Vor 75 Jahren begann mit dem Eintritt von Béla Barényi in die damalige Daimler-Benz AG ein wichtiges Kapitel der Geschichte der Fahrzeugsicherheit. Mercedes-Benz hat seitdem die Sicherheitsentwicklung nachhaltig geprägt. Viele Innovationen des Unternehmens besonders auf dem Gebiet des Insassen- und Partnerschutzes haben unzählige Menschenleben gerettet.
„Eigentlich alles” antwortet der junge Ingenieur Béla Barényi unerschrocken auf die Frage im Bewerbungsgespräch, was er denn an den aktuellen Mercedes-Benz Fahrzeugen verbessern würde. Wilhelm Haspel, zu dieser Zeit stellvertretendes Mitglied des Vorstands der Daimler-Benz AG, lässt sich vom Querdenker überzeugen und stellt den 32 Jahre alten Österreicher auf Empfehlung des damaligen Versuchsleiters der Entwicklung Karosserie, Karl Wilfert, ein. Am 1. August 1939 übernimmt Barényi die neu gegründete Abteilung für Sicherheitsentwicklung.
Zum Jubiläum hat Mercedes-Benz ehemalige und aktuelle Sicherheitsentwickler aus verschiedenen Epochen der Fahrzeugsicherheit in die Böblinger Legendenhalle eingeladen. Zum spannenden Rückblick auf die ersten 75 Jahre Insassen- und Partnerschutz trafen sich unter anderem Prof. Werner Breitschwerdt, Prof. Ernst Fiala, Prof. Guntram Huber, Dr. Falk Zeidler, Hansjürgen Scholz, Dr. Luigi Brambilla sowie Karl-Heinz Baumann. Einige von ihnen haben Barényi noch persönlich kennengelernt.
„Jede Innovation braucht Ingenieure, die kreativ sind und sich wie Béla Barényi trauen, Bestehendes in Frage zu stellen und neue Wege zu gehen“, betont Prof. Dr. Thomas Weber, Mitglied des Vorstandes der Daimler AG und verantwortlich für Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung.
„Unser erklärtes Ziel bei Mercedes-Benz ist es, unsere Trendsetter-Funktion auf dem Gebiet der Fahrzeugsicherheit zu erhalten und auszubauen und damit die Verkehrssicherheit weiterhin zu fördern“, so Prof. Rodolfo Schöneburg, Leiter Fahrzeugsicherheit bei Mercedes-Benz Cars. „Und die Ideen dafür gehen uns lange noch nicht aus. So beschäftigen wir uns beispielsweise derzeit intensiv damit, die Oberkörperbelastung der Insassen beim Seitencrash zu reduzieren.“
Béla Barényi: Der Vater der Sicherheit
Der geniale Ingenieur Barényi (1907-1997) arbeitete von 1939 bis 1974 bei Daimler. Er war der Urheber von über 2.500 angemeldeten Patenten, viele davon zu Grundlagen der automobilen Sicherheit. Unter anderem erfand er die Sicherheitszelle, die von Knautschzonen geschützt wird.
Wegweisende Ideen hatte Béla Barényi schon früh: Schon während des Studiums in den 1920er Jahren arbeitet er am Konzept eines modernen Automobils mit Zentralrohrrahmen und luftgekühltem Boxermotor. Ab 1939 widmet sich der Ingenieur bei Mercedes-Benz der Verbesserung von Personenwagen-Karosserien. Daraus entsteht 1941 das Patent auf einen verbesserten Plattformrahmen, der durch besondere Verwindungssteifheit „Dröhn- und Schüttelerscheinungen“ minimiert.
Aus seinen Studien von Automobilen in Zellenbauweise entwickelt Barényi das Konzept der gestaltfesten Passagierzelle mit Knautschzonen. Das 1951 angemeldete Patent setzt Mercedes-Benz erstmals in der Baureihe W 111 („Heckflosse“) des Jahres 1959 um. Die Knautschzonen verformen sich bei einem Unfall und bauen kontrolliert die kinetische Energie aus der Kollision ab. Die Insassen des Wagens werden gleichzeitig von der stabilen Fahrgastzelle geschützt. Seither hat sich dieser Aufbau von Personenwagen weltweit durchgesetzt.
Auch Barényis „Sicherheitslenkwelle für Kraftfahrzeuge“ setzt sich durch. 1963 wird diese Technik patentiert, als vollständiges System hat diese Sicherheitslenkung 1976 im E-Klasse-Vorgänger W 123 Premiere. Die Idee des versenkten Scheibenwischers zum Schutz von Fußgängern braucht 28 Jahre, bis sie 1979 in der S-Klasse der Baureihe W 126 debütiert.
