Mercedes-Benz Baureihen: W 28 (1936 bis 1939)

Mit dem 130 Nachfolger 170 H ging es bei Mercedes wieder von hinten los

Mercedes-Benz Baureihen: W 28 (1936 bis 1939): Mit dem 130 Nachfolger 170 H ging es bei Mercedes wieder von hinten los
Erstellt am 23. März 2010

Dass Mercedes-Benz einmal ganz anders als heute in die Gänge kam, belegte die Heckmotor-Reihe W 25. Bei diesen kompakten Wagen handelte es sich um fortschrittliche Konstruktionen. Gleichwohl verlief der Verkauf schleppend. Recht bald meinte man die Ursache hierfür in der vergleichsweise geringen Leistung von 26 PS gefunden zu haben. Ein hubraumstärkere Variante sollte Fortsetzung des Heckmotorwagenbaus für Abhilfe sorgen. Der 1936 vorgestellte Mercedes 170 H wusste denn auch mit großem Fahrkomfort und ausgezeichnete Fahrleistungen zu überzeugen. Der ganz große Publikumserfolg blieb ihm aber ob seines recht hohen Verkaufspreises verwehrt.

Bereits 1933 wurde neben dem Mercedes-Benz 130 eine hubraumstärkere Variante mit 1,5 bis 1,6 Litern in Erwägung gezogen. Ein halbes Jahr später entschloss man sich dazu, dem 1,3-Liter-Mercedes tatsächlich bald eine 1,6-Liter-Serie folgen zu lassen. Im Februar 1936 debütierte dann auf der Internationalen Automobil- und Motorrad-Ausstellung in Berlin der Mercedes-Benz 170 H (W 28), der den Typ 130 ablöste, zusammen mit dem Parallelmodell Typ 170 V (W 136). Offiziell wurde nun das „H“ für „Heckmotor“ in der Typenbezeichnung verwendet; dieses Unterscheidungsmerkmal war erforderlich zur Abgrenzung des Heckmotorwagens vom hubraumgleichen Typ 170 V mit vorn eingebautem Motor. Der grundsätzlich zweitürige Typ 170 H war wie sein Vorgänger als Limousine und Cabrio-Limousine lieferbar. Ein offener Tourenwagen wurde nicht angeboten.

Klärend vorangestellt sei der Hinweis, dass die beiden 170er Baureihen bis kurz vor ihrer Vorstellung als 1,6-Liter-Wagen entwickelt worden waren und erst kurz vor Serienanlauf noch eine Hubraumerhöhung erhielten. Noch im März 1935 anlässlich einer Besprechung des Vorstands und zuständiger Direktoren über das Typenprogramm und die Fahrzeug-Dispositionen für die Ausstellungen in London und Paris 1935 sowie in Berlin im März 1936 wurden die Fahrzeuge der Baureihe W 136 für Berlin als solche mit 1,6-Liter-Motor bezeichnet. Das führte dazu, dass in den Wagenbüchern zahlreiche Nummerngruppen, für die Fahrgestelle bereits vorsorglich reserviert waren, mit einem roten Stempel „1,6 Ltr.“ versehen worden sind. Auf diesen Seiten wurden dann nach der kurzfristig erfolgten Hubraumerweiterung von 1598 Kubikzentimeter auf 1697 Kubikzentimeter die ersten Serien der neuen Fahrzeuge eingetragen, ohne allerdings den bereits vorhandenen Stempelaufdruck zu korrigieren. Beim Typ 170 H betraf dies die Fahrgestellnummern 118771 bis 118780 und 136776 bis 137775.

Der Vierzylindermotor des Typ 170 H entwickelte eine Leistung von 28 kW bei 3400/min und brachte das Auto auf eine Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h. Zu den flotten Fahrleistungen trug neben der Karosseriegestaltung auch das geringere Fahrzeuggewicht aufgrund des kompakten Antriebsblocks und der nicht benötigten Kardanwelle bei, zugleich verbunden mit geringeren Kraftübertragunsverlusten. Das Fahrzeug verfügte im Unterschied zum Typ 170 V (Viergang-Getriebe) über ein Dreigang-Getriebe mit zuschaltbarem Schnellgang, genau wie der Typ 130, das aber nun als Viergang-Getriebe bezeichnet wurde. Das wirkte sich auf die Gangreichweiten im Vergleich mit dem Typ 170 V allerdings nicht aus, da die Abstufung der Getriebe- und Achsübersetzungen so abgestimmt war, dass die Gangreichweiten trotz unterschiedlicher Getriebekonstruktionen mit denen des Typ 170 V fast identisch waren.

Das technische Konzept des Zentralrohrrahmens mit der hinteren Gabelung zur Aufnahme des Heckmotors entsprach grundsätzlich dem des Vorgängertyps Mercedes 130. Insofern erbte der 170 H die Tendenz zum Übersteuern; sie konnte aber durch eine sorgfältige Fahrwerkabstimmung deutlich gemindert werden. Vom Typ 170 V unterschied sich der Typ 170 H nicht nur durch seine avantgardistischer wirkende Karosserie, er bot auch bessere Fahrleistungen und seinen Insassen mehr Ruhe dank des geringeren Motorgeräusches des hinten liegenden Antriebsaggregats.

