Anschluss­typs nach unten mit Boxermotor

Konzeptfahrzeug der 1960er Jahre: Merce­des-Benz W 118/W 119

Anschluss­typs nach unten mit Boxermotor: Konzeptfahrzeug der 1960er Jahre: Merce­des-Benz W 118/W 119
Erstellt am 5. Mai 2017

1958 über­nimmt Daim­ler-Benz die Auto Union, somit besteht eine gewisse Inter­essen­kolli­sion zwi­schen einem großen DKW und einem klei­nen Merce­des-Benz. Chef­inge­nieur Fritz Nallinger gibt seine Idee eines Anschluss­typs oder Grenz­typs nach unten, wie er diese Fahr­zeug­gruppe defi­niert, nicht auf. Zumal mit dem Kauf der Auto Union mittel­fris­tig Ent­wick­lungs­bedarf besteht. Denn abseh­bar ist, dass die Zweit­akt­fahr­zeuge der Auto-Union-Marke DKW keine Zukunft haben, und für ein schlüs­siges Gesamt­port­folio fehlt ein Merce­des-Benz Pro­dukt unter­halb der bis­heri­gen Modell­klas­sen.

So konstru­iert die Vor­ent­wick­lung in Untertürkheim – Leiter ist Ludwig Kraus – damals ein sol­ches Fahr­zeug unter der Pro­jekt­bezeich­nung W 118. Für dieses sehen die Inge­nieure einen ventil­gesteu­erten Boxer­motor mit 1,5 Liter Hub­raum und Front­an­trieb vor. Zeit­gleich wird ein neuer, hoch­ver­dich­teter Vier­zylin­der-Reihen­motor (M 118) mit 1,7 Liter Hub­raum erprobt. Der W 118 wird zum W 119 weiter­ent­wi­ckelt. Dieser hat einen neuen hoch­ver­dich­teten Motor, von Daim­ler-Benz H-Motor genannt, der mit seiner hohen Ver­dich­tung von 1 : 11,2 und großer Spar­sam­keit beein­druckt. Es ent­stehen Ver­suchs­fahr­zeuge, die mit ihrem SL-Ge­sicht, der nied­rigen Gürtel­linie, dem lich­ten Dach­auf­bau und der Heck­gestal­tung eine stilis­tische Nähe zum Merce­des-Benz 230 SL (W 113) haben. Auch bei späte­rer Betrach­tung ist die Bau­reihe sehr ansehn­lich.

Als es in den Jahren 1962/63 bei der dama­ligen Daim­ler-Benz Toch­ter Auto-Union Pro­bleme mit den Zwei­takt­moto­ren des DKW F 102 gibt, schickt Nallinger Kraus zur Scha­dens­begren­zung dort­hin. In dessen Gepäck befinden sich die Pläne für die Bau­reihe W 119 und für den H-Motor. Dieser kommt von Mitte der 1960er-Jahre an bei der Auto-Union unter der Bezeich­nung Mittel­druck­motor zum Ein­satz. Dadurch ermög­licht Daim­ler-Benz dem Toch­ter­unter­nehmen die Ablösung der nicht mehr zeit­gemä­ßen Zwei­takt­moto­ren zuguns­ten moder­ner Vier­takt­moto­ren. Die Auto-Union wird 1964/65 an Volks­wagen ver­kauft.

Nallinger erläu­tert im Dezem­ber 1965 kurz vor seiner Pensio­nierung: „Es war seiner­zeit ange­dacht, dass dieser Typ – der, wie ange­führt, schon in Erpro­bung bei uns war – even­tuell bei [...] der Auto Union fabri­ziert werden würde.“ Und er fährt program­matisch fort: „Ich ver­trete die Mei­nung, dass ein sol­cher Zweit­wagen­typ, der auch als Auf­fang­typ gelten kann, nun [,also viele Jahre später,] schleu­nigst wieder konstru­iert und ver­suchs­mäßig in Angriff genommen werden  muss [...].“

Der W118 / W199 sollte aus unter­neh­mens­po­li­ti­schen Grün­den nicht auf den Markt gebracht wer­den. Rich­tig kon­kret wird es 1982 dann mit der sogenann­ten Mer­ce­des-Benz Kom­pakt­klasse (Bau­reihe W201), die es zunächst als Typen 190 und 190 E gibt.

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