Teil 4
Die geplante Nummernschildmontage sollte ja nun im kleineren Kreise stattfinden, aber auch das ließ sich nicht ohne Gang zum Straßenverkehrsamt erledigen.
Am Vorabend der geplanten Zulassung schrieb ich noch Steffi, (Anm.: Name geändert) die ich privat seit meiner Jugend kannte und die beim zuständigen Bürgeramt arbeitete, eine WhatsApp Nachricht.
„...habt Ihr morgen auf und kann ich direkt durchkommen? Habe keinen Bock, mir im Wartezimmer irgendwas einzufangen!"
Corona legt das Bürgeramt lahm
„ Ja klar, hier läuft alles normal weiter – komm vorbei! (Daumen-hoch-Emoji)"
Die Unterlagen inkl. TÜV und sogar die zeitgenössische Nummernschildunterlagen von DCOS (DaimlerChrysler Overseas) aus meinen frühen Jahren beim Daimler in Stuttgart hatte ich auf dem Tisch liegen und noch nicht einmal Corona konnte die Zulassung vom Zombie jetzt noch verhindern. Ich sah es schon kommen: Ich war dazu verdammt, ihn bis ans Ende aller Tage fahren zu müssen! Morgens hatte ich allerdings eine neue Nachricht von Steffi auf dem Handy:
„...wir haben ab heute Corona-Notbestzung! Ohne Termin darfst Du nicht ins Bürgeramt. Ruf doch am besten mal die Zentrale an."
Selbst ist der Mann: Ab zum Straßenverkehrsamt
Genau das habe ich dann auch gemacht. Drei Stunden lang, um genau zu sein, um immer wieder aus der Warteschleife zu fliegen. Dann fing das Band wieder von vorne an „ Herzlich Willkommen... blabla... Stadt Mülheim an der Ruhr...blabla...derzeit hohes Anruferaufkommen....blabla...drücken sie die 1...usw. Danach kam gelegentlich auch zur Abwechslung ein schlichtes „tutututut"! Inzwischen habe ich gelernt, dass es nichts bringt, in solchen Situationen das Handy an die Wand zu werfen.
Also Jacke an, Papiere geschnappt und ab zum Bürgeramt. Geht der Berg nicht ans Telefon, muss der Prophet zum Berg – oder so ähnlich. Wäre ja gelacht.
Kaum am Bürgeramt angekommen, plauderte ich kurz mit einem freundlichen Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der gerade bündelweise Knöllchen an Windschutzscheiben klemmte. ...wenn die keine anderen Sorgen haben, als hier noch Ticktes zu verteilen, kann es ja nicht so dramatisch sein!
Am Haupteingang des Bürgeramtes standen ein paar ratlos dreinblickende Leute mit Unterlagen und Kennzeichen unter den Arm geklemmt, die nacheinander das in bester Grundschulmanier gestaltete Flipchart an der Eingangstür lasen - um dann noch ratloser aus der Wäsche zu gucken. So auch ich, aber wenigsten wußte ich jetzt, dass das Fotogeschäft gegenüber geöffnet hatte...
Mission possible: Der S210 ist zugelassen!
Um an der Stelle etwas abzukürzen: Irgendwann war die Leitung doch frei und dank eines netten und hilfsbereiten Mitarbeiters beim Bürgeramt klappte die Zulassung noch am gleichen Tag. Ich denke, ich war einer der letzten, der in der Woche sein Auto überhaupt noch zugelassen bekommen hat, obwohl das Ganze ungefähr so lief, wie die Benzinausgabe in einem Mad Max Film.
Einen Tag später holte ich den Kombi dann endlich bei Nikita (www.diamond-shine.de) ab, der gerade noch letzte Handgriffe erledigte, als ich kam.
Was war ich begeistert, als ich das aquamarinblaue Vieraugengesicht sah! Neben den technischen Macken, wie Keilrippenriemen, Bremsbelägen, Reifen rundum, Ölkühlerdichtung, ein paar Glühbirnen und einem Traggelenk sollte eigentlich nur eine kleine, optische Auffrischung erfolgen.
Ein 850€-Benz, der aussieht wie neu!
Was Nikita da gezaubert hatte, sprengte aber den Rahmen meiner Erwartungen. Das Auto war blitzsauber und glänzte, wie eine Speckschwarte. Das Lenkrad mit tiefen Furchen, das man vorher nur sehr ungern ohne Handschuhe anfassen wollte, war wieder glatt und tiefschwarz. Die Ledersitze wirkten, wie nach 50.000km. Ein schmieriger Hinterhofhändler wäre jetzt versucht, den Tacho auf 80.000km zurückdrehen – kein Mensch würde das auf den ersten Blick schnallen. Sogar der vorher wahrnehmbare Geruch nach Hund war Dank Ozonbehandlung verschwunden.
Apropos Hund: Wenn ich eines hasse, dann ist das, wenn jemand seine Vorliebe für Hunde, Hobbies, politische Standpunkte oder ausgefallene Kindernamen möglichst großflächig am Heck anbringt. Da macht es keinen Unterschied, ob „Celine und Jason on Tour" sind, oder man stolz darauf aufmerksam macht, welches stinkende Vieh einem gerade die Heckscheibe nass hechelt.
Mit aller Macht: Das muss weg!
Irgendeiner der zahlreichen Vorbesitzer muss jedenfalls eine Vorliebe für australischen Hütehunde gehabt haben, wofür er sich einen Aufkleber aus vergüteten Titanplatten CNC-fräsen ließ und mit dem Testsieger aller Industriekleber auf die Hecklappe pappte.
Ich gönnte mir hier allerdings eine kleine Abweichung von meiner Regel: Aus Dankbarkeit und weil ich seit fast 25 Jahren Mitglied bin, klebte ich dem Zombie das Logo der gelben Engel in die Frontscheibe.
Kabelbrand? So baut der Profi ein Radio ein
Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, auch selbst Hand anzulegen, weshalb ich den Aufkleber mit einer Rasierklinge (!) entfernte und als nächstes Projekt schon im Vorfeld ein „Blaupunkt Brisbane" mit Bluetooth-Schnittstelle und externem Mikro bestellt hatte. Eigentlich sollte Teil 4 den Titel tragen „Kabelbrand: So baut der Profi ein Radio ein" und ich freute mich schon auf den Slapstick-Text, den ich darüber schreiben dürfte.
Alles easy und entspannt
Aber nichts dergleichen passierte: Das Mikrofonkabel war nach 5 Minuten mit dem alten Plastik-Kindermesser meines Sohnes im Spalt zwischen Holzverkleidung und Mittelkonsole versenkt. Beide Stecker am Auto waren korrekt verkabelt und passten zu den Aufnahmen am Radio. Plug & Play nach 15 Minuten erledigt, Handy gekoppelt und die bessere Hälfte zum Testen angerufen.
Sie konnte mich hören, auf Anhieb erkennen - und ich Sie umgekehrt auch. Ich dachte über ein Elektrotechnikstudium auf dem zweiten Bildungsweg nach; vielleicht sollte ich das sogar überspringen und direkt dozieren.
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