Hinter den Kulissen des schönsten Oldtimerrennens der Welt

Alte Meister & junge Wilde: Die stillen und nicht ganz so stillen Stars der Mille Miglia -

Hinter den Kulissen des schönsten Oldtimerrennens der Welt: Alte Meister & junge Wilde: Die stillen und nicht ganz so stillen Stars der Mille Miglia -
Erstellt am 24. Juni 2022

Die Mille Miglia ist eine Legende. Das einstige Autorennen ist seit langem eine Klassikveranstaltung und trotzdem so begehrt wie kaum ein anderer Event. Eine Armee von mehreren hundert Klassikern fährt im strammen Galopp jedes Jahr von Brescia nach Rom und zurück – mehr als 1.600 Kilometer. Die eigentlichen Stars sitzen jedoch nicht am Lenkrad der automobilen Preziosen, sondern sorgen dafür, dass die sündhaft teuren Rennwagen der Baujahre 1927 bis 1957 auch ins Ziel kommen. Erstmals gab es auf Initiative des Teams "Drive For Good" eine eigene Wertungsgruppe für moderne AMG.

Die Mille Miglia galt seinerzeit als eines der schwersten Autorennen der Welt. Neben der Targa Florio und der Carrera Panamericana war sie bis 1957 ein ebenso spektakuläres wie gefährliches Straßenrennen, bei dem die besten Rennfahrer der Welt in den schnellsten Fahrzeugen um Sieg und Platz kämpften. Seit 1977 wird die Mille Miglia als Klassikveranstaltung fortgeführt. Mittlerweile geht es in vier Tagen von Brescia über Cervia, Rom und Parma wieder zurück nach Brescia. Sehenswerte Landschaften, historische Orte, endlose Landstraßen, gesäumt von Feldern, Pinien und Straßencafés – das ist die Mille Miglia. Gefahren wird unter den Augen der Ordnungsbehörden mitunter schneller als erlaubt; jedoch bei weitem nicht mehr so scharf wie noch vor Jahren, als eine Armee von 375 Rennwagen – oftmals millionenschwer – im heißen Ritt durch den öffentlichen italienischen Straßenverkehr donnerte. Auch deshalb wurde die Mille Miglia zur Legende und ist selbst bei Nicht-Autofans in Tokio ebenso bekannt wie in Austin / Texas, Brasilia oder Delhi.

In Italien überwiegt die Freude am Fahren

Es gibt mittlerweile weltweit eine Reihe von schmucken Duplikaten, doch die echte Mille Miglia findet auf sehenswerten Teilen der ursprünglichen Rennroute durch halb Italien statt – noch immer im öffentlichen Straßenverkehr, doch längst alles andere als gesetzlos. Doch im Kreisverkehr geht es gerne einmal linksrum, Ampel sind ebenso wie Tempolimits nicht mehr als grobe Hinweise und die lokale Polizei auf dem Motorrad macht nach wie vor gerne eine dritte Fahrspur im Gegenverkehr auf und gibt den Teilnehmern der Mille Miglia so die Möglichkeit, in die einzigartige Historie einzutauchen. Während sich in Deutschland wohl Umweltverbände auf die Fahrbahnen kleben und den allzu nutzlosen Historienmotorsport wild anprangern würden, sieht das in Italien ganz anders aus. Das Publikum feiert die Durchfahrten der mittlerweile mehr als 440 historischen Fahrzeuge durch kleine Ortschaften oder große Städte frenetisch – oftmals ist es das lokale Ereignis des ganzen Jahres.

Mensch und Maschine kommen ans Limit

Das gilt auch für viele Teilnehmer der Oldtimerrallye, die über die Jahrzehnte zu einem Event geworden ist, der es locker mit der Tour de France oder anderen sportlichen Großereignissen aufnehmen kann. Für Mensch und Maschine ist die Mille Miglia nach wie vor ein hartes Rennen, denn zugelassen sind nur solche Fahrzeuge, die auch auf der einstigen Mille Miglia im Feld kämpften und somit aus den Baujahren 1927 bis 1957 stammen. Es wird schnell gefahren und bei der diesjährigen Auflage waren die Temperaturen nahezu durchweg weit über 30 Grad Celsius. Bei Tagesetappen von zum Teil zwölf Stunden oder mehr kommen Mensch und Maschine schon einmal ins Schwitzen, denn zumindest der fahrbare Untersatz ist 70 bis 90 Jahre alt.