Mercedes-Benz: Schrittmacher der Sicherheit
Mercedes-Benz ist der Pionier der automobilen Sicherheit. Keine andere Automobilmarke forscht so intensiv auf diesem Gebiet und hat so viele entscheidende Innovationen auf den Markt gebracht. Seit der Erfindung des Autos im Jahr 1886 haben Mercedes-Benz und die Vorgängermarken die Entwicklung der Aktiven und Passiven Sicherheit nachhaltig geprägt und dabei immer wieder Maßstäbe gesetzt.
1900 Wilhelm Maybach entwickelt den Mercedes 35 PS als Fahrzeug mit vorbildlicher Fahrsicherheit. Dazu tragen der lange Radstand, der tiefe Schwerpunkt, der mit dem Rahmen verschraubte Motor und die breite Spur bei.
1921 Der Mercedes 28/95 PS erhält Vorderradbremsen. Die anderen Pkw-Modelle der DMG (Daimler Motoren Gesellschaft) und der Firma Benz & Cie. folgen 1923/24.
1931 Der Mercedes-Benz 170 (W 15) ist das erste Serienautomobil mit hydraulischer Bremsanlage und Einzelradaufhängung an Schwingachsen vorn und hinten.
1941 Patent Nr. 742 977 vom 23. Februar 1941 auf den von Béla Barényi entwickelten Plattformrahmen.
1945 Béla Barényi entwickelt in diesem und den folgenden Jahren die Fahrzeugstudien „Concadoro“ und „Terracruiser“. Beide Studien zählen zu den wichtigsten Arbeiten im Vorfeld der Sicherheitskarosserie in Zellenbauweise.
1949 Patent Nr. 827 905 vom 23. April 1949 auf das Sicherheitszapfentürschloss.
1952 Patent Nr. 854 157 vom 28. Februar 1952 auf die Sicherheitskarosserie mit gestaltfester Mittelzelle und Knautschzonen. 1959 in der Mercedes-Benz Baureihe W 111 in der Serie verwirklicht.
1954 Eingelenkpendelachse mit tief liegendem Drehpunkt im Mercedes-Benz 220 a der Baureihe W 180.
1958 Patent Nr. 1 089 664 vom 2. Juli 1958 auf das Keilzapfen-Türschloss. Markteinführung als Serienausstattung 1959 in den Heckflossen-Modellen.
1959 Beginn der systematischen Unfallversuche mit Crash-Tests und Dummys.
1959 Debüt der Mercedes-Benz Baureihe W 111 („Heckflosse“) mit Sicherheitskarosserie, entschärftem Innenraum und Keilzapfen-Türschloss.
1961 Sukzessive Einführung von Scheibenbremsen und Zweikreis-Bremsanlagen in der Pkw-Modellpalette.
1966 Hans Scherenberg und Béla Barényi formulieren die bis zur Einführung von PRE-SAFE® gültige Aufteilung von aktiver und passiver Sicherheit.
1967 Sicherheitslenkung mit Teleskoplenksäule und Pralltopf im gesamten Mercedes-Benz Pkw-Programm.
1971 Im Mercedes-Benz SL der Baureihe 107 hat ein ganzes Maßnahmenpaket zur aktiven und passiven Sicherheit Premiere: kollisionsgeschützter Kraftstofftank über der Hinterachse, stark gepolstertes Armaturenbrett, deformierbare oder versenkt angeordnete Schalter und Hebel, Vierspeichen-Sicherheitslenkrad mit Pralltopf und breiter Polsterplatte, neu entwickelte Windleitprofile an den A-Säulen, großflächige Heckleuchten mit geripptem Oberflächenprofil für eine weitgehende Unempfindlichkeit gegen Verschmutzung.
1976 In der Mercedes-Benz Baureihe W 123 hat Béla Barényis 1963 patentierte „Sicherheitslenkwelle für Kraftfahrzeuge“ mit der als Wellrohr ausgebildeten Lenksäule Premiere.
1978 Das Anti-Blockier-System ABS der zweiten Generation debütiert
in der S-Klasse W 116. Eine erste, noch nicht serienreife Version stellt Mercedes-Benz bereits 1970 vor. Von 1980 an ist ABS dann in allen Modellreihen vorhanden.
1979 Die Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe W 126 berücksichtigt mit der Gabelträgerstruktur des Vorderwagens den asymmetrischen Frontalaufprall.
1981 Weltweit erster Fahrer-Airbag in der S-Klasse. Mercedes-Benz forscht seit 1968 an diesem zusätzlichen Rückhaltesystem. Von 1982 an ist der Fahrer-Airbag in allen Modellen zu haben, 1987 folgt der Beifahrer-Airbag, 1995 der Sidebag.
