Mercedes-Benz Motorsport Story Teil 7

Rallyes und Rekorde

Mercedes-Benz Motorsport Story Teil 7: Rallyes und Rekorde
Erstellt am 4. Juni 2010

Wer seine Chronistenpflicht ernst nimmt und über das Thema Mercedes-Benz und Motorsport berichtet, darf seinen Blick nicht nur auf das Geschehen auf den Rundstrecke richten. Auch Rallyes haben ihre Bedeutung für Mercedes-Benz. Überragende Siege und legendäre Triumphe konnte die Premiummarke mit seriennahen Mercedes Fahrzeugen herausfahren. Beispielsweise im Januar 1952, als Karl Kling, Rudolf Caracciola und Hermann Lang auf drei Mercedes-Benz 220 (W 187) an der Rallye Monte Carlo teilnehmen. Das Stuttgarter Trio holt den Pokal für die beste Mannschaft.

Für Kling, der seine ersten Erfahrungen im Motorsport bei langen Geländefahrten gemacht hat, ist diese Rallye eine spannende Herausforderung. In der deutschen Öffentlichkeit wird der Wettbewerb allerdings längst nicht so aufmerksam verfolgt wie die Rennen auf der Rundstrecke. Der Fahrer weiß: „Ein Automobilrennen ist an eine Rundstrecke gebunden. Wie ein Schauspiel voll Dramatik und Sensation rollt es vor den Augen der Zuschauer ab. Der Donner der Motoren ist die akustische Kulisse. Die Schönheit und Rasse eines Rennwagens wirken begeisternd. Der Kampf der Fahrer reißt mit. Der Mann am Steuer, der sich mit der Materie herumschlägt, wird zum Mittelpunkt des Geschehens. Eine Rallye jedoch breitet sich über große Räume aus. Ihre Fahrer kämpfen verbissen mit der Tücke des Wetters und der Strecke. Sie kämpfen gegen sich selbst, die Müdigkeit, die Gleichförmigkeit und gegen viele hundert Kilometer Landstraße, über Gebirge, Ebenen und an Küsten entlang. Sie streiten im Verborgenen viele Minuten, viele Stunden, ja Tage lang.“

Auch in der Zeit der Silberpfeile von 1952 bis 1955 sind Fahrzeuge von Mercedes-Benz bei Rallyes erfolgreich, sie werden von engagierten Privatfahrern wie dem Obsthändler Walter Schock pilotiert. Bei der ersten Rallye Solitude vom 24. bis zum 25. April 1954 tritt Schock auf seinem Geschäftswagen an, einem Mercedes-Benz 220a (W 180 I). Der Lauf zählt in diesem Jahr zur Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft und besteht unter anderem aus zwei anspruchsvollen Bergprüfungen, einem Slalomkurs auf dem Flugplatz in Malmsheim sowie Beschleunigungs- und Bremsprüfungen im Stadtgebiet von Stuttgart. Verbunden sind die einzelnen Punkte durch Gleichmäßigkeitsfahrten. 174 Teilnehmer starten von elf Standorten zum Schloss Solitude, wo der Start zu den Sonderprüfungen angesetzt ist.

Schock gewinnt das Rennen. Zusammen mit Rudolf Moll als Kopilot wird er auch in den nächsten Jahren viele Rallye-Erfolge auf Mercedes-Benz einfahren. 1954 gewinnt er auch die Rallye Wiesbaden, die Weinheimer Frühlingsfahrt und die Rallye Bavaria. 1955 startet das Duo dann bei der wohl bedeutendsten europäischen Sternfahrt, der Rallye Monte Carlo. Von Mercedes-Benz wird das Team Schock / Moll bei diesem Abenteuer nur in geringem Umfang unterstützt. Rennleiter Neubauer hat in jener Saison wichtigere Ziele, er will die doppelte Weltmeisterschaft der Formel 1 und der Sportwagen gewinnen. Außerdem ist er schon über die Teilnahme der Rennabteilung an der Rallye Monte Carlo im Jahr 1952 nicht sonderlich glücklich gewesen. Immerhin wird die Karosserie von Schocks privatem Mercedes-Benz in der Versuchswerkstatt tiefer gelegt, um den Wagen für die Rallye zu optimieren.

