichtige Rolle bei der CO2 Minderung im Verkehrssektor.“

Dass der Claim von BMW immer „Aus Freude am Fahren“ war, wird hier abermals deutlich, und gilt nun auch für den automobilen Klimaschutz. Der darf nämlich auch Spaß machen und nicht nur durch Verbote und das Predigen von Verzicht und nötigem Degrowth vermittelt werden – ganz egal, ob mit einem 4-, 6-, oder 8-Zylinder und warum nicht auch einem elektrischen 7er?

BMW macht vor, wie es geht! Jetzt müssen die anderen folgen, wollen sie den Anschluss nicht verpassen! Mal sehen, ob VW, oder Mercedes hier den ersten Schritt macht, aber bei den sich aktuell überschlagenden Nachrichtern aus Wolfsburg und der Funkstille in Untertürkheim sollten wir uns nicht wundern, wenn es bald schöne Pressefotos von einem lachenden Ola Källenius an einer HVO100-Tankstelle gibt, wo er die Vorzüge dieses immer und überall kompatiblen Motorkonzepts betankt mit klimafreundlichem Kraftstoff erläutert.

Erste Mitstreiter gibt es übrigens schon: Wie BMW wird auch die zum VW-Konzern gehörende Marke SKODA alle in Tschechien gebauten Diesel mit HVO100 als First Fill ausstatten. Wann zieht Mercedes nach? Wahre Leadership erreicht man nicht durch permanentes Zurückrudern...

 

Mehr zum Thema:

Auto-Absatzzahlen Q2/24: BMW performt besser BMW hängt Mercedes ab Während der Absatz von Mercedes-Benz auch im zweiten Quartal einen Schwächeanfall erlitt, präsentiert Premium-Rivale BMW stärkere Q2/2024-Absatzzahlen BMW hat Probleme. Mercedes will davon profitieren Medien: Mercedes-Vertrieb fordert aggressives Abwerben von BMW-Kunden BMW hat riesige Lieferprobleme. Es gibt eine Ausliefersperre für 300.000 Pkw. Mercedes will die BMW-Misere nutzen und den Münchnern gezielt Kunden abwerben Analyse deutsche Autobauer: Mercedes, BMW & Co im Rückwärtsgang Branchen-Experte: "Die nächsten Jahre könnten brutal werden." Die einst so strahlenden Kronen der deutschen Autoindustrie sind ins Wanken geraten. Die Zahlen sprechen eine dramatische Sprache: Im dritten Quartal 2024 erleb

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community