Der Mercedes-Benz 300 Sc Roadster ist weltweit einer der seltensten und gesuchtesten Klassiker, denn zwischen 1956 und 1958 entstehen gerade einmal 49 Exemplare. Und er ist mit einem Kaufpreis von 36.500 DM (18.718 €) damals das teuerste Fahrzeug eines deutschen Herstellers und übertrifft in dieser Hinsicht sogar den legendären „Flügeltürer“, den Mercedes-Benz 300 SL, der für 29.000 DM (14.872 €) angeboten wird - und der Typ 300 Sc hat ein zeitlos-elegantes Design, das bis heute Maßstäbe setzt.

Im September 1955 präsentiert Daimler-Benz auf der IAA in Frankfurt/Main zusammen mit der überarbeiteten Limousine Mercedes-Benz 300c auch eine modellgepflegte Version des Typ 300 S. Die wichtigsten Änderungen betreffen die Hinterachse und den Motor. Das überarbeitete Modell, intern 300 Sc genannt, hat wie die Limousine jetzt eine Eingelenk-Pendelachse mit tiefliegendem Drehpunkt. Die Gemischbildung erfolgt nicht mehr über drei Vergaser, sondern stattdessen durch Direkteinspritzung; bei gleichzeitigem Erhöhen der Verdichtung steigt die Motorleistung auf 129 kW. Im Originalprospekt heißt es: „Die glückliche Verbindung von sportlicher Höchstleistung und Fahrsicherheit mit vollendeter Eleganz und einzigartiger Qualität hat den Mercedes-Benz Typ 300 S schnell zu einem Favoriten im Wettbewerb der internationalen Sonderklasse gemacht. Als erster großer Tourenwagen der Welt wurde er mit einem Einspritzmotor nach dem Vorbild des berühmten Seriensportwagens

Typ 300 SL versehen.“

"EINSPRITZMOTOR" - Chromschriftzug

Auch die Karosserie zeigt einige Änderungen: Der Typ 300 Sc hat Ausstellscheiben an den Seitenfenstern sowie größere Blinkleuchten vorn und hinten. Weitere Unterscheidungsmerkmale sind zwei waagerechte, mit Chromstäben verzierte Lüftungsschlitze auf beiden Seiten unterhalb der Motorhaube sowie eine vom vorderen bis zum hinteren Radausschnitt durchgehende Chromleiste. Auf den leistungsstärkeren Motor weist der Chromschriftzug „EINSPRITZMOTOR“ hin, der am Kofferraumdeckel unterhalb des Griffs angebracht ist.

Trotz technischer und optischer Verbesserungen werden vom Typ 300 Sc Cabriolet insgesamt nur 49 Stück produziert. Ab 1957 lässt das Interesse an ihm und auch den Schwestermodellen stark nach, so dass die Produktion des Typ 300 Sc Roadster ausläuft. Die Ursache für diese Entwicklung ist sicherlich zu einem gewissen Teil im Erscheinen des Mercedes-Benz 300 SL Roadster zu finden, der wohl für viele potenzielle Kaufinteressenten das attraktivere Angebot darstellt, ist er doch trotz zeitgemäßerem Design und gesteigerten Fahrleistungen immerhin 4000 € preisgünstiger.

Von Karlsruhe nach New Jersey

Bei dem hiergezeigten Fahrzueg handelt es sich um Chassis Nr. 6500077, ausgeliefert am 27. April 1956 an den Mercedes-Benz Händler Schoemperlen & Gast in Karlsruhe. Der erste Besitzer war Besitzer eine Brauerei, wurde aber alsbald von einem Auto-Händler aus New Jersey abgekauft, der das Mercedes Cabriolet an David Siegrist, Präsident der Montclair Studebaker-Packard Inc. aus Montclair, New Jersey (USA) verkaufte. Im Jahr 1960 verkaufte er den Wagen anBen Halsell aus Green Farms, Connecticut, der den Mercedes schließlich bis Juli 1978 besaß.