Am 17. Januar geht es los. Und prompt holen die beiden Stuttgarter nach vier Tagen den dritten Platz der Gesamtwertung. Es folgen ein Sieg bei der Rallye Sestriere in Italien (25. Februar bis 1. März 1955), ein zweiter Platz bei der Rallye Adriatika in Jugoslawien (20. bis 24. Juli 1955), sowie Platz vier bei der norwegischen Rallye Viking (9. bis 12. September 1955). Auch bei der Rallye Solitude ist Walter Schock 1955 wieder dabei, diesmal erreicht er Platz drei. Die Rallye ist 1955 bereits zu einer echten Langstreckenfahrt über 2000 Kilometer geworden.

1956: Bei Mercedes rücken Rallyes in den Fokus

Nach dem werksseitigen Rückzug von Mercedes-Benz aus der Formel 1 und der Sportwagen-Meisterschaft bekommen die Rallyes von 1956 nun die ganze Aufmerksamkeit des Publikums. Die vor allem von Privatteams eingesetzten Stuttgarter Fahrzeuge sind auf Rallye-Strecken in aller Welt unterwegs. Während Renn- und Rennsportwagen der vergangenen Jahre als feinnervige Hochleistungssportler brilliert haben, zeigen nun die seriennahen Personenwagen beim Test auf Herz und Nieren ihre Standfestigkeit. Zuständig für die Rallye-Einsätze ist Karl Kling als Mercedes-Benz Sportdirektor: Nach der Pensionierung Alfred Neubauers übernimmt der Ex-Rennfahrer so einen Teil der Verantwortlichkeit der Rennleiter-Legende.

In den späten 1950er und frühen 1960er Jahren sind es vor allem die Sechszylinder-Limousinen 220 SE und 300 SE sowie der Sportwagen 300 SL, die auf den Straßen und Schotterpisten der Welt von sich reden machen: Geprägt werden diese Jahre unter anderem von dem schon bekannten Team Walter Schock / Rolf Moll. Dem Duo, das für den Motorsportclub Stuttgart startet, bietet Mercedes-Benz nun eine umfangreiche Unterstützung durch Fahrzeuge und Service an. Im Mercedes-Benz 220a startet Walter Schock am 15. Januar 1956 bei der Rallye Monte Carlo und kommt mit nur 1,1 Sekunden Rückstand auf den Sieger, der einen Jaguar fährt, am 23. Januar ins Ziel.

In den späten 1950er und frühen 1960er Jahren sind es vor allem die Sechszylinder-Limousinen 220 SE und 300 SE sowie der Sportwagen 300 SL, die auf den Straßen und Schotterpisten der Welt von sich reden machen: Geprägt werden diese Jahre unter anderem von dem schon bekannten Team Walter Schock / Rolf Moll. Dem Duo, das für den Motorsportclub Stuttgart startet, bietet Mercedes-Benz nun eine umfangreiche Unterstützung durch Fahrzeuge und Service an. Im Mercedes-Benz 220a startet Walter Schock am 15. Januar 1956 bei der Rallye Monte Carlo und kommt mit nur 1,1 Sekunden Rückstand auf den Sieger, der einen Jaguar fährt, am 23. Januar ins Ziel.

Mercedes Siege und Triumphe

Einen Monat später starten die Stuttgarter auf dem Flügeltür-Coupé Mercedes-Benz 300 SL in Italien zur Rallye Sestriere. In den Bergen hängt der Silberpfeil die anderen Fahrzeuge einfach ab. Schock erinnert sich an die überragende Leistung des Coupés im winterlichen Rallye-Einsatz: „Ganz feine Schneeketten auf allen vier Rädern erlaubten uns bergauf Geschwindigkeiten bis zu 180 km/h.“ Am 28. Februar kommt das Team als Sieger ins Ziel. Weitere Triumphe folgen mit dem Sieg der Rallye Wiesbaden (21. bis 24. Juni 1956), dem Gewinn der Rallye Akropolis (25. April bis 2. Mai 1956) und dem ersten Platz bei der Rallye Adriatika. Bei der Rallye Iberico kommen Schock und Moll auf Platz drei, bei der Rallye Genf auf Position 10. Schock gewinnt außerdem seine Klasse beim Eifelrennen und kommt auf Platz 2 beim Rahmenrennen zum Großen Preis auf dem Nürburgring. So wird er 1956 europäischer Tourenwagenmeister und Deutscher Automobilmeister in der GT-Klasse über 2000 Kubikzentimeter.

