1960er Jahre Muscle Car aus Sindelfingen

Mit 250 PS V8-Motor: 1968 Mercedes-Benz 300 SEL 6.3

1960er Jahre Muscle Car aus Sindelfingen: Mit 250 PS V8-Motor: 1968 Mercedes-Benz 300 SEL 6.3
Erstellt am 21. April 2016

Im letzten Jahr feierte der Mercedes-Benz 450 SEL 6.9 der Baureihe 116 seinen 40. Geburtstag - hier zeigen wir das Vorgängermodell des Jubilars, den Mercedes-Benz 300 SEL 6.3, und erklären, wie es zum dem Stuttgarter Muscle Car kam...

In den 1960er Jahren konnten die Kunden nicht genug Leistung in ihren Autos haben, in den USA lieferten sich die Hersteller mit den sogenannten Muscle Cars eine wahre Leistungsschlacht. Dodge Charger & Challenger, Pontiac GTO und Chevrolet Camaro und der beliebte Ford Mustang gab es mit immer größeren und leistungsstärkeren Motoren. Doch auch die Mercedes Kunden verlangten auch für die damaligen Fahrzeuge – z.B. 300 SL Flügeltürer – nach mehr Leistung und sportlicherer Abstimmung der Fahrwerke.

“Ihr baut lauter langsame Autos, Du wirst alt, Erich!”

Hauptsächlich waren es hiezulande reiche Kunden aus Staatsprominenz, die Ihre Fahrzeuge der Daimler-Benz Versuchsabteilung von Erich Waxenberger in Auftrag gaben. Vielleicht war der Ingenieur aber auch ein wenig angespornt worden durch H.U. Wieselmann, den Chefredakteur der “auto motor und sport”, von dem er sich die Bemerkung “Ihr baut lauter langsame Autos, Du wirst alt, Erich!” gefallen lassen mußte.

Wie auch immer, der Mercedes Ingenieur Waxenberger nahm eine verunfallte 300 SE Coupé W112 Karosserie, richtete diese und bereitete sie für den Einbau eines 6.3 Liter Motors aus der Mercedes-Benz 600 Limousine vor – alles ohne Kenntnis des Vorstandes und Rudolf Uhlenhauts, seinen direkten Vorgesetzten.

Millimeterarbeit beim EInbau des M100

Der Einbau des M100 Motors in die W112 Karosserie Millimeterarbeit und ohne Beschädigung an Blech und Lack nur schwer zu bewältigen. Für die Mitarbeiter in Waxenbergers Werkstatt bedeutete es also harte Arbeit und es wurde bis spät abends gearbeitet. Eines Abends nahm Waxenberger den neuen 6.3 “Prototyp” von der Arbeitsselle in Sindelfingen mit nach Hause. Die Probefahrt blieb nicht unbemerkt und am nächsten Morgen wurde Waxenberger in Uhlenhauts Büro zitiert: “Ich habe gestern Abend ein Coupé an meinem Büro vorbeifahren sehen – und der Motor hörte sich nicht nach einem Sechszylinder an…..” Uhlenhaut hatte also Waxenberger's Geheimnis entdeckt und fragte sogleich: “Wann ist der Wagen fertig für eine Probefahrt?”.

Die Mitarbeiter aus Waxenbergers Team arbeiteten Tag und Nacht, und so konnte Uhlenhaut am Sonnabend über die hauseigene Einfahrbahn “brausen”. Das 6.3 Coupé wurde auf Herz und Nieren getestet und erst nachdem der 6.3 Nummer 1 ausgiebig erprobt war, fand ein Gespräch mit dem Vorstand statt. Der Vorstand war entsetzt und glaubte bestenfalls 50 Stück des Wagens absetzen zu können!

Die Vorstellung des Mercedes-Benz 300 SEL 6.3 auf dem Genfer Salon im März 1968 war eine Sensation, zumal es im Vorfeld keinerlei Andeutungen gegeben hatte. Schließlich sollte sich die Freigabe der Serienkonstruktion für den Konzern mit immerhin 6.526 produzierten Exemplaren allemal auszahlen. Zumal der Preis von anfangs 39.160 DM (zuletzt waren es 45.400 DM) recht hoch und nur etwas für wohlhabende Käufer war. Als Gegenwert erhielt der Mercedes-Fan der 1960er Jahre eines der temperamentvollsten und schnellsten Serienfahrzeuge, die es auf dem Weltmarkt zu kaufen gab.

 

Das unscheinbare Muscle Car ist ein echter Wolf im Schafspelz

Von außen ist der 6.3 nur an den breiteren Reifen, den Halogen-Doppelscheinwerfern und den zusätzlichen Weitstrahlern zu erkennen.

Der 6.3 verfügte über einen für damalige Verhältnisse besonders leisen und vibrationsfreien Motorlauf, der V8 Motor leistet 250 PS, bedeutsamer dürfte aber das gewaltige Drehmoment von 500 Newtonmeter sein. Damit beschleunigt die Limousine in 6,5 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit wird mit 220 km/h angegeben.

Eines der von 1967-'72 gebauten Modelle zeigen wir in diesem Bericht. Der Besitzer dieses Fahrzeuges ist ein echter Mercedes-Fan, der aber lieber unerkannt bleibt. Der onyxgrüne 300 SEL 6.3 wurde vor einigen Jahren aus Amerika nach Ostwestfalen importiert und kam in die hauseigenene Mercedes-Benz Sammlung, zu der noch einige andere Oldtimer und einige Schöne Sterne gehören...

Text: Thomas Frankenstein

Fotos: Mathias Ebeling

  29 Bilder Fotostrecke | 1960er Jahre Muscle Car aus Sindelfingen: Mit 250 PS V8-Motor: 1968 Mercedes-Benz 300 SEL 6.3 #01 #02

Mercedes-Fans Technische Daten

Mercedes-Benz 300 SE lang 6.3 / W 109 E 63, 1967 - 1972

Antrieb: V8, 6332 ccm, 250 PS bei 4000 /min, 51 mkg bei 2800 /min, Saugrohreinspritzung, mechanisch geregelt;~Bosch 8-Stempel-Einspritzpumpe, 4-Gang-Automatikgetriebe, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne Einzelradaufhängung, Doppel-Querlenker, Luftkammer-Federbälge, Gummi-Zusatzfedern, Drehstab-Stabilisator, hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer; hinten: Eingelenk-Pendelachse mit Niveauregulierung, Luftkammer-Federbälge, Gummi-Zusatzfedern, Drehstab-Stabilisator, hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer

Bremsen: hydraulische Zweikreis-Bremsanlage mit Unterdruck-Bremskraftverstärker, auf Vorder- und Hinterräder wirkend; Scheibenbremsen vorn und hinten

Räder: Stahlblech-Scheibenräder, 6 1/2 J x 14 HB mit 195 VR 14 oder 205 VR 14

Sonstiges: Höchstgeschwindigkeit 220 km/h, Beschleunigung 0-100 km/h 6,5 s, Stückzahl 6526, Preis: 07.1968: DM 39.516,00

 

 

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Login via Facebook

Community