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Gutes Styling - geschmackvolles Design

Der Typ 170 H wies gegenüber dem Typ 130 eine deutlich gefälligere Karosserieform, diesmal jedoch mit einem aufgelegten Mercedes-Stern ohne Umrandung, auf. Als das Fahrzeug auf der IAMA der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, war die Optik des neuen Mercedes das Gespächsthema Nummer 1. So stand zum Beispiel in der Zeitschrift: „Motor und Sport“ geschrieben: „Hat sich nun das Publikum an die Form des Heckmotorwagens gewöhnt oder nicht? Wir jedenfalls finden an ihr nichts auszusetzen. Es ist ein moderner Wagen, auf den man stolz sein kann und durch dessen Besitz man der Welt kund tut ein moderner Mensch zu sein. Der neue Heckmotor(wagen) mit dem neuen vierzylindrigen 1,7 Liter Motor hat uns ausnehmend gut gefallen.“ Insgesamt vermochte der Typ 170 H mehr als Mercedes 130 gefallen. Das runde, in sich harmonisch abgeschlossenes Design kam gut an. Überzeugend gelungen waren die verbindenden Stilelemente im Bereich der Fenster, der B-Säule und der Längssicken, die eine Verbindung zu den anderen Limousinenkarosserien schufen und den Typ 170 H als Mitglied der großen Mercedes-Benz-Familie erkennen ließen.

Obwohl Mercedes 170 H rein äußerlich betrachtet recht kompakt wirkte, bot er im Innenraum mehr Platz als der Typ 170 V. Der Sichtkomfort nach vorn entsprach nahezu dem heutigen Standard. Auch die Gepäckunterbringung präsentierte sich gegenüber dem Typ 130 verbessert - auch wenn man die Koffer nach wie vor über die Rückenlehne der Fondsitzbank heben musste, um sie im Kofferraum zu deponieren. Der von außen zugängliche Kofferraum ist in dieser Fahrzeugkategorie eine Errungenschaft der Nachkriegszeit.

Überzeugender Federungs- und Geräuschkomfort

Der Mercedes 170 H verfügte über einen beachtlichen Federungs- und Geräuschkomfort sowie eine serienmäßigen Warmluftheizung. Zu dieser bemerkt der Test der „Allgemeinen Automobil-Zeitung“ (AAZ): „Zur Geräumigkeit kommt als wirklich sehr erfreuliche Seite die verstellbare Wagenheizung hinzu. Leider gibt es nur wenige und dann zumeist ausländische Wagen, die neben dem 170 H diese erfreuliche Einrichtung aufweisen.“ Diese Heizung war ein Nebenprodukt der vom Typ 150 übernommenen Pressluftkühlung. Hierbei drückte ein vom Motor angetriebenes „Turbogebläse“ Luft durch einen kleinen Wasserkühler. Ein Teil der angesaugten Luft wurde sowohl über den gekapselten Auspuffkrümmer als auch über den Schalldämpfer geleitet, bevor die nunmehr erhitzte Luft im Innenraum ankam. Die Heizung war übrigens regulierbar.

Der Heckmotor-Benz war übrigens schneller als der beliebtere Frontmotor-Bruder unterwegs - was vor allem die Fachpresse überrascht registrierte: „Motor und Sport“ berichtete fast euphorisch: „Obgleich der Wagen weit geräumiger als der 1,3 Liter Heckmotorwagen ist, hat er einen um nur 10 cm längeren Radstand und wiegt nur 30 kg mehr. Der Motor leistet 38 PS und somit erhalten wir jetzt ein Leistungsgewicht von 27,6 kg/PS, womit endlich Mercedes-Benz zu seiner unübertrefflichen Strassenlage nun auch noch eine Portion „Spruhtz“ bekommt, die viele sehr begrüßen werden.“ In dasselbe Horn stößt ein Jahr später der Kollege der „AAZ“ mit der Bemerkung: „Die Fahreigenschaften des 170 H werden unterstützt durch eine sehr ansehnliche Höchstgeschwindigkeit und ein durchaus befriedigendes Beschleunigungsvermögen. Die Höchstgeschwindigkeit über einen fliegenden Kilometer beläuft sich im Mittel von 4 Stoppungen auf 111,4 km/h, während der Kilometer mit stehendem Start mit 70,6 km/h zurückgelegt wurde.“

Der Mercedes 170 H erhielt 1938 eine Modellpflege. Er bekam doppelt wirkende Stoßdämpfer spendiert und die Armaturentafel enthielt jetzt zusätzlich je ein Rundinstrument für die Wasser- und Öltemperatur. Dennoch konnte sich Typ 170 H nicht gegen den Mercedes 170 V durchsetzen. Was mochten hierfür den Ausschlag gegeben haben? Entscheiden dürfte gewesen sein, dass der den Typ 170 V in deutlich mehr Karosserievarianten angeboten wurde und der Kunde somit eine größere Auswahl besaß. Ein weiterer Umstand, der den Erfolg des Typ 170 H nicht eben förderte, war der um 600 RM höhere Preis gegenüber dem Typ 170 V (4350 zu 3750 RM). Zwischen 1935 und 1939 wurden vom Mercedes 170 H gerade mal 1.507 Fahrzeuge gebaut - vom Frontmotortyp 170 V hingegen rollten 67.579 Fahrzeuge vom Band.

Mercedes-Fans-Facts:

Typ: Mercedes-Benz 170 H (Baureihe W 28)

Zylinder: 4 (Reihe)

Hubraum: 1.697 ccm

Leistung: 28 kW bei 3.400/min

Höchstgeschwindigkeit: 110 km/h

Produktionszeitraum: 1936 bis 1939

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