1959: Sportdirektor Kling als Werksfahrer auf Zeit

Aber auch der Sportdirektor selbst greift ab und an noch zum Steuer und wird so zu einer Art Mercedes-Benz Werkspilot auf Zeit: Ein ungewöhnlicher Sieg gelingt Karl Kling zusammen mit Rainer Günzler 1959 bei der 14 000 Kilometer langen Rallye Mediterranée – Le Cap vom Mittelmeer bis Südafrika: Die Stuttgarter starten zu dieser Rallye auf einem Mercedes-Benz 190 D, und der Diesel trägt das deutsche Team zuverlässig zum Sieg. 1961 pilotiert Kling wieder eine Limousine durch Afrika. Diesmal hat er einen Mercedes-Benz 220 SE gewählt, mit dem er siegreich die Rallye Algier – Lagos – Algier bestreitet, auf dem Beifahrersitz wieder Rainer Günzler.

Außerdem ist Kling als Rennleiter präsent, wenn Teams auf Mercedes-Benz als Werksmannschaft bei ausgewählten großen Rennen starten. So begleitet er in den 1960er Jahren mehrmals Mannschaften bei der Teilnahme am Großen Straßenpreis von Argentinien. Am 26. Oktober 1961 startet Walter Schock zu dieser ganz besonderen Rallye, an der 207 Fahrer teilnehmen. Die Teilnehmer erwartet ein hartes Rennen auf einer 4600 Kilometer langen Route mit rund 3000 Meter Höhenunterschied. Die Strapaze endet am 5. November mit einem Doppelsieg für Mercedes-Benz. Walter Schock und Rolf Moll kommen als erste ins Ziel, gefolgt von Hans Herrmann und Rainer Günzler. „Es war wohl mein schwerstes Rennen, das ich je gefahren bin“, sagt Rallye-Champion Schock nach der Rückkehr aus Südamerika. Juan Manuel Fangio persönlich hat zusammen mit Rennleiter Karl Kling die von der Stuttgarter Marke unterstützten Teams begleitet.

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Auch 1960 verbuchen Schock und Moll mit ihrem Typ 220 SE die Rallye-Europameisterschaft für sich: Bei der legendären Rallye Monte Carlo gehen sie ebenso als Erste über die Ziellinie wie bei der Akropolis-Rallye in Griechenland. Dieser erste deutsche Gesamtsieg in dem Rennen ist zugleich ein Dreifacherfolg für Mercedes-Benz. Denn die Plätze zwei und drei belegen die Fahrerteams Eugen Böhringer / Hermann Socher und Eberhard Mahle / Roland Ott. Die Sportpresse fordert nach diesem Triumph 1960, Mercedes-Benz solle wieder mit dem kontinuierlichen Einsatz von Werksfahrzeugen auf die Rennstrecken der Welt zurückkehren. Doch Sportchef Kling macht deutlich: „Dieser Erfolg wird uns ermutigen, weiter erhebliche Anstrengungen in Rallies zu machen. Doch Mercedes hat nicht die Absicht, wieder zum Rennsport zurückzukehren.“

Kleiner Mann ganz groß: Mercedes Pilot Eugen Böhringer

1964: Das Fahrerteam Kaiser/Böhringer gewinnt den Großen Straßenpreis von Argentinien auf Mercedes-Benz 300 SE



Von 1962 an sorgt ein anderer Fahrer der Stuttgarter Rennabteilung für Siege: Eugen Böhringer, der bereits seit 1957 Mercedes-Benz Wagen bei Rallyes pilotiert, gewinnt in dieser Saison die Rallye-Europameisterschaft. Mit seinen Beifahrern Peter Lang und Hermann Eger fährt Böhringer in dieser Saison unter anderem bei folgenden Rennen Punkte ein: Rallye Monte Carlo (2. Platz), Tulpen-Rallye (7.), Rallye Akropolis (Sieg), Rallye Mitternachtssonne (5. Platz), Polen-Rallye (Sieg), Rallye Lüttich – Sofia – Lüttich (Sieg) und Deutschland-Rallye (2. Platz).

