Pünktlich um 0 Uhr des 30. April 1978 beginnen die fünf Kolben des Dieselmotors des Mercedes-Benz C 111-III zu arbeiten, befeuert von einem Abgas-Turbolader mit Ladeluftkühlung, der mit seinen 130.000 Umdrehungen pro Minute dem Motor soviel Luft in die Brennräume drückt, dass dabei 169 kW/230 PS herauskommen. Kraft genug, um den optimal auf Rekordjagd getrimmten Mercedes-Benz auf ein Tempo von rund 325 km/h zu beschleunigen. Er braucht allerdings, wegen der sehr „langen“ Übersetzung, eine volle Runde auf dem 12,66 Kilometer langen Rundkurs im süditalienischen Nardo, bis dieses Tempo stabil anliegt.
Nach den Schocks durch die Ölkrisse verpflanzen die Ingenieure in den C111, der zuvor mit Wankelmotor nterwegs war, ein dickes Dieselaggregat. Zu jener Zeit galt der Diesel als sparsam und zukunftsträchtig. Andererseits galt der "Selbstzünder" auch als lahm und langweilig. Die Daimler-Entwicklungsingenieure und der Vorstand wissen Rat: Verkaufsfördernde Dieselrekorde sollen das Ziel sein. Es entsteht nach C 111 und C 111 II mit Wankelotor der C 111-IID mit Dieselmotor.
Der C 111-IID mit Diesel statt Wankel macht den Anfang
Als Basis für den C 111-IID Rekordwagen bietet sich der starke, fünfzylindrige 3-Liter-Saugdiesel des 240 D 3.0 und 300 D an, der reichlich „Substanz“ hat und daher ohne weiteres für eine Leistungssteigerung in Frage kommt. So werden, befeuert durch einen Garret-Turbolader und bestückt mit einem Ladeluftkühler, aus den 80 Serien-PS stolze 140 kW/190 PS, die den zum Diesel-Rekordwagen umfunktionierten C 111-IID am 12. Juni 1976 auf der nagelneuen Versuchsbahn in Nardo antreiben.
Die vier Fahrer, die sich alle zweieinhalb Stunden ablösen, bringen dieses Dieselfahrzeug ohne Probleme innerhalb von sechzig Stunden von einem Dieselrekord zum nächsten, insgesamt werden es 16, wovon die 5000 Meilen, 10 000 Kilometer und 10 000 Meilen sogar motorunabhängige Weltrekorde sind. Die durchschnittliche Geschwindigkeit liegt um die 252 km/h. Der Diesel kann also durchaus rennen, und wenn er die entsprechenden Übersetzungen bekommt, braucht der C 111-IID nur 6,8 Sekunden für den Spurt auf 100 km/h.
Da geht mehr: Der C 111-III entsteht
Für die am Projekt Beteiligten ist dies jedoch bloß ein Anfang, es hätte noch schneller sein können, mehr als 300 km/h. Allerdings, so räumen sie ein, nicht mit dem für normale Strassen bestimmten C 111, sondern nur mit einem „richtigen“ aerodynamisch optimierten Rekordwagen. Der damalige Vorstand schließt sich dieser Meinung und gibt einer entsprechenden Entwicklung Raum.
Die Designabteilung legt sich also Anfang 1977 ins Zeug und konstruiert auf Basis der Vorgaben des C 111-Teams den C 111-III. Ein reines Rekordfahrzeug, dessen bis in kleinste Nuancen hinein ausgefeilte Aerodynamik den bis dato unerreichten cW-Wert von 0,183 erreicht.
Radikal-Umbau zum Weltrekordbrecher
Er hat einen längeren Radstand als der C 111-II, eine schmalere Spur, abgedeckte Räder, eine sehr tiefe Front mit versenkt angeordneten, lichtstarken Scheinwerfern sowie ein sehr lang und schmal auslaufendes Heck samt Mittelflosse, die der Fahrstabilität bei Seitenwind dienen soll.
Die schmale, lang gestreckte Fahrerkabine hat nur einen Sitz, denn die Beifahrerseite durchquert ein dickes Rohr, durch das die Luft zum Ladeluftkühler strömt. Außerdem findet sich noch Raum für die von Mercedes-Benz extra für die Rekordfahrten entwickelte, automatisch Daten übertragende Telemetrieanlage sowie das Sprechfunkgerät für die Kommunikation der Fahrer mit dem Team.
Erst ein Igel, dann ein Reifenplatzer
Am 30. April 1978 ist der Diesel-Rekordwagen endlich auf der Piste von Nardo und zieht mit gleichbleibender Geschwindigkeit seine Bahn. Entgegen dem Uhrzeigersinn, denn dadurch ist die bahnbegrenzende Leitplanke rechts, was im Falle eines Unfalles für den Fahrer im linksgelenkten Wagen einen größeren Sicherheitsabstand bedeutet. Der Sprechfunk rettet in der Nacht einem Igel das Leben, der rechtzeitig, bevor er in die Spur des Renners gerät, gerettet werden kann. Als dem dritten Fahrer in der Nacht der rechte Hinterreifen platzt und in die Karosserie große Löcher reißt, ist das Abschleppkommando schnell zur Stelle, um den beschädigten Wagen samt unverletztem Fahrer zu bergen, und die Monteure könnn den identischen Reservewagen in der Zwischenzeit startklar machen. Nach diesem Zwischenfall gehen die Uhren zurück auf Null und die Rekordjagd beginnt auf’s Neue.
