1989: Bart Simpson kommt, der R 107 geht

Die Mercedes-Chronik des Jahres 1989

1989: Bart Simpson kommt, der R 107 geht: Die Mercedes-Chronik  des Jahres 1989
Erstellt am 21. Juni 2010

Das Jahr 1989 präsentiert sich alles andere, als ereignisarm: Während der Fall der Berliner Mauer ein Symbol für Frieden und Verständigung ist, werden in China Demonstranten getötet. In den USA startet das „Simpsons-Fieber“, in Deutschland die „Love-Parade“. Doch auch bei Mercedes-Benz passiert einiges. Der heute gesuchte Mercedes Youngtimer R 107 wird abgelöst, der W 124 aufgewertet und die Saugdiesel nageln nunmehr kraftvoller und sauberer. Aber auch alle, die wissen möchten, was eigentlich eine „MOPF“ ist, sollten einen Blick auf unsere Chronik des Jahres 1989 werfen.

R 107: DER Roadster verlässt die Bühne

Kein SL wurde länger gebaut, als der R 107. 1971 betritt er als Nachfolger der „Pagode“ (W 113) die Bühne und verlässt sie erst 18 Jahre später wieder. Es gibt nicht wenige, die weitere Zugaben fordern. Motorisch ist der R 107 schon direkt nach seiner Geburt gut aufgelegt. Wahlweise sind die frühen Modelle mit einem V8 aus der S-Klasse oder einem Reihensechszylinder zu haben. Der Sechsender leistet zunächst 185 PS, der V8 holt aus 3,5 Litern Hubraum 200 PS, bei der 4,5 Liter-Version sind es 225 PS. Diese Aggregate werden immer wieder modernisiert, um sie den steigenden Geräusch- und Abgasvorschriften anzupassen. Ein tiefgreifendes Motor-Upgrades gibt es im Roadster erstmals 1980: Der R 107 erhält den bereits aus dem SLC bekannten V8 mit Aluminiumzylinderkopf, 5 Litern Hubraum und 240 PS. Weitere fünf Jahre später debütiert unter der legendären Typenbezeichnung 300 SL ein komplett neuer Sechszylinder, der es auf 188 PS bringt. Speziell für den US-Markt ist der 560 SL gedacht, dessen V8 231 PS leistet. Damit ist er der größte, aber nicht der stärkste Motor der Baureihe R 107. Dieses Prädikat kann der europäische 500 SL für sich verbuchen, der es ab 1985 sogar auf 245 PS bringt.

Der 107 besteht natürlich nicht nur aus dem Motor. Typisch Mercedes bringt er eine ganze Reihe innovativer Features mit, die vor allem der Sicherheit dienen. Der Roadster besitzt eine eigene Bodengruppe mit kastenförmigen Quer- und Längsträgern, die sich bei einem Aufprall gezielt verformen. Ein anderes Sicherheitsthema ist der Überschlagschutz. Hier müssen die Mercedes-Ingenieure besonders viel Hirnschmalz investieren, denn ein echter Roadster darf natürlich keinen Überrollbügel hinter den Sitzen tragen. Die Lösung ist ein besonders verstärkter Windschutzscheibenrahmen mit verklebter Scheibe. Im Innenraum sorgen ein gepolstertes Armaturenbrett, ein Lenkrad mit Pralltopf, Kopfstützen und Automatikgurte für Sicherheit – wohlgemerkt schon ab Beginn der Baureihe. 1980 zieht ABS in den Roadster ein, 1982 der Fahrerairbag.

Erst 1989 endet die Karriere des R 107 und er gibt die Rolle des Open-Air-Unterhalters an den R 129 weiter.

Krieg und Frieden

Auch das ist 1989: Die "Silberpfeile" kehren offiziell auf die Rundstrecke zurück.



1989 ist ein Jahr, dass politisch Hoffnung macht. So endet der erste Afghanistan Krieg und in Berlin passiert etwas völlig Unglaubliches: Die Mauer fällt! Noch im selben Jahr können die Menschen – aus Ost und West – wieder durch das Brandenburger Tor laufen. Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Besonders dunkel wird es in China, wo es auf dem dem „Platz des Himmlischen Friedens“ in Peking zu einem Massaker an Demonstranten kommt. Selten haben ein Ereignis und der Ort an dem es geschieht so schlecht zusammengepasst. Aber auch in Deutschland geht nicht alles friedlich zu. So stirbt der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, bei einem Bombenanschlag auf seine Dienstlimousine.

Die Initiative „Diesel ’89“

Mercedes-Benz macht 1989 mobil – und zwar in Sachen Diesel. Der Selbstzünder soll endlich zeigen dürfen, dass er nicht nur in Ackergeräten sondern auch in Pkw eine gute Figur macht. Zunächst erhalten die nicht aufgeladenen Diesel eine neue Vorkammer-Schrägeinspritzung. Sie sorgt durch die Modellpalette hinweg für mehr Leistung: Plus 3 PS im 200 D, plus 4 PS im 250 D und im 300 D. Parallel dazu singt der Schadstoffausstoß – vor allem bei Fahrten in den Bergen. Hier sorgt nämlich die sogenannte Höhenkorrekturdose, für eine weniger „fette“ Gemischaufbereitung. Insgesamt sorgt die Initiative „Diesel ’89“ für Motoren, die rund 40 Prozent weniger Partikel ausstoßen, als ihre Vorgänger, womit sie selbst die strengen US-Richtlinien ohne zusätzlichen Partikelfilter erfüllen. Doch auch bei der Abgasreinigung legt Mercedes nach: Ein speziell für Dieselmotoren entwickelter Oxidationskatalysator mit Abgasrückführung senkt die Emissionen spürbar. Das System wird 1990 für die Saug-Diesel und ein halbes Jahr für die Turbo-Diesel als Option angeboten.

