Ab 1898 im Verkaufsprogramm geführt, stellte der 4,5 PS starke Benz Patentwagen "Ideal" den damaligen Höhepunkt in der - noch jungen -  Firmenhistorie dar. Obwohl Ähnlichkeiten mit dem droschkenhaften Velo unübersehbar sind, wies der "Ideal" in mancherlei Hinsicht den Weg in die Moderne des Fahrzeugbaus.

Der Visionär Carl Benz bringt den Traum vom Automobil ins Rollen

1885 versetzte Carl Benz die Öffentlichkeit mit seinem motorisierten Dreirad in Erstaunen. Mit der Präsentation seiner bahnbrechenden Erfindung brachte der geniale Ingenieur eine revolutionäre Entwicklung ins Rollen. Ab 1892 verließen Benz-Automobile auf vier Rädern die Montagehalle. Auch leistungstechnisch gab es große Verbesserungen zu verzeichnen. So verfügte das Vélociped (Vélo) im Jahre 1894 noch über einen Einzylinder-Motor mit einer Leistung von 1,5 PS. Ein Jahr darauf produzierte der weiterentwickelte Motor bereits 3,5 Pferdestärken.

"Ideale" Innovationen

Ab 1898 erschien der "Ideal" im Benz-Verkaufsprospekt. Verglichen mit dem Velo saß die auf einer flacheren Plattform montierte Karosserie nun deutlich tiefer. Gegenüber der großen Lederbank war noch eine kleinere Sitzgelegenheit für mitreisende Passagiere angebracht. Und an der Front ist eine kleine Haube platziert, mit welcher der "Ideal" den mit Frontmotor ausgestatteten Konkurrenzmodellen – zumindest stilistisch – Paroli bot. Tatsächlich ist der Einzylindermotor aber hinten quer eingebaut. In dieser Form blieb der Benz Patent Motorwagen bis zum Jahre 1902 im Programm und wurde dann durch modernere Entwicklungen ersetzt.

Mit dem 35 km/h schnellen "Ideal" nehmen die Benz-Patentwagen Fahrt auf

Der Benz Patentwagen "Ideal" des Jahres 1900 verfügt über einen riemen- und kettengesteuerten Achsantrieb mit zwischengeschaltetem mechanischem Getriebe (drei Vorwärtsgänge und ein Rückwärtsgang). Die 4,5 PS sind für eine Beschleunigung auf ca. 35 km/h gut. Für ordentlichen Fahrkomfort bürgt der Mix aus voll-elliptischen Federn an der Vorderachse und halb-elliptischen Federn an der Hinterachse.

Der Benz-Patentwagen ist reif für die Insel

Unser Fotomodell wurde seinerzeit als eines von ganz wenigen Modelle nach Großbritannien exportiert. Davon zeugt bis heute die immer noch vorhandenen Original-Plakette des britischen Importeurs Hewetson's Ltd. mit Sitz in London.

Der "Ideal" als klassischer Scheunenfund

Von dort ging der Benz nach Wales, wo ihn zwei findige Oldtimer-Experten in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts aufspürten. Das Duo erwarb den seltenen Wagen von einer Witwe, deren verstorbener Gemahl den Wagen nach Erinnerung der rüstigen Dame bereits vor 1914 gekauft hatte. Zwischenzeitlich war das Schnauferl allerdings seit vielen Jahren nicht mehr bewegt worden.

Qualität von Anno damals

Doch trotz der längeren Standzeit erwies der Benz sich noch immer in einem ordentlichen Erhaltungszustand. Daher stellte sich im Verlauf der seinerzeit verordneten Komplettrestauration heraus, dass viele Originalteile nach wie vor verwendet werden konnten. So kann der Benz stolz originale Bauteile wie den Oberflächenverdampfer oder den ebenso authentischen Kühler mit seiner Hersteller-Plakette der französischen Marke „Grouvelle et Arquembourg“ vorweisen.

Obwohl nur kurz in Produktion – ab 1902 fertigte Benz den Zweizylinder-Boxermotor – stellt der Ideal einen bedeutenden Evolutionsschritt dar. Darüber hinaus versprüht der Benz aus dem Jahr 1900 einen urigen Charme. 4,5 PS reichen vielleicht nicht für große Sprünge, aber das Mercedes-Herz macht beim Anblick eines solchen Klassikers garantiert vor Freude einen Riesen-Hüpfer!

(Bilder: Bonhams)

19 Bilder Fotostrecke | Einfach Ideal!: Benz Ideal 4,5 PS von 1900 #01 #02