Trotz zweitem Igel-Unfall gehören Mercedes-Benz 9 neue Weltrekorde - und das mit einem Diesel
Der Reservewagen läuft sogar noch einen Hauch schneller als der ursprüngliche Einsatzwagen, auch etwas sparsamer, sodass die Tankstops von 62 auf 67 Runden verlängert werden können. Außerdem gesellt sich zur Entlastung der drei eingeteilten Fahrer noch der auch sehr „schnelle“ Projektleiter Dr. Hans Liebold.
Alle bis zum „Platzer“ gefahrenen Rekorde werden mit noch etwas besseren Zeiten wiederholt, und auch ein weiterer Igel, der unglücklich in die Bahn des Rekordwagens gerät und den Frontspoiler zertrümmert, ändert nichts am Ergebnis. Die Reparatur kostet lediglich zwei Minuten. Die Tankstops übrigens, einschließlich Fahrerwechsel, Reifenkontrolle und Ölnachfüllen dauern, minutiös geplant und trainiert, zwischen 15 und 20 Sekunden.
Als nach zwölf Stunden die ansonsten problemlose Fahrt endet, gehören der Marke Mercedes-Benz neun neue absolute Weltrekorde, ungeachtet des Motortyps und des Hubraums. Und das mit einem noch weitgehend der Serie entsprechenden 3-Liter-Dieselmotor, dessen Verbrauch sich am Ende als knapp unter 16 Liter pro 100 Kilometer herausstellt. Auch dies schließlich ein einsamer Rekord – bei einem Durchschnittstempo von mehr als 300 km/h.
Als nach zwölf Stunden die ansonsten problemlose Fahrt endet, gehören der Marke Mercedes-Benz neun neue absolute Weltrekorde, ungeachtet des Motortyps und des Hubraums. Und das mit einem noch weitgehend der Serie entsprechenden 3-Liter-Dieselmotor, dessen Verbrauch sich am Ende als knapp unter 16 Liter pro 100 Kilometer herausstellt. Auch dies schließlich ein einsamer Rekord – bei einem Durchschnittstempo von mehr als 300 km/h.
Die Weltrekorde des dieselgetriebenen C 111-III
100 km 316,484 km/h
100 Meilen 319,835 km/h
500 km 321,860 km/h
500 Meilen 320,788 km/h
1000 km 318,308 km/h
1000 Meilen 319,091 km/h
1 Stunde 321,843 km/h
6 Stunden 317,976 km/h
12 Stunden 314,463 km/h
100 Meilen 319,835 km/h
500 km 321,860 km/h
500 Meilen 320,788 km/h
1000 km 318,308 km/h
1000 Meilen 319,091 km/h
1 Stunde 321,843 km/h
6 Stunden 317,976 km/h
12 Stunden 314,463 km/h
Der Rundstrecken-Weltrekord: 403,978 km/h
Mercedes-Benz Rekordwagen C 111-III, 5-Zylinder-Turbodiesel, (unten) C 111-II mit 4-Scheiben- Wankelmotor, auf der Einfahrbahn in Untertürkheim.
Seit 1975 existiert ein Rundstrecken-Weltrekord von 355,854 km/h, gefahren mit einem 1000-PS-Rennwagen der amerkanischen Can-Am-Rennserie. Obwohl von der FIA nicht anerkannt, war er dennoch begehrenswert und erschien den Mercedes-Benz Ingenieuren nach den Erfolgen mit dem C 111-III leicht angreifbar. Nur 74 kW/100 PS mehr würden reichen, die aber aus dem seriennahen Diesel nicht mehr herauszuholen sind. Also entscheidet sich das Team für den 4,5-Liter- V8-Benzinmotor aus der Serienproduktion, bohrt ihn auf 4,8 Liter auf, bestückt ihn mit natriumgekühlten Ventilen, zwei KKK-Turboladern und einer Dreischeibenkupplung, die das hohe Drehmoment von 600 Newtonmeter verkraftet.
Mit den so recht preiswert gewonnenen 368 kW/500 PS unter der Haube macht sich ein zum C 111-IV modifizierter Renner, aerodynamisch weiter optimiert, mit zwei Flossen und zusätzlichen Spoilern bewehrt, am 5. Mai 1979 in Nardo auf den Weg, um den Rundstrecken-Weltrekord nach Untertürkheim zu holen. Die neue Marke lautet nach einer problemlosen Fahrt: 403,978 km/h. Außerdem verbessert er zusätzlich die Distanzen von 10 und 100 Kilometer sowie 10 und 100 Meilen.
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