Teil 3
"...was ein abgefahrener Traum!", war das Erste, das mir durch den Kopf ging, als der Wecker morgens um 6:30h schellte!
Ach nee, wohl doch nicht. Ich war hundemüde und fühlte mich, wie nach einer durchzechten Nacht - und sah auch genauso aus, wie mich der Spiegel ungeschönt wissen ließ, während ich mir mit halboffenen Augen die Zähne mit Elmex statt Aronal putzte.
Schnell den kleinen Plüschhasen mit Raffzähnen und Holzgewehr in die Polonaise verabschiedet, die gerade mit dem Gequitsche von 100 hellwachen, jecken Kindern mit "...hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse..." ihre Runden über den Schulhof drehte.
"Sag nicht, das ist Deiner?"
Nach einem Kaffee im 1-Liter-Pappeimer vom Bäcker stand ich schon bei Nikita auf dem Hof. Bereits beim Aussteigen kam er mir laut lachend entgegen. "Sag nicht, das ist Deiner?" gackerte er und zeigte auf meinen blauen Kombi, den ich mit der Coolness von Kapitän John Smith auf der Brücke der Titanic ohne nennenswerte Probleme gestern Abend schnell mal hier rübergefahren habe!
"Wieso?", wollte ich wissen, "...sieht doch noch ganz gut aus!" ...log ich mir zurecht. Ich erklärte ihm kurz zusammengefaßt innerhalb der nächsten halben Stunde, was an Mängeln alles bekannt war und was mir zusätzlich noch aufgefallen ist. Dann schloss ich mit den Worten "...am besten ist, wir schminken die Kiste kurz über und ich setze ihn wieder bei ebay rein. EUR 850,-- sollte ich locker wieder rausbekommen - da kann man doch nix falsch machen, oder?".
10.000 Euro für die Wiederbelebung?
Zu meiner Überraschung meinte Nikita, dass er und sein Mechaniker-Nachbar Edi, der die technische Wiederauferstehung in Hand genommen hatte, sich das Auto erstmal ansehen würden und ich entspannt bleiben sollte. "Da haben wir schon ganz andere Autos wieder fit gemacht und durch den TÜV gebracht", meinte er aufmunternd und zeigte auf einen 124er T Modell, das ein paar Meter weiter stand. Obwohl ich den Qualitätsunterschied zwischen
124ern und 210ern kannte, beruhigte mich das einigermaßen und ich fing an, grob zu überschlagen, was der Spaß kosten würde. Dazu mußte ich erstmal von den AW-Verrechnungssätzen verabsschieden, mit denen man kalkulierte, wenn man jahrelang bei Mercedes-Benz Partnern zuhause war, wo die Montage eines Tankdeckels auch schonmal EUR 25,-- netto kosten konnte.
Im AW Lohn mit MB Originateilen und nach Herstellervorgabe käme die Wiederbelebung des Zombie-Kombis locker auf 10 Mille, wie ich schnell mal überschlug.
Was für wertstabile Klassiker wie Pagode und 3.5er Flachkühler unerlässlich war, schloss sich für eine EUR 850,-- Kutsche natürlich von vornherein kategorisch aus.
Der Zombie-Kombie VOR der Aufbereitung
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Also war Pragmatismus gefragt: Ich fragte Nikita und Edi ob das mit überschaubarem Budget hinzukriegen wäre. Wenn nicht, Vorgehen wie beschrieben! "Kriegen wir hin!", rief mir Nikita noch hinterher, als ich vom Hof fuhr.
Ich liebe diese Zuversicht und bin ja eh Optimist, also fing ich zuhause an, die Teile zu bestellen, die ich sonst noch brauchte.Zwei Kinder + heller Teppich = Gummifußmatten. Haken dran! ... was noch? Ach ja - Kofferraummatte; Zwanni ink. Versand - bestellt! "Gepäckraumabdeckung" ist ein sperriges, typisch deutsches Wort, weshalb die Dinger wohl auch aus Schreibfaulheit nicht so oft bei ebay angeboten werden. Keiner hat zudem Bock, das zentnerschwere Rollo zu Post zu schleppen - und wenn, dann als "extrem selten - wie neu - aus Sammlerfahrzeug" für über über EUR 200,--. Lol! Ein Verkäufer bei ebay Kleinanzeigen hingegen war genau nach meinem Geschmack: EUR 20,-- zzgl. Versand; Verkauf nur, weil zu schade zu Wegwerfen. Top - gekauft.
Der Zombie-Kombie NACH der Aufbereitung
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"zu schade zum Wegwerfen" galt ja streng genommen noch nicht einmal für das ganze Auto! Zwischendurch erkundigte ich mich immer wieder nach dem Stand der Dinge und rechnete jedes Mal damit, dass jetzt der abgerostete Stoßdämpfer, die durchgerostete Hinterachsaufnahme oder irgendeine andere, knusprige Spezialität am legendär schlecht verarbeiteten und extrem rostanfälligen 210er-vor-MoPf-außer-4Matic entdeckt wurde - aber Fehlanzeige, die Substanz war gut und abgesehen von Kleinkram gab es keine besonderen Auffälligkeiten. Bei einem 210er ist das quasi der Sechser im Lotto.
„Morgen geht er über den TÜV.", sagte Nikita mir, als ich mit ihm Mitte März telefonierte. Eigentlich super, aber so richtig freuen konnte ich mich irgendwie nicht. Corona hatte inzwischen die ganze Welt im Würgegriff...
Das geplante Straßenfest anlässlich der Kennzeichenmontage musste ich jetzt wohl absagen.
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