Ein Hoch auf die "alten Meister"

Die stillen Stars der Mille Miglia sind daher nicht die klassikaffinen Piloten, die historische Rennwagen wie Alfa Romeo 6C 1750, Aston Martin DB2, Porsche 356, Mercedes 300 SL, BMW 328, einen spektakulären Bugatti T37 oder O.N. 665 pilotieren. Es sind die Mechaniker, die eine Mille Miglia erst möglich machen. Dabei geht es nicht allein darum, die Fahrzeuge in wochenlanger Arbeit akribisch auf den Renneinsatz vorzubereiten, sondern eben auch dafür zu sorgen, dass die Klassiker nach harten Etappenritten wohl behalten am Samstagnachmittag den Zieleinlauf in Brescia erleben können. Einst schaffte Rekordsieger Stirling Moss in seinem legendären Mercedes 300 SLR die mehr als 1.600 Kilometer in kaum mehr als zehn Stunden – heute sind die Hobbypiloten an vier Tagen unterwegs und sind beim Zieleinlauf in Brescia trotzdem ebenso ausgelaugt wie glücklich.

Pleiten, Pech und Pannen sind fest eingeplant

Mercedes ist zum dem Großereignis gleich mit mehreren Werkstattteams angereist, weil eine ganze Reihe von Fahrzeugen im Mille-Miglia-Feld den Stern auf der Haube tragen und bei so einem Oldtimerrennen gibt es für alle mehr als genug zu tun. Dabei beginnt die Mille Miglia alljährlich nicht an einem Mittwochmittag in Mai oder Juni, sondern einige Wochen oder gar Monate vorher, denn bereits lange vor dem Start gibt es einiges zu tun. „Die Temperaturen werden dieses Mal besonders hoch“, erläutert Mechaniker Andreas Häberle, „wir haben daher kleine Gummischläuche auf den Schließmechanismus der Motorhaube vom Flügeltürer geklemmt. So kann die Motorwärme besser abziehen, denn die Zündung kann bei 110 Grad Celsius schon einmal Probleme machen – gerade wenn die Fahrzeuge in den Ortschaften stehen.“ Der grauhaarige Monteur ist ein alter Mille-Fuchs und hat schon 16 Veranstaltungen quer durch das Land von Pasta und Pizza mitgemacht. „Natürlich ist man bei einer Veranstaltung wie der Mille Miglia angespannt. Es kann viel passieren und man weiß nie, was auf einen zukommen kann“, erzählt Andreas Häberle, „viel Schlaf gibt es sowieso nicht. Nach der Mille bin ich eine Woche platt.“ Häberle kennt die Mille Miglia wie nur wenige, doch während die breite Masse historische Renner wie Bugatti T40, Jaguar XK 120, Bentley 3,5 Litre oder eben die Mercedes 300 SL bewegt, ist der Mechaniker in einer wohl klimatisierten Mercedes V-Klasse unterwegs und muss diese allemal flott bewegen, um gerade bei den schnellen Überlandstrecken nicht den Anschluss zu verlieren.

Ein Schalthebel-Schaden sorgt für Enttäuschung

Mille Miglia - man kennt sich, man schätzt und unterstützt sich. Neid hat auf der Mille Miglia nichts zu suchen und so hilft beinahe jeder jedem mit Ersatzteilen, Werkzeug oder eben tatkräftigen Händen. Die heißen Temperaturen setzten den rennerprobten Mercedes 300 SL Flügeltürern deutlich weniger zu als erwartet und so gab es für die Werkstattteams von Tag- und Nachtschicht kaum mehr als Standardarbeiten - bis ein Getriebewechsel in Rom der Nachtschicht den Schlaf raubte. Um kurz vor fünf Uhr morgens rollt der 300er wieder. Selbst vor der Schlussetappe von Parma nach Brescia gab es zuversichtliche Gesichter. Doch man hatte die Rechnung ohne den Mercedes-Klassikchef gemacht, denn sein Mercedes 300 SL erlitt in Pavia einen Schaden am Schalthebel. „100 Kilometer vor dem Ziel“, grummelt Andreas Häberle, „das hätte der Wagen auch noch hinbekommen können.“ Mitten in der Stadt am Straßenrand wird bei heißen Temperaturen der 300er aufgebockt, Getriebetunnel ausgebaut und die Viergangschaltung repariert. Nach 40 Minuten ist alles vorbei – das ist Rennsportniveau bei einem Langstreckenrennen. „Man hat auf jeden Fall Ehrgeiz es zu schaffen“, erzählt Michael Plag, der das Mercedes-Werkstattteam seit Jahren leitet und ebenfalls schon viele Milles erlebt hat, „man ist stolz, es geschafft zu haben. Das ist unser Ehrgeiz - auch wenn wir alle keine jungen Kerle mehr sind. Da schaut dann auch keiner mehr auf Arbeitszeiten. Da geht es um die Ehre.“ Das ist eben die Mille Miglia.

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Mit Team "Drive For Good" starten junge AMG bei der Mille Miglia

Manche Stimmen behaupten es sei das faszinierendste Straßenrennen überhaupt. Weniger motorbegeisterte bezeichnen es als hirnlose Raserei vor schöner Kulisse. Fakt ist, 1927 startete die Mille Miglia zum ersten Mal und 2022 fand das Rennen zum 40. Mal statt. Allerdings hat das ehemalige Straßenrennen von einst heute den Status einer Oldtimerausfahrt, wenn auch einer sehr flotten Oldtimerausfahrt.