Ein Höhepunkt des Jahres ist der Sieg der legendären Straßen-Wettfahrt Lüttich – Sofia – Lüttich auf Mercedes-Benz 220 SE. Diesen Marathon quer durch Europa entscheidet der Stuttgarter auch im folgenden Jahr für sich, ihm gelingt als erstem Fahrer überhaupt der zweifache Sieg dieser Rallye in aufeinander folgenden Jahren. Zu den großen Erfolgen Böhringers auf Mercedes-Benz 300 SE gehören auch die Siege beim Großen Straßenpreis von Argentinien 1963 und 1964.

In den Jahren bis 1964 gewinnen verschiedene Piloten und Pilotinnen (Ewy Rosqvist und Ursula Wirth) auf den schnellen Heckflossen-Modellen zahlreiche Wettbewerbe auf Rallyepisten und Rundstrecken. Als äußerst konkurrenzfähiges Fahrzeug bewährt sich in dieser Ära auch der Mercedes-Benz 230 SL. Auf dem im Volksmund „Pagode“ genannten Fahrzeug gewinnen zum Beispiel Eugen Böhringer / Klaus Kaiser die Marathon-Rallye Lüttich – Sofia – Lüttich im Jahr 1963.

Auch in den USA ist Mercedes siegreich

Erfolgreich ist Mercedes-Benz auch in Nordamerika: Speziell für die amerikanische Sportwagen-Meisterschaft entsteht 1957 der Mercedes-Benz 300 SLS. Er basiert auf dem Serien-Sportwagen 300 SL, ist jedoch dank des auf 900 Kilogramm reduzierten Gewichts und der von 158 auf 173 kW angehobenen Motorleistung zu einem erneut sehr konkurrenzfähigen Fahrzeug geworden. Dem Amerikaner Paul O'Shea sichert der SLS den dritten Titelgewinn in Folge, nach zwei Siegen auf 300 SL Coupé in den Jahren 1955 und 1956.

Der Werkseinsatz der starken Achtzylinder-Limousine 300 SEL 6.3 bleibt auf ein Rennen begrenzt – nämlich den Sieg beim Sechsstunden-Tourenwagenrennen in Macao 1969 durch Erich Waxenberger. Die Ölkrise Anfang der 1970er Jahre verhindert danach weitere Sporteinsätze der Limousine. Der Automobilhistoriker Karl Eric Ludvigsen betont die Bedeutung dieses Einschnitts in der Rennsportgeschichte der Stuttgarter Marke: „Durch die Ölkrise erfuhr eine lange Tradition bei Daimler-Benz erstmals eine von außen gesteuerte Unterbrechung. Sie hatte genau genommen um die Jahrhundertwende begonnen und – abgesehen von den Kriegsjahren – nur 1955 eine Zäsur erfahren; in jedem Jahr hatte es stets einen oder mehrere Benz, Mercedes oder Mercedes-Benz gegeben, die mit direkter oder auch indirekter Werksunterstützung mindestens an einem bedeutenden Rennen beteiligt gewesen waren.“

Allerdings führen Privatfahrer die Mercedes-Benz Renntradition weiter. Ihre Fahrzeuge werden immer häufiger von AMG für den Sporteinsatz vorbereitet – einer Werkstatt, die Hans-Werner Aufrecht und Erhard Melcher 1967 gründen. Zu den Spitzenprodukten der ersten Jahre gehört die verfeinerte Version des Mercedes-Benz 300 SEL mit 6,9-Liter-Motor, der 1971 Platz 2 bei den 24 Stunden von Spa holt. Der unabhängige Tuningbetrieb bewährt sich über viele Jahre bei der Vorbereitung von Rennwagen und Tourensportwagen, bevor die damalige DaimlerChrysler AG ihn vollständig übernimmt.

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Das 1969 vorgestellte Wankelmotor-Coupé Mercedes-Benz C 111 wird ebenfalls von der Ölkrise getroffen. Die futuristische Studie mit Dreischeiben-Rotationskolbenmotor weckt die Begehrlichkeit der automobilen Öffentlichkeit: Mercedes-Benz stellt hier im September 1969 einen visionären Nachfolger des Flügeltürers 300 SL vor. Ein Jahr später wird eine überarbeitete Version mit einem Vierscheiben-Rotationskolbenmotor gezeigt. Dieser Typ ist schließlich die Keimzelle für die zweite Ära der Silberpfeile. Doch Träume von erneuten Rennsporterfolgen mit dem Sportwagen werden nicht erfüllt, der C 111 bleibt ein außergewöhnliches Experimentalfahrzeug. Gegen eine Serienfertigung sprechen auch der große Durst des Wankelmotors sowie die vergleichsweise hohe Schadstoffbelastung im Abgas der Rotationskolbenmaschinen. Mercedes-Benz gibt deshalb die Arbeit an dieser kompakt bauenden Motorvariante trotz ihrer beeindruckenden Leistung und Laufruhe 1971 auf.

