Mercedes hat sich für das neue Jahr viel vorgenommen. Zu sehr ärgert die Schwaben, dass BMW in 2022 erneut die volumenstärkste Premiummarke war. Das Produktportfolio wird im Rahmen der neuen Luxusstrategie gestrafft, nach Tesla-Vorbild kommt ein eigenes Ladenetz mit Stern und dann verabschiedet man sich schrittweise von dem EQ-Label.
Ist die neue E-Klasse der letzte Verbrenner?
Ola Källenius blickt mit seinem Vorstandsteam auf ein erfolgreiches Jahr 2022 zurück und doch wurmt es die Führungsriege, dass sich BMW erneut die weltweite Premium-Krone aufsetzen konnte. In den knapp über zwei Millionen verkauften Neufahrzeugen sind knapp 118.000 Elektromodelle enthalten – zwar doppelt so viele wie im Jahr zuvor, doch deutlich zu wenig, um den eigenen Vorgaben gerecht zu werden. „Wir haben 2022 gemeinsam viel bewegt. Unser Mercedes-Benz Team hat in einem herausfordernden Umfeld einen weiteren großen Schritt für die erfolgreiche Transformation unseres Unternehmens gemacht“, unterstreicht Mercedes-Personalvorständin Sabine Kohleisen. Für 2023 sind die Erwartungen höher denn je, denn die Versorgung mit Halbleitern sowie Komponenten soll sich bessern und endlich sind auch die elektrischen Hoffnungsträger EQS / EQS SUV und EQE / EQE SUV auf den Märkten platziert. Mit Ungewissheit schaut man dagegen auf die neue Mercedes E-Klasse, die Mitte des Jahres ihre Premiere feiert und das letzte neue Modell ist, das als Verbrenner entwickelt wurde.
Tesla wird zum Vorbild
Mit der Studie des elektrischen Mercedes EQXX gab es einen seriennahen Ausblick auf die Technik der kommenden Einstiegsmodelle rund um den elektrischen CLA, die ab 2024 / 2025 mit 800-Volt-Ladetechnik und maximaler Effizienz für Stückzahlen sorgen sollen. Erst einmal gibt es 2023 jedoch eine dünne Modellpflege für die Modelle der Frontantriebsplattform. Gleichzeitig wird das Portfolio in den kommenden Jahren gestrafft, denn es geht darum, Varianten zu reduzieren und das Modellportfolio in Sinne der proklamierten Luxusstrategie durchzukämmen. Die Zukunft steht bei Mercedes längst voll auf Elektromobilität. Hier will sich der Autobauer aus Stuttgart jedoch nicht nur auf andere Anbieter verlassen, sondern ein neues Geschäftsfeld etablieren. Etwas überraschend bauen die Stuttgarter hierzu bereits ab diesem Jahr nach Vorbild der Tesla Supercharger ein eigenes Ladenetz auf und geben dies gleich zum Start auch für Fremdmarken frei.
Mercedes verfolgt die "Electric Only"-Strategie
Da der Marktdruck in den Vereinigten Staaten derzeit besonders groß ist und es abseits der Küstenregionen mit der Infrastruktur hapert, soll es genau hier losgehen, um gerade den neuen Elektromodellen EQE / EQS im harten Wettbewerbsumfeld aus den USA und Asien Rückenwind zu verschaffen. Doch bei zahlreichen neuen Ladestationen zwischen Seattle und Key West soll es nicht bleiben, denn auch auf den anderen beiden Großmärkten in Europa und China will Mercedes neben seinen Beteiligungen an anderen Lademöglichkeiten ebenfalls eigene Parks errichten, wo unter dem Stern nachgetankt werden kann. Bis zum Jahre 2027 soll das Netz in einem ersten Schritt mit mehr als 400 Ladeparks und über 2.500 Hyperchargern den nordamerikanischen Kontinent abdecken. Der Fokus liegt dabei – ähnlich wie seinerzeit beim Aufbau der Tesla-Supercharger – in wichtigen Städten, Ballungszentren in der Nähe von Autobahnen und an wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Bis zum Jahre 2030 will Mercedes sein Schnellladenetz schrittweise auf mehr als 10.000 High-Power-Charger ausweiten.
Die Ladesäulen sollen vorab reservierbar sein
„Wir bei Mercedes-Benz setzen uns dafür ein, das Laden von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen einfacher und komfortabler zu gestalten“, sagt Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer, „in Nordamerika können wir zusammen mit unseren Partnern MN8 Energy und Charge Point – zwei der führenden Unternehmen in ihren jeweiligen Bereichen – den Weg in die vollelektrische Zukunft beschleunigen, die eine der wichtigsten Säulen unserer ganzheitlichen, nachhaltigen Unternehmensstrategie ist.“ Je nach den lokalen Gegebenheiten und der umgebenden Infrastruktur sollen die einzelnen Mercedes-Ladestationen vier bis zwölf Hypercharger mit Ladetempi von bis zu 350 Kilowatt anbieten. In besonders wichtigen Ballungszentren soll es nach Tesla-Vorbild sogar Sternentankstellen bis zu 30 High-Power-Chargern geben. Auch wenn an den Stationen Kunden aller Fahrzeugmarken nachladen können, haben die Mercedes-Kunden den Vorteil, nach Carsharing-Vorbild die Ladesäulen für sich reservieren zu können.
EQ fliegt raus - BMW als Vorbild?
Das Ladenetz ist nicht die einzige Großaufgabe der kommenden Jahre. Weil die Elektromodelle das neue Standardprogramm mit Stern werden, hat die ohnehin kaum etablierte EQ-Nomenklatur, mit dem Mercedes EQC 2016 / 2017 eingeführt, ausgedient. Anzunehmen, dass spätestens mit Einführung der neuen Kompaktmodelle wie dem Mercedes CLA sukzessive wieder auf die bekannten Namen umgestellt wird. Das ist schon deshalb unumgänglich, weil gerade bei den ertrag- und imageträchtigen Modellen der S-Klasse oder G-Klasse die Modellbezeichnung eher Submarke als normaler Name ist. So dürfte der vermeintliche Mercedes EQG, der 2024 seine Premiere feiern soll, unter Umständen bereits einen EQ-Buchstabenverfall erleiden. Die meisten Fans dürfte das freuen. Mercedes EQE und EQS gliedern sich dann vielleicht nach BMW-Vorbild der i-Modelle einfach mit einem kleinen „e“ auf dem Heckdeckel in die Produktfamilien der E- und S-Klasse ein.
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