Zum allerersten Mal aber war aber auch eine Wertung für neuzeitliche AMG Fahrzeuge eingerichtet worden. Mercedes spielt von Anfang an eine starke Rolle bei der Mille Miglia, die in Brescia startet, nach Rom hetzt und in einer großen Schleife via Siena, Parma und Bergamo über Monza wieder zurück nach Brescia führt.

Überall finden sich große und kleine Fans, die sich mit Mille Miglia Fähnchen am Straßenrand aufstellen und den Fahrzeugen zujubeln. Mittlerweile ist dieses Oldtimer-Racing-Szenario für die Region rund um den Gardasee sogar ein stattliches Zubrot. Kommt doch so mancher auf diese Weise gern zu einem Extra-Wochenende in diese Region. Wenn Mercedes, Maserati, Ferrari, Bentley durch die schmalen Gassen von Siena donnern, ist von Protesten und Nörglern weit und breit auch rein gar nichts zu sehen. Die Anwohner erdulden den Lärm nicht etwa, sondern fachen diesen durch zahllose Aktionen bis hin zu improvisierten Tribünen mit Wein, Käse, Wurst, Oliven und Weißbrot ordentlich an.

  Los geht's am Mittwoch auf der Piazza della Vittoria mit der technischen Abnahme. Start der Mille Miglia in Brescia ist dann am gleichen Tag gegen 13:30 Uhr. Das erste Etappenziel liegt dann an der Adria Küste in Cervia.

Das Team „Drive for Good“ hat zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Extrameilen auf dem Buckel, denn der Treffpunkt für diese AMG Gruppe ist das Maybachhaus in Appenzell. Mentor und treibende Kraft hinter dem AMG Auftritt bei der Mille Miglia ist Ron Bussink, Head of Bussink Automotive, der die Starter alle persönlich begrüßt und die wesentlichen Infos für die folgenden Tage bekannt gibt. Mit einem zünftigen Appenzeller Abend in dem Romantik Hotel Säntis sind die Startvorbereitungen der AMG Gruppe damit abgeschlossen.

Zurück zur Mille: dort machen sich am Donnerstag die ersten bereit, um von Cervia nach Rom zu brausen. Es geht durch die traumhafte Hügellandschaft Umbriens entlang am Lago di Trasimeno mit Karacho in die ewige Stadt.

 

Ausfälle hat die AMG Gruppe bis dato keine zu verzeichnen. Auch der 280 SE, hochgerüstet mit einem 5,5 l V8 schlägt sich großartig. Des Öfteren ergibt sich die Gelegenheit, sich den mit Blaulicht vorbeirasenden Carabinieri anzuschließen und mitzuhalten. Alle zehn Fahrzeuge der AMG Gruppe erreichen das Hotel. Am Freitag geht es dann bereits wieder zurück durch die Toskana zum letzten Etappenziel, der Schinkenstadt Parma. Wer die Mille Miglia bis hierhin klaglos und ohne Schaden überstanden hat, der möchte natürlich auch die Abschlussetappe von Palma über Monza nach Brescia noch meistern. Die Zielankunft in Brescia gleich dann einem Jubelmeer. „Bin ich vielleicht doch Gesamtsieger?“, mag sich mancher angesichts der begeisterten Menge fragen, aber keine falsche Unbescheidenheit. Der Applaus gilt dem Auto und nicht seiner Besatzung. Gut, es mag auch Ausnahmen geben. Aber es ist schon faszinierend wie sich die Italiener für die Autos begeistern können. Bitte nicht vergessen, es fahren ja auch Brot und Butter Autos aus den frühen Fünfzigern mit, die damals in ihrer Zeit die 1000 Meilen auch in Angriff genommen haben. Wie ein Mercedes Ponton 180D oder ein VW Käfer oder ein Fiat 1100.

 

Als offizielle Teilnehmer erhalten alle AMG Starter der „Drive For Good“-Startergruppe nicht nur eine Teilnehmerurkunde, sondern tatsächlich auch eine Medaille. Ankommen ist auch hier alles, Zeiten nur Schall und Rauch. Man mag es an manchen Streckenabschnitten zwar nicht ganz glauben, es ist aber so.                                                                                                                                 und vielleicht ist es auch gut so wenn sich das nicht ändert, weil es den ganz besonderen Charme der Mille Miglia erhält. Wer seinen 300 SL Flügeltürer etwas sportlicher bewegen wollte, hatte auf den über 1000 Meilen dazu auch reichlich Gelegenheit. Und unsere AMG-Fans haben gelernt, was die drei Buchstaben im Italienischen bedeuten: Attenzione! Mille Grazie! 

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