1976: Rekordfahrten mit dem C 111

Seine große Zeit auf der Rundstrecke erlebt der C 111 schließlich in den Jahren 1976 bis 1979 bei Rekordfahrten: Mercedes-Benz entscheidet sich 1976, das alte Vorurteil vom ruppigen und langsamen Dieselmotor zu widerlegen. Und wer wäre besser geeignet, den Gegenbeweis zu führen, als ein C 111 mit Dieselantrieb? Für die ersten Testfahrten bauen die Ingenieure einen 3-Liter-Selbstzünder mit 5 Zylindern und Abgasturbo-Aufladung in einen äußerlich nicht veränderten C 111-II ein. Das Fahrzeug, das jetzt C 111-IID heißt, holt aus dem Serientriebwerk Typ OM 617 LA, das sonst im Mercedes-Benz Modell 240 D 3.0 (W 115, „Strich-Acht“) und später auch in anderen Fahrzeugen arbeitet, dank Turboaufladung und Ladeluftkühler beeindruckende 140 kW, Standard in der Serie sind etwa 60 kW. Auf der italienischen Teststrecke von Nardo in Süditalien überzeugt der C 111-IID im Juni 1976 mit spektakulären Geschwindigkeiten. Insgesamt 16 Weltrekorde stellen vier Fahrer in 60 Stunden auf, davon gelten 13 für Dieselfahrzeuge und drei für Automobile aller Motorisierungen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der rasanten Versuchsfahrt liegt bei 252 km/h, und Mercedes-Benz beweist, dass auch der Diesel sprinten kann.

Der Erfolg des äußerlich kaum modifizieren C 111-II in Nardo spornt die Entwickler zu neuen Höchstleistungen an. Diesmal entwerfen sie keine Studie für einen Sportwagen mit Straßenzulassung, sondern einen puren Rekordwagen, getrimmt für die Jagd nach Geschwindigkeitsrekorden – den C 111-III. 1977 wird an dem neuen Fahrzeug gebaut, das schmaler ist als die ersten C 111, einen längeren Radstand hat und mit seiner Vollverkleidung sowie Heckflossen eine perfekte Aerodynamik bietet. 1978 steht der C 111-III an der Startlinie in Nardo. Wieder grollt ein Dieselmotor unter dem diesmal silbern lackierten Kunststoff der Karosserie. Doch obwohl das Aggregat noch auf der Serienausführung basiert, leistet der Motor jetzt 169 kW und bringt den Stromlinienwagen auf Geschwindigkeiten, die weit jenseits der 300 km/h liegen. Neun absolute Weltrekorde holt Mercedes-Benz mit diesem Silberpfeil der späten 1970er Jahre.

Doch die Entwicklung zur absoluten Rekordmaschine hat der C 111 noch vor sich. Die letzte Version des Sportwagens, der 1979 vorgestellte Typ C 111-IV, bricht in Nardo mit einer Geschwindigkeit von 403,978 km/h den aktuellen Rundstreckenrekord. Diesmal arbeitet aber kein Diesel mehr unter dem Kunststoff-Kleid, sondern ein V8-Benzinmotor mit 4,5 Liter Hubraum und zwei Turboladern, der dem Wagen eine Leistung von 368 kW mit auf den Weg gibt. Auch die Form der Karosserie hat sich vom ersten Entwurf mittlerweile weit entfernt. Aus der mit Esprit und Mut karossierten Linie von 1969 ist zehn Jahre später ein lang gestreckter, schlanker Bolide mit zwei Heckflossen und massiven Spoilern in silbernem Lack geworden.