1982 Raumlenker-Hinterachse im Mercedes-Benz 190 (W 201).
1989 Die neuen SL-Roadster (R 129) debütieren mit einem sitzintegrierten Gurtsystem und einem bei drohendem Überschlag automatisch ausfahrenden Überrollbügel.
1995 Regensensor und Xenonlicht in der Mercedes-Benz E-Klasse der Baureihe 210.
1995 Serieneinführung des Elektronischen Stabilitäts-Programms ESP® im S-Klasse Coupé der Baureihe 140.
1996 Mercedes-Benz führt den Bremsassistenten BAS als Weltneuheit in die Serie ein.
1997 Der Sandwichboden in der A-Klasse der Baureihe W 168 lässt bei einem Frontalcrash den Motor unter die Passagierzelle gleiten.
1998 Der Windowbag hat als Sonderausstattung in der Mercedes-Benz S-Klasse Premiere.
1999 Premiere des Abstandsregeltempomaten DISTRONIC.
1999 Das Aktive Fahrwerk ABC (Active Body Control) hat im CL-Coupé der Baureihe C 215 Serienpremiere.
1999 Bi-Xenon-Scheinwerfer als Serienausstattung im CL-Coupé der Baureihe 215.
2001 Head-Thorax-Sidebags in den SL-Roadstern von Mercedes-Benz.
2002 Vorbeugendes Insassenschutzsystem PRE-SAFE® in der Mercedes-Benz S-Klasse, danach sukzessive auch in den anderen Baureihen.
2003 Aktives Kurvenlicht mit Bi-Xenon-Scheinwerfern (E-Klasse Baureihe 211).
2005 Das Integrale Sicherheitskonzept von Mercedes-Benz verbindet die verschiedenen Systeme der Aktiven und Passiven Sicherheit.
2005 Mercedes-Benz stellt in der S-Klasse der Baureihe W 221 verschiedene Sicherheitssysteme vor, beispielsweise die DISTRONIC PLUS, den Bremsassistenten BAS PLUS und den Nachtsicht-Assistenten.
2006 Das Intelligent Light System sorgt für eine perfekte Lichtverteilung auf der Fahrbahn entsprechend der Fahrsituation (in der E-Klasse der Baureihe 211).
2006 Premiere der PRE-SAFE® Bremse als Sonderausstattung im CL-Coupé der Baureihe 216.
2007 Premiere des Totwinkel-Assistenten als Sonderausstattung in der S-Klasse und der CL-Klasse.
2009 Premiere des Aufmerksamkeits-Assistenten ATTENTION ASSIST in der Mercedes-Benz E-Klasse der Baureihe 212.
2009 In der überarbeiteten Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 221 debütiert die Seitenwindstabilisierung als zusätzliche Funktion der Active Body Control (ABC). Außerdem hat das Bremssystem Torque Vectoring Brake seine Serienpremiere.
2010 Weltpremiere für den Aktiven Totwinkel- und den Aktiven Spurhalte-Assistenten in der CL-Klasse (C 216) und S-Klasse (W 221).
2011 In der B-Klasse Einführung des radarbasierten Assistenzsystems COLLISION PREVENTION ASSIST (serienmäßig).
2013 Neue und um wesentliche Funktionen erweiterte Assistenzsysteme (DISTRONIC PLUS mit Lenk-Assistent und Stop&Go Pilot, Bremsassistent BAS PLUS mit Kreuzungs-Assistent, Aktiver Spurhalte-Assistent, Adaptiver Fernlicht-Assistent Plus, Nachtsicht-Assistent Plus, ATTENTION ASSIST) in der S-Klasse. Neue PRE-SAFE® Funktionen (PRE-SAFE® Bremse, PRE-SAFE® PLUS, PRE-SAFE® Impuls), verbesserter Schutz im Fond (Gurtschlossbringer, Belt-Bag).
2013 Mercedes-Benz bringt Car-to-X-Kommunikation auf die Straße.
2014 Der QR-Code-Aufkleber, der Rettungskräften einen Direktzugriff
auf die fahrzeugspezifische Rettungskarte ermöglicht, ist auch für ältere Mercedes-Benz Modelle nachrüstbar.
2014 In der Kompaktklasse-Modellfamilie kommt serienmäßig das weiterentwickelte Assistenzsystem COLLISION PREVENTION ASSIST PLUS zum Einsatz. Es erweitert die Funktionen von COLLISION PREVENTION ASSIST um eine autonome Bremsung zur Verringerung der Gefahr von Auffahrunfällen.
2 Kommentare
Mercedes-Fans.de
11. Dezember 2014 20:32 (vor über 9 Jahren)
Egide aus belgien
11. Dezember 2014 20:14 (vor über 9 Jahren)
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