In diesem Sommer ging das Cabriolet an den Mercedes-Fan und -Spezialisten Alex Dearborn. Bei der Übergabe erklärte Halsel, dass das Kofferset, das zu dem Wagen gehörte ungenutzt war und er 39.000 der 77.000 Kilometer auf dem Zähler in den letzten 18 Jahren gefahren ist.

Mr. Dearborn hielt den heutigen Mercedes Klassiker für vier Jahre und veräußerte ihn an Michael Hall aus Newport Beach, Kalifornien, der damals komplett im Originalzustand befindlichen Mercedes zu dem Marken-Spezialisten Charles Brahms, einer der führenden 300Sc Experten zu dieser Zeit. Brahms unternahm eine komplette Restauration an dem Cabriolet und sparte dabei keineswegs, was sich in einer makellosen Optik widerspiegelt. In den nächsten Jahren wanderte das 300Sc Cabriolet durch viele Hände, bis es in den späten 1990er Jahren zum aktuellen Besitzer kam.

Restauration Nr.2

Dieser ließ den Mercedes beim Specialisten Hjeltness Restoration aus Escondido, Kalifornien erneut restaurieren. Nach einer ordentlichen Inspektion und Bestandsaufnahme wurden alle unschönen Teile verbessert oder ausgetauscht. So erhielt der 30Sc einen neuen Teppich und das Holz am Armaturenbrett wurde überarbeitet. Auch das Leder dort wurde gegen neues ersetzt und das originale Radio wurde von dem Spezialisten Charles Siegfried überholt. Währenddessen besorgten die Kalifornier die passenden "Bumper Guards" für die verchromten Stoßstangen.

Neben den kosmetischen Arbeiten wurden die notwendigen Reparaturen nicht vergessen: Eine Überholung der Wasserpumpe stand dabei genauso auf dem Programm wie ein Bremsen-Service inkl. Hauptbremszylinder, die Restaurierung der Anzeigen für Temperatur und Bordspannung sowie der Austausch einiger Dichtungen und Kabeln.

Mercedes Oldtimer mit 990.000 US-Dollar Wert

Seitdem die Restauration von Hjeltness fertiggestellt ist, erhielt der Mercedes-Klassiker regelmäßigen Service. Das dunkel-blau lackierte Cabriolets ist mit der glatten Karosserie und dem gläzenden Chrom in einem exzellenten Zustand. Auch das blaue Verdeck und die graue Lederpolsterung zeigen nur leichten Abnutzungserscheinungen. Das beindruckendste ist sicher aber das originale Kofferset in ausgezeichnetem Zustand. Damit ist dieses 1956er Mercedes-Benz 300Sc Cabriolet sicherlich eines des besondersten Nachkriegsmodelle mit Stern. Auf der RM Auction in Arizona wurde der seltene Mercedes-Oldtimer für 990.000 US-Dollar versteigert.



Text: Thomas Frankenstein

Fotos: Jeff Creech, RM Auctions

Mercedes-Fans Facts

1956 Mercedes-Benz 300Sc Cabriolet (W188 II)



Antrieb: Reihensechszylinder, OHC, 2.996 ccm, 175 PS bei 5.400 U/min, Direkteinspritzung, mechanisch geregelt;Bosch 6-Stempel-Einspritzpumpe, 4-Gang-Schaltgetriebe, Hinterradantrieb

Fahrwerk: Vorne: Doppel-Querlenker, Schraubenfedern, Drehstab-Stabilisator, hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer, Bremstrommeln; Hinten: Eingelenk-Pendelachse, Schraubenfedern, Drehstab-Stabilisator, hydraulische Teleskop-Stoßdämpfer, Bremstrommeln

Räder: 5 K x 15“-Stahlblech-Scheibenräder mit 6,70-15 extra (6 PR)

Sonstiges: W 188 II, Produktionsbeginn Vorserie / Hauptserie 01.1956, Produktionsende 07.1957, Preis: 09.1955: DM 36.500,00 , versteigert für 990.000 $ unter Los 144 bei der RM Auction Arizona

19 Bilder Fotostrecke | 1956 Mercedes-Benz 300Sc Cabriolet: RM Auctions Arizona #01 #02