1978: Die Zeit der V8-Coupés und die Premiere des Mercedes Typ 190

Mercedes-Benz taucht erst im Jahr 1977 wieder in den Siegerlisten des Rennsports auf: Bei der Marathon-Rallye London – Sydney fahren die Teams Andrew Cowan / Colin Malkin / Mike Broad und Anthony Fowkes / Peter O'Gorman auf werksunterstützten Mercedes-Benz 280 E die schnellsten Gesamtzeiten. Eine solche Limousine geht 1978 auch als Werkswagen bei der East-African-Safari an den Start. Das Jahr 1978 steht aber eigentlich schon im Zeichen der schnellen V8-Coupés: Vier Fahrzeuge vom Typ Mercedes-Benz 450 SLC (C 107) mit 169 kW und Automatikgetriebe nehmen an der harten Südamerika-Rallye „Vuelta a la América del Sud“ teil. Das 30 000 Kilometer lange Rennen im August und September endet mit einem Fünffachsieg von Mercedes-Benz Fahrzeugen: Die Teams Andrew Cowan / Colin Malkin und Sobieslaw Zasada / Andrzej Zembruski siegen auf Mercedes-Benz 450 SLC, gefolgt von Anthony Fowkes / Klaus Kaiser (280 E), Timo Mäkinen / Jean Todt (450 SLC) sowie Herbert Kleint / Günther Klapproth (280 E).

1979 trägt der seriennahe Rallye-Wagen die Bezeichnung 450 SLC 5.0, sein aufgebohrter Achtzylinder mobilisiert nun 213 kW, genug für einen Vierfachsieg bei der 5000 Kilometer langen Bandama-Rallye an der Elfenbeinküste in Afrika. Sieger werden Hannu Mikkola und Arne Hertz vor den Teams Björn Waldegaard / Hans Thorszelius, Andrew Cowan / Klaus Kaiser und Vic Preston / Mike Doughty. Im Jahr 1980 nimmt Daimler-Benz in vollem Umfang an der Rallye-Weltmeisterschaft teil. Das Fahrzeug ist ein bis zu 250 kW starker 500 SLC. Gegen harte Konkurrenz schaffen Björn Waldegaard / Hans Thorszelius und Jorge Recalde / Nestor Straimel zum Saisonende erneut bei der Bandama-Rallye einen Doppelsieg. Das ist gleichzeitig der letzte werksseitige Rallye-Einsatz der Daimler-Benz AG, denn im Dezember 1980 entscheidet der Vorstand, dass sich die Stuttgarter aus Kapazitätsgründen aus der Weltmeisterschaft zurückziehen. Die zahlreichen Rallye-Siege in fast 30 Jahren haben die Leistungsfähigkeit der seriennahen Mercedes-Benz Fahrzeuge bewiesen. So sind diese Wettbewerbe zu besonders direkten Botschaftern der Marke geworden.

Die Mercedes 190 Rekordwagen

Auf Serienfahrzeugen basieren auch drei Rekordwagen vom Typ Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 Nardo aus dem Jahr 1983. Mit diesen für die Rekordfahrt modifizierten Autos wirbt Mercedes-Benz 1983 zur Einführung der Baureihe W 201 auf der italienischen Rennstrecke Nardo für die sportlichen Fähigkeiten der neuen Kompaktklasse-Limousine. Die Rekordwagen haben einen 2,3-Liter-Motor mit Vierventiltechnik, der für 136 kW Leistung bei 6200/min gut ist. Im Vergleich zur späteren Serienversion haben die 190er eine veränderte Hinterachsübersetzung (i=2,65) und keinen Rückwärtsgang. Außerdem sind die Wagen tiefer gelegt und haben rundum Niveauregulierung. Mit Spezialreifen und besonderen Spoilern kommt die Kompaktlimousine auf 261 km/h Spitzengeschwindigkeit.

Mitarbeiter der Versuchsabteilung fahren auf den drei Rekordwagen in 201:39:43 Stunden genau 50 000 Kilometer. Dabei stellen sie drei Weltrekorde (25 000 Kilometer mit 247,094 km/h, 25 000 Meilen mit 247,749 km/h und 50 000 Kilometer mit 247,939 km/h) sowie neun Klassenrekorde (unter anderem 1000 Kilometer mit 247,094 km/h und 1000 Meilen mit 246,916 km/h) auf. Der Rekordwagen auf Basis des 190 2.3-16 nimmt auch die Rückkehr von Mercedes-Benz in den Rennsport auf der Rundstrecke im Jahr 1984 vorweg.

Fortsetzung folgt...

Teil 8: Rückkehr auf die Rundstrecke

35 Bilder Fotostrecke | Mercedes-Benz Motorsport Story Teil 7: Rallyes und Rekorde #01 #02

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