Bart wird Kult, Joachim wird Kardinal

Kein Zeichentrick, aber eine Zeichnung mit Trick: Prinzip der Vorkammer-Einspritzung von Mercedes-Benz.



Er ist Gelb, rotzfrech und trotzdem ein echter Karrieretyp: 1989 beginnt der Siegeszug von Bart Simpson bzw. der Zeichentrick-Show „The Simpsons“. Die erste eigenständige Folge wird 1989 im US-Fernsehen ausgestrahlt. Jahre später fluchen, schreien und flachsen sich die Simpsons auch durchs deutsche Fernsehen. Ausgestrahlt werden sie heute von Pro 7, einem Privatsender, der ebenfalls 1989 seinen Sendebetrieb aufnimmt.

Wer keine Lust auf Fernsehen hat, geht in die Stadt. Dort gibt es ab sofort den „Langen Donnerstag“ mit entsprechend ausgedehnten Ladenöffnungszeiten. Eine Veranstaltung für Leute, die lieber länger feiern als länger einkaufen, findet 1989 erstmals in Berlin statt: Die „Love Parade“.

Sicher nicht dabei ist Joachim Meisner. Der erzkonservative Kardinal wir 1989 zum Erzbischof von Köln ernannt.

Der W 124 bekommt eine „MOPF“

Die Baureihe W 124 hat keinen leichten Start. Besonders Taxifahrer haben Anfangs ihre liebe Not mit gewöhnungsbedürftigen Manieren bei Gangwechseln. Besonders die Kombination Diesel und Schaltgetriebe – also Taxifahrers Liebling – schaukelt sich unangenehm auf. Der Begriff „Bonanza-Effekt“ ist geboren. Mercedes nimmt die Kritik ernst und beseitigt den Bonanza-Effekt erfolgreich. Doch das allein genügt den Stuttgartern nicht. Also präsentieren sie im September 1989 zur IAA einen optimierten W 124. Kenner sprechen von der „MOPF 1“, also der ersten Modelpflege für diese Baureihe. Im Vordergrund stehen dabei eine Überarbeitung von Karosserie und Innenraum. Der „neue alte“ W 124 bekommt seitliche Kunststoffblenden wie sie beim Coupé schon zweieinhalb Jahre zuvor eingeführt wurden. Sie besitzen schmale Chrom-Zierleisten, hinzu kommen verchromte Zierstreifen an den Türgriffen und ebenfalls mit Chrom aufgewertete Radkappen. All das soll traditionellen Mercedes-Fans ein wenig über den „Chrom-Schwund“ gegenüber dem W 123 hinweghelfen.

Fahrwerkstechnisch liegt der W 124 ab 1989 dank neu abgestimmter Federn und Dämpfer straffer auf der Straße. Und er hat auf Wunsch deutlich mehr Dampf: Der aus dem Roadster 300 SL-24 bekannte Sechszylinder kann ab der „MOPF 1“ ab sofort auch für Limousine, Coupé und T-Modell der Baureihe W 124 geliefert werden. Hier leistet er jeweils 220 PS.

Selbstverständlich wird auch der Innenraum „aufgemopft“. Aus einem ganzen Heer von Detailverbesserungen stechen besonders die Lederüberzüge an Lenkrad und Schalthebel sowie die verbesserten Einzelsitze im Fond heraus.

Und sonst?

Auch eine Sportskanone des Jahres 1989: 500 SEC AMG, wie er beim 24-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps startete.



Sportlich ist Deutschland 1989 ziemlich weit vorne. Die Fußball-Frauen werden mit einem 4:1 gegen Norwegen erstmals Fußball-Europameister, die Tennis-Herren gewinnen erneut das Davis-Cup-Finale gegen Schweden.

Dafür hat man in Alaska kein Ohr, denn es gibt andere Probleme: Direkt vor der Küste läuft der Öltanker Exxon Valdez auf ein Riff auf und verliert 40.000 Tonnen Rohöl. Das Ergebnis ist eine Ölpest von dramatischen Ausmaßen. Dass es aber noch schlimmer geht, erleben wir ganz aktuell im Golf von Mexiko …

Geburtstagskinder des Jahres sind die Pop- und Soulsängerin Stefanie Heinzmann (Herzlichen Glückwunsch!), der Rennrodler Felix Loch (Alles Gute!) sowie Tom und Bill Kaulitz von Tokio Hotel (Ach du Sch…!). Den Hit des Jahres gibt es gleich dreifach, denn tatsächlich halten sich drei Titel jeweils zehn Wochen lang an der Spitze der deutschen Charts: Bobby McFerrin mit „Don't Worry, Be Happy“, Phil Collins mit „Another Day in Paradise“ und natürlich die Band Kaoma mit ihrem „Lambada“.

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